Italienische Novellen, Band 2
ehrenvoll befriedigt erachtet hätte. Das Gemach selbst war ganz durchduftet von den lieblichsten Gerüchen. Ein Feuer brannte im Zimmer, und auf einem Tischchen stand ein silberner Leuchter mit einer brennenden Kerze aus dem weißesten Wachse. Daneben lag ein seidenes Tuch, mit bunten Farben durchwebt und meisterhaft mit Gold und Seide nach alexandrinischer Weise gestickt; darauf fanden sich in schönster Ordnung Kämme von Elfenbein und Ebenholz, um Bart und Haupt zu kämmen, nebst den schönsten Netzen und Tüchern, um sie beim Kämmen auf die Schultern zu legen und die Hände abzutrocknen. Was soll ich aber von dem Schmuck des Zimmers rings an den Wänden sagen? Statt der Tapeten waren daran Behänge von überreichen Goldteppichen und in jedem derselben die Wappen des verstorbenen Gemahls und seiner Witwe. Damit aber der Liebhaber nicht etwa sie daraus erkenne, hatte die kluge Frau durch andere anmutige und kostbare Stickereien diese kunstreich verdeckt, und das Ganze paßte so gut, daß daran nichts auszusetzen war. Ferner war ihm in den feinsten Majolikagefäßen ein feiner, köstlicher Imbiß bereitet, der in dem besten süßen Backwerk und duftenden herrlichen Weinen von Montebriantino bestand.
Sobald er im Zimmer war, nahm ihm der Hausvogt die Kapuze vom Kopfe und sagte zu ihm: »Mein Herr, Euch ist wohl kalt: wärmt Euch nach Belieben!«
Dann bot er ihm den Imbiß an.
Der Jüngling dankte ihm; zu essen und zu trinken begehrte er nicht, stellte sich dagegen ans Feuer und betrachtete die äußerst reiche Ausstattung des Zimmers. Er war vom höchsten Erstaunen erfüllt, ja fast außer sich, als er im einzelnen den edeln königlichen Schmuck betrachtete, und schloß daraus, die Besitzerin dieses Gemachs müsse eine der vornehmsten Edelfrauen von Mailand sein. Sobald er sich gewärmt hatte, wärmte der vorsichtige Hausvogt mit einer silbernen Wärmflasche das Bett aufs beste durch und half dem Jüngling sogleich, sich zu entkleiden und zu Bette zu legen. Kaum befand er sich daselbst, als die Witwe eintrat mit einer Maske über dem Gesichte. Sie trug ein Jäckchen von schwarzbraunem Damast, das überall mit kleinen Schnüren von feinem Gold und karmesinroter Seide verbrämt war, und darunter hatte sie einen Rock von Goldstoff, der ganz mit der schönsten Arbeit gestickt war. Bei ihr war ihre Amme, gleichfalls maskiert; diese half ihrer Gebieterin sich entkleiden. So betrachtete der glückliche Jüngling mit unverwandten gierigen Blicken die Gestalt der schlanken und wohlgebildeten Frau mit vollem Ebenmaß ihrer Glieder, blendend weißem, sittsam gehobenem Busen und zwei runden, nicht im mindesten herabhängenden Brüsten, die von wahrer Künstlerhand geformt schienen. Ihr schönes, zartes Fleisch war von natürlicher Farbe gerötet.
Sobald sie entkleidet war, legte sie sich neben den Jüngling, ohne ihn indes zu berühren, und behielt fortwährend die Maske auf dem Gesichte. Der Hausvogt und die Amme verhüllten nun das Feuer so, daß es durchaus keine Helle verbreiten konnte, so geschickt war es angebracht und versteckt. Ebenso löschten sie darauf die Kerze und begaben sich hinweg, die Tür der Kammer hinter sich verschließend. Die Witwe nahm sich nun die Maske vom Gesichte, steckte sie hinter das Kopfende und sprach freundlich zu dem Jüngling also: »Mein Herr, gebt mir Eure Hand!«
Der Jüngling tat dies voll Ehrerbietung, und als er die Feinheit und Zartheit ihrer allerliebsten Hand fühlte, rollte ihm das Blut rüstiger durch die Adern, und er harrte begierig, was sie zu ihm sagen werde.
»Mein Herr«, fuhr sie nun fort, »den ich mehr liebe als meine Augäpfel, ich denke mir, daß Ihr sehr verwundert seid über die Art, wie ich Euch hierhergeführt habe. Diese Verwunderung muß jedoch aufhören, da, wie ich weiß, mein Abgesandter Euch den Grund entdeckt hat. Dennoch wiederhole ich Euch, daß, solange ich nicht fest überzeugt bin von Eurer Standhaftigkeit, Verschwiegenheit und Heimlichkeit, Ihr nie erfahren werdet, wer ich bin. Ihr müßt Euch daher dazu verstehen, nie ein Wort ausgehen zu lassen über die Art Eures Hierherkommens; denn auf das kleinste Wörtchen, das Ihr darüber ausplaudertet, und das mir wieder zu Ohren käme, würde Euch die Rückkehr zu mir für immer abgeschnitten sein. Das zweite, was ich von Euch begehre, ist, daß Ihr nicht zu erfahren strebt, wer ich bin. Wenn Ihr das haltet, so bin ich immer die Eure und werde nie einen Mann auf der Welt lieben außer Euch.«
Der
Weitere Kostenlose Bücher