Italienische Novellen, Band 2
bald völlig zufrieden.
Niccolo hatte, wie sich denken läßt, die größte Sehnsucht nach der Heimat; doch war er überzeugt, wenn das glühende junge Weib etwas merke, werde sie ihn entweder ganz aus der Welt schaffen oder wenigstens ihm seinen Plan ganz verderben. Das eine wie das andere aber wollte er vermeiden, und das war der Grund, weshalb er nicht hatte zugeben wollen, daß Coppo mit jemand über ihn rede. Und wahrscheinlich hätte die heftige Liebe, welche die lange Gewohnheit in seiner Brust geweckt hatte (denn ihr wißt ja wohl, daß am Ende die Liebe dem Sprichwort zufolge jeden Geliebten zur Gegenliebe zwingt), ihm so große Gefahren vorgespiegelt und so große Bedenken erregt, daß er sich bequemt hätte, zu bleiben, wohin ihn das Schicksal geleitet, wenn er nicht doch genug Besonnenheit gewahrt hätte, um zu bemerken, daß seine Geliebte sich so ungezähmt von ihrer Begierde hinreißen ließ, daß Lagi Amet notwendig am Ende es merken mußte. Aus all diesen Gründen hatte er schon mehrmals daran gedacht, sie auf die Probe zu stellen, ob sie nicht mit ihm in seine Heimat ziehen möchte; und er bemerkte, daß sie so blind war über ihre Angelegenheiten, daß er fest glaubte, es werde ihn keine große Mühe kosten, sie zu überreden. Da er indes bisher nicht Mittel noch Wege gesehen hatte, es auszuführen, war er auch noch ganz still darüber gewesen. Nun aber, da Coppo angelangt war, hielt er es für so geeignet, daß er hoffte, die Sache werde ihm leicht gelingen. Er dachte, es sei zweckmäßig, mit ihm hierüber zu reden, ehe dieser mit jemand über seine Loskaufung verhandele. Er suchte ihn daher auf und überlegte das Für und Wider der Sache. Am Ende kamen sie auf den Beschluß, zu tun, was die Frau genehm halte.
Niccolo ersah sich daher einen passenden Ort und Augenblick, um mit folgenden Worten seinen Angriff bei ihr zu beginnen: »Meine süßeste Herrin, auf Mittel sinnen, nachdem einer in ein Unglück geraten ist, das man von Anfang an hätte vermeiden können, das heißt recht eigentlich, sich, ohne daß man etwas weiß, nach der Tat als weise anstellen wollen. Es schiene mir notwendig, wenn wir nicht zu der Zahl dieser gehören wollten, daß wir die gefährlichen Schritte vermieden, zu denen uns diese unsere Liebe führt, und zwar ehe wir uns den Hals dabei brechen. Es ist, wie Ihr besser als ich merken könnt, eine solche Keckheit in uns gefahren, daß ich fürchte, ja überzeugt bin, daß, wenn wir nicht auf Abhilfe bedacht sind, sie Veranlassung zu unserm Verderben werden wird. Und darum habe ich bei mir selbst vielfach überlegt, wie wir es angreifen können, um einer so großen Gefahr zu entgehen. Unter vielem anderen, was mir durch den Kopf ging, sah ich immer zwei Auswege für die leichtesten an: erstens, allmählich daran zu denken, wie wir diesen unseren Liebesverkehr abbrechen. Ist nun Eure Neigung so warm wie die meinige, so wird dieser Ausweg Euch freilich so sauer ankommen, daß auch jeder andere, wenn auch noch so beschwerliche Weg Euch weniger mühselig erscheinen wird als dieser. Darum hat mir immer das zweite Mittel weit mehr gefallen, das, wenn es auch Euch anfangs hart und schwer ausführbar erscheinen sollte, doch, wie ich nicht zweifle, sobald Ihr es reiflich überlegt, Euch so einleuchten wird, daß Ihr Euch entschließt, den Weg unter allen Umständen einzuschlagen; denn das Ergebnis, das sich Euch dabei zeigen wird, ist der Frommen und die Ehre Eures Liebhabers und Eures Gatten und die fortwährende Gelegenheit, unsere Liebe zu genießen ohne alle Furcht und Gefahr. Es besteht darin, daß Ihr mit mir in unser schönes Italien kommt. Was das für ein Land ist, in Vergleich mit dem hiesigen, davon brauche ich Euch jetzt nicht zu erzählen; denn Ihr habt ja von mir und von andern früher schon vielmals davon reden hören. Mitten darin, unter dem gemäßigtesten Himmel, liegt Florenz, meine über alles süße Vaterstadt. Es ist dies, ohne allen andern Städten zu nahe treten zu wollen, darf ich es sagen, – es ist ohne Vergleich die schönste Stadt auf der ganzen Welt. Sprechen wir nichts von den Kirchen, den Palästen, den Häusern, den geraden Straßen, den schönen geräumigen Plätzen und anderm, was darin ist, – schon das Land umher, die Gärten, die großen Landgüter, an welchen sie mehr als jede andere Stadt reich ist, werden Euch wie wahre Paradiese vorkommen. Wenn Gott uns die Gnade erwiese, uns wohlbehalten dahin zu führen, – o wie unaussprechlich
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