Italienische Novellen, Band 2
nicht zu einem Ziele gelangt war, so hatte sie doch seine lange Dienstbarkeit und echte Neigung sowie seine seltene Bescheidenheit aus vielen Zeichen deutlich erkannt und liebte ihn darum von Herzen; so war sie denn auch über sein Weggehen schmerzlich betrübt, und die Trennung kostete sie häufig Tränen. Es war ihnen noch nicht gelungen, bequem miteinander von ihrer Liebe zu reden; doch hatten sie sich durch Vermittelung ihres Wagenlenkers mehrmals geschrieben: der Kutscher war einige Zeit auch im Dienste von Cornelios Mutter gestanden und war diesem um so bereitwilliger gefällig. So hätten also, sobald sich Gelegenheit geboten hätte, die Liebenden ihre Wünsche erfüllt.
Cornelio lebte nun in Mantua, und zwar, wie gesagt, nicht wie ein Verbannter, sondern in den besten Verhältnissen und angesehen; daher denn eine edle Mantuanerin sich in ihn ernstlich verliebte. Sie ließ ihm ihre Neigung offenbaren; er aber seufzte tief und antwortete der Botin, die mit ihm im Auftrage der Edelfrau sprach, auf folgende Weise: »Gute Frau, Ihr mögt der Dame, die Euch sendet, sagen, daß ich ihr immer dankbar und verpflichtet sein werde für diesen freundlichen und liebevollen Antrag, den sie mir macht, und woraus ich erkenne, daß ich ohne all mein Verdienst von ihr geliebt werde; ich bedauere aber unendlich, ihre Neigung nicht erwidern zu können, da ich nicht in meiner Freiheit bin und hierin nicht nach meinem Wunsche verfügen kann; denn ich bin bereits durch mein Wort so an eine andere gebunden, daß ich mich nicht loszumachen wüßte. Sicherlich, wenn ich mir gehörte, wie ich einer andern gehöre, würde ich mich ohne Bedenken ihr zu eigen geben; denn ihre Schönheit, ihr anmutiges Wesen und ihr feines Betragen scheint mir würdig, nicht nur von meinesgleichen, sondern von noch viel Größeren geehrt und angebetet zu werden. Dennoch werde ich, was ich mit Gut und Blut in ihrem Dienste tun kann, vorausgesetzt daß meine Treue gegen die, für die ich lebe und sterbe, nicht verletzt werde, immer gerne ausführen.«
Die Botin kehrte mit dieser Antwort zurück und meldete der Dame alles pünktlich. Wie hart und bitter es dieser fiel, verschmäht zu werden, mögt ihr euch vorstellen, liebenswürdige Frauen, wenn ihr euch in ihre Kleider steckt. Sie war sechs- bis siebenundzwanzig Jahre alt, von den ersten Edelleuten Mantuas umworben und hatte, wie ich später mit Gewißheit erfuhr, nie einen geliebt, während sie unserem Cornelio mit leidenschaftlicher Neigung zugetan war.
Ich will nun mitteilen, was ich damals zu Cornelio sagte; denn ich war zu jener Zeit eben von Trento zurückgekommen, und er erzählte mir diese Geschichte.
»Mein Cornelio«, sagte ich, »verzeiht, wenn ich allzu offen mit Euch rede; aber die brüderliche Freundschaft, die zwischen uns besteht, gibt mir den Mut, Euch dies und noch Bedeutenderes zu sagen, sooft sich mir Gelegenheit dazu bietet. Ihr sagt mir, daß Ihr in Mailand heftig eine hohe Minne verfolget: ich glaube es Euch; denn ich weiß, wie hold und zärtlich und zur Liebe geneigt unsere Edelfrauen sind. Aber ich bitte Euch, glaubt Ihr, daß die, die Ihr liebt, ein Vorrecht vor andern besitze, und daß in dieser Zeit, wo wir fern von der Heimat sind, wenn ihr jemand unter die Hand kommt, der ihr gefällt, sie nicht verstanden habe, die Freude sich anzueignen, die ihr das Glück vor die Füße gelegt hat? Seid versichert, es gibt kein Weib auf der Welt, das, wenn es Gelegenheit hat, mit einem, der ihr gefällt, die Freuden der Liebe zu genießen, es zu tun versäumte, wofern nur die Sache heimlich abgemacht werden kann. Ich habe, wie Ihr wißt, in Mailand viele Basen, da unsere Familie Bossa alt und zahlreich ist, und glaube auch, daß meine Schwestern und andere Verwandte von Fleisch und Bein sind, wie die übrigen, mit denen ich zu schaffen gehabt habe; denn da ich so alt bin wie Ihr, habe ich schon bei vielen Erfahrungen gemacht. Weiber, lieber Bruder, sind Weiber und benehmen sich in allem wie Weiber. Ihr pickt mir da den ganzen Tag an Eurer Sehnsucht herum wie Vögel an einer kahlen Wand und nehmt keinerlei Genuß an, und dabei meint Ihr, Eure Geliebte mache es ebenso; aber darin täuscht Ihr Euch meines Bedünkens gröblich. Gesetzt aber auch, sie liebt Euch, sie ist Euch treu und macht es wie Ihr (ich glaube indes nicht, daß sie so albern ist, sich so die Hände zu binden), – was für einen Schaden, welche Schmach und Verachtung würdet Ihr ihr denn zufügen, wenn Ihr hier mit einer
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