Italienische Novellen, Band 2
das geringe, schwache Weib, das sein Feuerstrahl plötzlich zermalmen kann, sei imstande, dem auszuweichen, was tausend weise Männer nicht vermeiden konnten! Darum soll mein Wille jede weitere Überlegung besiegen, und die schwachen Kräfte eines zarten jungen Weibes sollen nicht mit denen eines so mächtigen Herrschers in Zwiespalt geraten.«
Nachdem die verliebte Frau mehrfach mit diesen und ähnlichen Überlegungen sich selbst bekämpft hatte, gab sie endlich dem Teile den Sieg, zu dem sie nicht eben widerwillig die Liebe drängte. Sobald sie die Gelegenheit gekommen glaubte, zog sie Niccolo beiseite, erzählte ihm ihr Anliegen und bat ihn um seine Liebe. Anfangs war Niccolo über solche Reden bedenklich, und es fuhr ihm gar mancherlei durch den Kopf. So fürchtete er, sie möchte es tun, um ihn auf die Probe zu stellen, und fast wollte er ihr eine ungünstige Antwort erteilen. Als er sich aber wieder an so manches Zärtliche erinnerte, was sie ihm manchmal getan hatte, und daß er sie für weit verständiger kannte, als andere Frauen dieser Länder zu sein pflegen, als er sich der Geschichte des Grafen von Antwerpen mit der Königin von Frankreich erinnerte und tausend ähnlicher Dinge, da urteilte er, es sei doch angemessen, ihrem Willen entgegenzukommen und zu sagen, er sei bereit, jeden Wunsch von ihr zu erfüllen. Und so tat er. Bei alledem, sei es, daß er sich ein wenig hochhalten wollte, oder um doch eine kleine Probe anzustellen, oder wie es ging, kurz, ehe es zu einem Ziele kam, hielt er sie ein paar Tage hin. Da aber sie, der es um mehr als um Worte zu tun war, ihn fortwährend drängte, merkte er deutlich, daß er bereits der Herr war; und wahrscheinlich um seine Absicht für künftige Fälle zu bemänteln, gedachte er zu versuchen, sie zur Christin zu machen, ehe er sie befriedige. Mit schönen und wohlgesetzten Worten verkündete er ihr daher, er sei bereit, ihr Begehren zu erfüllen; aber er bitte sie dringend, ihm zu versprechen, daß sie einen einzigen, leicht zu bewerkstelligenden Wunsch ihm gewähre. Die Frau, die es kaum erwarten konnte, ihre Angelegenheit zum Ziele zu führen, dachte nicht lange nach, was er begehren möchte. Hingerissen von ihrer Begierde, gab sie ihm ihr Wort und leistete ihm tausend Eide, alles zu tun, was er von ihr verlange. Deshalb setzte er ihr denn gar anmutig seine Gesinnung auseinander. Der Frau schien anfänglich die auferlegte Bedingung hart, und wäre sie nicht, wie sie auch mehrmals sagte, gezwungen gewesen, fremdem Willen zu folgen, so zweifle ich nicht, daß sie nicht Verrücktheiten gemacht hätte. Aber Amor, der manchmal auch Wunder tut, wußte sie so gut zu überreden, daß sie nach unzähligen Windungen und Krümmungen ihrer Gedanken sagen mußte: »Mach mit mir, was dir gefällt!«
Kurz, am nämlichen Tage noch wurde sie getauft, am nämlichen Tage verlobten sie sich und vollzogen am nämlichen Tage die Ehe; und so süß schienen ihr die Mysterien dieses neuen Glaubens, daß sie, wie einst Alibec, sich bald den ganzen Tag Vorwürfe machte, daß sie so lange gezögert habe, ihn zu versuchen; und sie fand so große Lust daran, recht tief und gründlich darin unterrichtet zu werden, daß es ihr nie wohl war, als wenn sie diese neue Lehre lernte. So lehrte denn Niccolo, und sie lernte, und ohne daß es jemand merkte, setzten sie diese angenehme Schule fort.
Coppo, Niccolos Freund, hatte indessen seinen Unfall vernommen und war mit dem festen Entschluß, ihn loszukaufen, und mit einer großen Summe Geldes nach der Berberei abgereist. Gerade in diesen Tagen kam er in Tunis an. Kaum war er ausgestiegen, so begegnete er Niccolo, der eben mit seiner Gebieterin irgendwoher kam. Mit Mühe erkannten sie sich wieder und umarmten und küßten sich tausendmal. Als aber Niccolo die Ursache seines Kommens vernommen hatte, drückte er ihm zwar hierfür den gebührenden Dank aus; doch bat er ihn, mit niemand ein Wort über seine Loskaufung zu reden, bis er wieder mit ihm gesprochen habe; bei besserer Muße wolle er ihm schon den Grund sagen. Er sagte ihm sodann, wo sie sich am folgenden Tage treffen könnten, und verabschiedete sich nun von ihm ohne weitere Auskunft. Die Frau wollte sogleich wissen, wer dies sei und was sie miteinander gesprochen hätten; denn sie war so eifersüchtig, daß sie selbst von den Vögeln in der Luft befürchtete, sie möchten ihr ihren Geliebten entführen. Er war aber keineswegs um Worte verlegen, und mit ein paar Flausen stellte er sie
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