Italienische Novellen, Band 2
war eher tot als lebendig und sprach zu ihm: »Ach, mein lieber Herr, seht doch, wie die Häscher des Gerichtshauptmanns dieses Zimmer und das ganze Haus zugerichtet haben!«
Bei diesen Worten nahm sie ihn an der Hand und führte ihn in das Zimmer, wo Cornelio sich befand, und um dem Liebhaber zu bedeuten, daß ihr Gemahl im Hause sei, sagte sie ganz laut: »Schaut an, mein Gemahl, wie dieses Gesindel alles untereinander geworfen hat!«
Hier erzählte sie ihm alles, was die Häscher hier getan und gewollt hatten. Der Mann fühlte sich müde und wünschte nichts so sehr als auszuruhen.
»Liebes Weib«, sagte er daher, »gehen wir zu Bette; morgen wollen wir an diese Dinge denken.«
Als Cornelio aus der Stimme erkannte, daß der Gemahl der Frau angekommen war, wäre er fast vor Schrecken heruntergefallen und wußte nicht, was er beginnen sollte, so sehr war er betäubt. Es wurden nun die Leute von der Straße, die im Hause waren, entlassen und das Tor geschlossen. Der Stall war nahe am Hause, aber in einem andern Gäßchen. Dahin wurden die Pferde geführt. Der Gatte der Frau ging hinauf in seine Gemächer, ließ Feuer anzünden, sich auskleiden und zu Bette bringen. Unterdessen hatte der Geschäftsführer mit einem Begleiter sich in die Kammer gelegt, wo Cornelio im Kamin in sehr übler Laune und großer Unentschlossenheit verborgen war. Dahinein hatten auch einige andere Diener einige Büchsen und drei lange Spieße gestellt und waren dann in andere Zimmer gegangen, wo sie zu schlafen pflegten. Die Frau verließ ihren Mann, der sich zu Bette gelegt hatte, stieg hinab mit der Zofe, um zu sehen, ob es möglich sei, Cornelio zu befreien, und sagte, als sie sah, daß jene beiden im Bette lagen: »Ihr hättet euch nicht hier niederlegen sollen, es ist ja alles umgeworfen.«
Darüber kam der Hausmeister und sagte: »Gnädige Frau, für heute nacht mögen sie bleiben, so gut es geht. Morgen soll schon alles wieder in Ordnung kommen. Geht nur zur Ruhe, denn es muß nunmehr Mitternacht sein.«
Als die Frau sah, daß sie Cornelio auf andere Weise keine Hilfe bringen konnte, sagte sie: »Ich bin herabgekommen, um dafür zu sorgen, daß hierinnen kein Feuer gemacht werde; denn der Hut des Kamins hat oben Luft: es könnte leicht eine Feuersbrunst im Hause geben.« Nachdem sie dies gesagt hatte, ging sie hinauf, beständig in Gedanken an den Liebhaber, und fand, daß ihr Gatte schon am Einschlafen war; sie legte sich an seine Seite und sprach: »Lieber Herr, Ihr seid aber sehr spät nach Hause gekommen für ein so kaltes Wetter.«
»Ich bin«, antwortete der Mann, »diesen Morgen von Novara weggegangen in der Absicht, zu Abend zu Hause einzutreffen; aber bei Buffaloro wurde ich von unsern Verwandten, den Cribelli, lange hingehalten, so daß ich meinen Plan änderte und beschloß, zum Nachtessen und Schlafen zu Schiffe auf unserem Landgut einzutreffen, und ich kam spät daselbst an. Der Verwalter bereitete ein gutes Mahl, entschuldigte sich aber, wir würden kein gutes Nachtlager finden, denn die Betten seien, seit sie wegen des Krieges hereingebracht worden seien, nicht wieder hinausgeschickt worden, während ich angenommen hatte, sie seien dahin gebracht worden. Als ich das hörte, beschloß ich, gleich nach dem Nachtessen hierherzugehen. Die Straße ist gut und der Weg sicher. So habe ich es denn ausgeführt.«
Cornelio nun, der die Ankunft des Hausherrn vernommen und gehört hatte, wie einige in dem Zimmer sich zu Bette legten, war durch die Wahrnehmung, daß Camilla herabgekommen sei, um das Anmachen von Feuer im Kamin zu verhindern, in seiner Todesangst etwas beruhigt; dennoch aber fürchtete er, er möchte, vom Schlafe überwältigt, herunterstürzen und von den Leuten im Hause umgebracht werden. Andererseits fühlte er eine Kälte und Eisluft an ihm vorbei den Kamin herunterstreichen, die ihm Mark und Bein durchdrang. Mehrmals kam er auf den Gedanken, so sachte als möglich herunterzurutschen, da er die Leute im Zimmer schlafen hörte, und aus dem Zimmer zu gehen; da er aber im Hause nicht bekannt war, wußte er nicht, wie er hinauskommen und wohin er sich zurückziehen sollte. Er fühlte heftigen Schmerz in den Füßen, denn die Haken waren rund und sehr unbequem, um sich lange darauf festzuhalten, so daß er kaum noch vermochte auf der Stelle zu bleiben. Dennoch hoffte er, am Morgen von hier erlöst zu werden, und mit dieser schwachen Hoffnung täuschte er sich selbst, dachte an die Schönheit der Geliebten und
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