Italienische Novellen, Band 2
auftrage, solle ich ihn ausschelten und Euch nichts davon sagen. Übrigens, wenn Ihr mir diese Auflage gemacht hättet, würde ich die ganze Sendung jemand anderem überlassen haben, denn wegen billiger Dinge könnte ich nie jemand tadeln, geschweige strafen. Unser Herr Gott läßt sich auch ungerechte Wünsche wie gerechte vortragen, von Guten wie von Bösen, erhört aber freilich nur jene, wenn es ihm gut dünkt, und diese nicht. Ich konnte daher nicht wissen, daß Ihr höher gehalten sein wollt als er. Womit hat Euch der Navarrese beleidigt? Wißt Ihr nicht, daß man das Fragen überall in der Welt umsonst hat? Ihr seid noch zu jung und wißt noch nicht recht das Gute und Böse zu unterscheiden. Wären Eure Haare so weiß wie die meinigen, so würdet Ihr anders sprechen. Man muß allerdings oft so sagen; aber wo und zu wem? Weder hier noch zu mir noch zu den Frauen, die Euch ergeben sind, sondern zu Männern und zu fremden Frauen, die Euch, wenn sie Euch auch nicht glauben, wenigstens für klug halten und für eine Frau, die sich auf unsere Kunst, das heißt das Heucheln, wohl versteht. Mir, die ich Euch ganz ergeben bin und nichts anderes auf der Welt habe, was mir teuer ist, kommt nicht so! Ich weiß recht wohl, daß die größte Ehre und das größte Vergnügen, das man den Frauen machen kann, darin besteht, daß man sie um dasjenige bittet, ohne was wir ein Tag ohne Licht, ein Meer ohne Wellen wären. Ich entschuldige Euch mit Eurem zarten Alter und habe deshalb mit Eurem Zorn Geduld. Wir wollen zu etwas anderem übergehen! Aber das sage ich noch, wenn Ihr den Navarresen auf eine kluge Weise befriedigt, so bekommt Ihr den Edelstein zu eigen, und mir scheint, Ihr kämet auf diese Art wohlfeil dazu. Was zum Teufel könnt Ihr ihm denn Geringeres geben, als ihn mit einer Münze bezahlen, von der uns, je mehr wir geben, um so mehr zu geben übrigbleibt? Die Sünde in Betracht zu ziehen, das wollen wir den Betschwestern und den alten Mütterchen überlassen, die sonst nichts zu tun haben; für junge Mädchen aber ist das nichts, die noch tausend Jahre Zeit haben, um ihre Fehler gegen ihren Herrn Gott zu bereuen. Und jenen muß man auch noch zu bedenken geben, daß sie dazu weder Gelegenheit noch Begierde haben und nicht darum angegangen werden. Um die Ehre zu verlieren, muß die Sache bekannt werden; tun wir es daher im geheimen, so geht die Ehre nicht verloren. Ich sage Euch meine Ansicht wie eine Mutter, und Ihr mögt dann das tun, was Ihr für das beste haltet. Aber das gebe ich Euch zu bedenken, daß ich um so viel weiser als älter bin. Es tut mir sehr leid, daß Ihr nicht meinen Willen und Verstand habt oder ich nicht Eure Reize, Schönheit und Stand, von welchen drei Vorzügen Euch jedoch von jetzt über vierzig Jahre auch zwei fehlen werden, – und der dritte, was wird er Euch helfen, als daß er Euch größere Pein und Last bereitet? Dieser Juwelier, wenn er auch ein kleiner Kaufmann ist, erinnert mich doch in Gesicht, Gedanken, Betragen und in allem weit mehr an einen Edelmann als an seinen Beruf. Wenn Ihr ihn daher nicht nehmt, so habt Ihr zwar vielleicht nach Eurem Geschmack gehandelt, aber nicht getan, was Ihr solltet.«
Mit diesen und vielen andern Worten bestürmte die alte Kammerfrau das junge Mädchen, fügte so viele andere Gründe hinzu und fing so oft von neuem an, bis die Gräfin fast ganz müde, so hart und sauer es sie ankam, nach langem Verweigern, Streiten und Nachdenken am Ende zu ihr sagte: »Nun so geh und tue, was dir gut scheint! Veranstalte es aber so, daß es nicht mehr als eine Nacht wird, und daß diese so spät anfängt, daß ich nicht viel Unlust davonzutragen habe und du nicht viel Gefahr; denn wenn du dir einmal etwas in den Kopf gesetzt hast, so muß man sich dazu bequemen, oder man wird deine Widerwärtigkeiten nicht eher los.«
Die Kammerfrau erwiderte darauf nichts mehr, suchte aber, sobald sie konnte, den Navarresen auf und verabredete mit ihm, daß er sich in der folgenden Nacht genau um die Zeit der Frühmesse an einer Hintertür des Gartens einfinden, was sie ihm genau beschrieb, und den Edelstein mitbringen solle. Und so geschah es. Als ihr in der Nacht der Navarrese den Edelstein gegeben hatte, sagte er zu ihr, er habe noch einige andere von nicht geringerem Werte, die er ihr um denselben Preis überliefern wolle, wenn es ihr recht sei. Da die Kammerfrau diesen Antrag gehört hatte, setzte sie ihrer Gebieterin unaufhörlich zu, machte ihr bemerklich, daß, was
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