Italienische Novellen, Band 2
von Euch abgewiesen würde, oder daß Ihr die grausamste und sprödeste Frau wäret, die es auf der Welt gibt. Da nun aber keines von beiden der Fall ist, so laßt Euch lieber von mir als erbarmungsvoll loben, denn als grausam tadeln. Und warum glaubt Ihr, daß die Frauen so manche Widerwärtigkeiten treffen, wie die Entfremdung ihrer Männer ohne Grund, die schlechte Aufführung der Söhne, die Anfeindung in der Nachbarschaft und anderes Unangenehme, als weil sie undankbar sind gegen ihre Liebhaber?« Durch diese Worte ward Isabellas Gemüt etwas besänftigt, und sie leistete nicht mehr so entschiedenen Widerstand wie bisher.
»Bei meinem Mann«, sagte sie, trifft mit Recht das Sprichwort ein, welches besagt: Wer zu schnell glaubt, wird oft betrogen.«
Nächstdem sprachen sie noch vieles andere, was ich, weil sie es gar leise sagten, nicht verstanden habe, wiewohl ich aufmerksam an der Kammertüre lauschte, wie bisher. So viel weiß ich aber, daß Giulio die Kammer und das Haus in derselben Kleidung verließ, in der er gekommen war, aber viel heiterer als beim Eintritt. Auch Isabella schaute von nun an recht keck darein, und sie richteten es so ein, daß sie Bonda nicht mehr nötig hatten. Als Aurelio des Abends zum Essen heimkehrte, fragte er nach der Frau, die er zu Hause zurückgelassen hatte. Isabella antwortete, ihre Magd habe sie in das Kloster geführt, und sie habe sich sehr über ihr Weggehen betrübt; denn sie hätten den ganzen Tag in so lebhaftem und anmutigem Gespräche miteinander zugebracht, daß sie wohl nie in ihrem Leben jemand gefunden habe, der ihr so wohl gefallen hätte; jene sei so klug und rede so verständig, als wäre sie ein Mann; hätte sie nicht gefürchtet, allzu begehrlich zu erscheinen, so hätte sie sie eingeladen, bei ihr zu essen und zu schlafen. Aurelio lobte sehr ihre gegen die junge Frau geübte Höflichkeit und war vergnügt, diesen Abend in die Familie der Hörnerträger einzutreten.
Die Frau hatte den Unterschied zwischen den Umarmungen des Liebhabers und denen des Gatten verschmeckt und lebte lange Zeit mit ihm in Wonne und Freuden, wie sie jedem treuen Liebenden zuteil werden mögen, andern aber nicht, weil diese es nicht verdienen.
Agnolo Firenzuola
1493 bis nach 1546
Niccolos Fährlichkeiten
Es waren schon vor langer Zeit in euern Gegenden zwei Bürger von vornehmer Abkunft und in sehr wohlhabenden Glücksumständen, die aber nicht zufrieden mit den mannhaften Taten ihrer Vorfahren und nicht der Meinung waren, anderer Handlungen seien eine echte Zier für sie, somit sich durch ihre eigenen Ruhm und Achtung erwarben, so daß sie dem Adel mehr Glanz verliehen, als er ihnen. Durch Studien, ritterliches Treiben und tausend andere anständige Übungen hatten sie sich in Florenz einen solchen Namen erworben, daß einer den andern in ihrem Preise überbot. Unter ihren löblichen Eigenschaften zeichnete sich besonders aus eine gewisse Liebe, eine Herzensbrüderschaft, vermöge deren, wo der eine war, auch der andere war, was der eine wollte, auch der andere wollte.
So lebten die beiden Männer ein untadelhaftes ruhiges Leben; das Glück aber schien auf sie neidisch zu werden.
Niccolo degli Albizi, einer der Freunde, erhielt die Nachricht von dem Tode eines Bruders seiner Mutter. Dieser war in Valencia ein sehr reicher Handelsherr, und da er keinen Sohn noch sonst einen näheren Verwandten hatte, setzte er ihn zu seinem Gesamterben ein. Niccolo wollte seine Angelegenheiten mit eigenen Augen untersuchen und entschloß sich daher, nach Spanien zu gehen. In dieser Absicht forderte er Coppo, seinen Freund, auf, ihn zu begleiten, und dieser war es vollkommen zufrieden. Schon hatten sie das Wie und Wann verabredet, als ihr Unstern wollte, oder vielleicht ihr Glück, daß grade in dem Augenblick, wo sie abreisen wollten, Coppos Vater Giovambatista Canigiani so heftig erkrankte, daß er in wenigen Tagen verschied; wenn also Niccolo gehen wollte, so mußte er allein gehen; und doch ließ er seinen Freund ungern zurück, zumal aus solchem Anlaß. Von den Umständen gedrängt, schlug er den Weg nach Genua ein, bestieg daselbst ein genuesisches Schiff und ging unter Segel. Die Fahrt war aber keineswegs glücklich; denn noch waren sie nicht hundert Meilen vom Lande weg, als gegen Sonnenuntergang die See sich mit einem weißen Schaum bedeckte, sich aufzuschwellen begann und tausend andere Zeichen einen Sturm drohten. Der Schiffspatron bemerkte dies gleich und wollte Anstalt treffen,
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