Italienische Novellen, Band 2
übergroßer Freude, die ich über Eure Rückkehr empfinde. Denn ich hatte von vielen Seiten gehört, die zyprischen Schiffe seien im Meer versunken, und fürchtete deshalb sehr, es möchte Euch ein Unfall begegnet sein. Da ich Euch aber nunmehr durch Gottes Gnade gesund und wohlbehalten nach Hause zurückkehren sehe, kann ich vor übergroßer Freude mich nicht der Tränen erwehren.«
Der arme Schelm war von Zypern nach Venedig zurückgekommen, um die Zeit einzubringen, die seine Frau durch seine lange Abwesenheit verloren hatte, und meinte, Polissenas Tränen entspringen aus heißer, tiefbegründeter Liebe, die sie für ihn fühle; der Unglückliche wußte nicht, daß sie in ihrem Herzen wünschte: »Wollte Gott, er wäre in den drohenden Wellen ertrunken, damit ich sicherer und ungestörter mich der Lust und dem Genüsse mit meinem Liebhaber hingeben könnte, der mir so innig zugetan ist!«
Es war noch kein Monat um, so ging Dimitrio wieder auf die Reise. Polissena war darüber so sehr erfreut, wie sie nur sein konnte; sie ließ es bald ihrem Geliebten sagen, der nicht weniger als sie sehnsüchtig wartete und, als die passende verabredete Stunde gekommen war, heimlich zu ihr schlich. Der Pfaffe konnte aber seine Gänge nicht so verbergen, daß er nicht von Manusso, der dem Hause seines Gevatters Dimitrio gegenüber wohnte, gesehen worden wäre. Manusso, der Dimitrio sehr liebte, weil er ein umgänglicher, dienstfertiger Mann war, hatte keinen geringen Verdacht auf die Gevatterin und achtete oft und viel auf sie. Als er nun deutlich sah, daß dem Priester auf ein gewisses Zeichen und zu einer bestimmten Stunde die Tür geöffnet wurde und er ins Haus trat und unvorsichtiger als billig mit der Gevatterin scherzte, beschloß er für jetzt stille zu sein, damit die Geschichte, die noch im stillen blieb, nicht ruchbar würde und kein öffentliches Ärgernis entstünde; er wollte warten, bis Dimitrio von der Reise zurückkäme, damit er selbst reiflich überlege, was in der Sache zu tun sei.
Als nun die Zeit seiner Heimkehr erschien, stieg Dimitrio in das Schiff, kehrte mit günstigem Winde nach Venedig zurück, landete, ging an seine Wohnung und klopfte an die Tür. Die Magd ging an das Fenster, um nachzusehen, erkannte ihn, lief hinab und öffnete ihm, fast zu Tränen gerührt vor Freude. Als Polissena von der Ankunft ihres Mannes hörte, stieg sie die Treppe hinunter, lief ihm mit offenen Armen entgegen, küßte ihn und überschüttete ihn mit den größten Liebkosungen von der Welt. Und da er etwas müde war und ganz zerschlagen von der Seereise, ging er ohne Abendessen zu Bette und schlief fest ein, so daß der Tag anbrach, ohne daß er die letzten Freuden der Liebe genossen hätte. Als nun die dunkle Nacht vorüber und der helle Tag gekommen war, wachte Dimitrio auf, erhob sich aus dem Bette, ohne der Frau einen einzigen Kuß zu geben, und ging an ein Kistchen, aus dem er einige wertvolle Sachen nahm. Mit diesen kam er an das Bett zurück und übergab sie seiner Frau, die, da ihr anderes im Sinne lag, diese Geschenke wenig oder gar nicht beachtete.
Dimitrio hatte Veranlassung, nach einiger Zeit nach Apulien zu fahren wegen Öls und anderer Geschäfte; er sagte es also seiner Frau und schickte sich zur Abreise an. Das listige Weib aber tat, als schmerze sie sein Weggehen; sie überhäufte ihn mit Liebkosungen und bat, er möchte doch noch ein paar Tage bei ihr bleiben, und doch war ihr ein Tag so lange wie tausend, bis er ihr aus den Augen war und sie sich mit mehr Sicherheit den Umarmungen ihres Liebhabers hingeben konnte.
Manusso hatte den Priester öfters mit der Gevatterin liebäugeln, ja auch anderes tun sehen, was sich nicht schickt zu sagen, und so schien es ihm ein Unrecht gegen den Gevatter, wenn er ihm nicht eröffne, was er seine Frau hatte tun sehen. Er beschloß daher, komme daraus, was da wolle, ihm alles zu sagen. Er lud ihn also eines Tages zum Essen ein, und als sie bei Tische saßen, sagte Manusso zu Dimitrio: »Lieber Gevatter, Ihr wißt, wenn ich mich nicht täusche, daß ich Euch immer geliebt habe und lieben werde, solange der Geist diese Gebeine beherrscht, und nichts, wäre es auch noch so schwer, würde ich Euch zuliebe unterlassen; wenn es Euch daher nicht unangenehm wäre, könnte ich Euch Dinge erzählen, die Euch freilich eher Verdruß als Freude bereiten würden. Aber ich wage nicht, es auszusprechen, um nicht Eure heitere Stimmung zu trüben. Wenn Ihr aber klug seid, wie ich
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