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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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seiner seltenen Eigenschaften willen die allgemeine Liebe, Achtung und Verehrung. Er ist edel, höflich, freundlich, gefällig, freigebig, großherzig, dienstfertig und der edelste Herr, der je in dieser Stadt gelebt hat und dessen Tugenden selbst Steine rühren müssen. Und bei Gott, er ist auch nicht so häßlich, daß es einen anwidern müßte, ihm gut zu sein; aber du verlangst, ich soll ihn nicht ehren und feiern? Seine Bescheidenheit und sein freundliches Wesen würde ein Marmorherz in ihn verliebt machen. Darum, meine Gattin, bin ich ihm zu weit Größerem verbunden, als daß ich ihn einlade, bei mir Erfrischungen anzunehmen. Wollte nur Gott, ich könnte ihm einen recht ausgezeichneten Dienst tun, – wie gerne würde ich es tun!«
    Diese Worte durchschnitten das undankbare, stolze Herz der Frau, und sie wußte ihrem Gatten keine Silbe zu erwidern, sondern blieb stumm ihm gegenüber stehen und schlich sich, sobald sie konnte, von ihm hinweg in ihr Zimmer, wo sie sich auf das Bett warf und dem Strome ihrer Tränen freien Lauf ließ. Der Mann sah seine Frau fortgehen, und da er wußte, daß sie ihrer Natur nach nichts weniger als Tadel vertrug, so bestieg er sein Maultier und ritt durch die Straßen spazieren. Sie empfand mit einem Male eine so schwere innerliche Reue, daß es ihr war, als hätte man ihr das Herz aus allen Wurzeln gerissen. All ihr Sinnen und Denken war mit dem Markgrafen beschäftigt, und alles, was er jemals um ihretwillen getan und gelassen, machte sich ihr gegenwärtig insgesamt erinnerlich. Sie dachte an die Härte, die Grausamkeit und den Stolz, den sie so oft gegen ihn übte, und fühlte sich vor Schmerz dem Tode nahe. Was sollen nun wir hier sagen, meine edeln Herren und Damen? Was in so vielen Jahren durch Bälle, Feste, Gesänge, Tjostieren, Turnei, Musik und reichlichen Aufwand, weinend, bald glühend, bald erstarrend, seufzend, dienend, liebend, bittend und alle Untertänigkeit und List übend, die selbst Lukretia einem Tarquinius gewonnen hätten, der mannhafte und edle Markgraf nicht ausrichtete, das bewirkten die einfachen und wahren Worte des unbedachten Gatten, die jenes stolze und verhärtete Herz so demütigten und erweichten, daß sie, die immer der Liebe entgegenkämpfte, sich mit einem Schlage ganz in Glut und Flammen fühlte aus Neigung zu dem Ritter, so daß es ihr unmöglich schien, ohne ihn zu leben, bis sie einmal mit ihm sprechen und die verzehrenden Flammen, die sie erbärmlich zugrunde richteten, ihm offenbaren könne. Sie beschloß daher noch an demselben Abend, irgendwie ein Mittel zu finden, mit ihm zusammenzukommen. Sie konnte die ganze Nacht über an sonst nichts mehr denken.
    Als der Tag gekommen war, erinnerte sich die Frau des Boten, den der Markgraf ihr mit einem Briefe zugesandt hatte. Sie fand daher durch eine gute Alte Gelegenheit, mit diesem zu reden und ihm zu entdecken, was sie wünschte, daß er bei Herrn Ventimiglia ausrichte. Als der Bote die Frau hörte, tröstete er sie sehr und sagte ihr, er sei versichert, daß der Markgraf sie noch immer hebe, und er wolle es schon so einrichten, daß er zu einer Unterredung zu ihr komme. Die Frau war darüber hocherfreut. Der Bote ging weg, suchte den Markgrafen auf und sagte zu ihm: »Mein Herr, ich bringe dir eine wunderbare Neuigkeit, die du gewiß nicht imstande bist zu erraten. Weißt du wohl, daß Frau Lionora Macedonia, der Sprödigkeit, womit sie dir begegnet, müde, jetzt ganz die deine ist und nichts sehnlicher wünscht, als dir gefällig zu sein, auch dich inständig bittet, zu geruhen, heute um Nonenzeit zu einer Unterredung zu ihr zu kommen: sie wolle dich im Garten, der hinten an das Haus stößt, erwarten, und die Tür des Gartens soll offen stehen. Messer Giovanni Tomacello, ihr Gemahl, ist diesen Morgen nach Somma gegangen und wird in den nächsten acht Tagen nicht zurückkommen.«
    Der Markgraf wunderte sich über diese Botschaft nicht wenig; unendlich vieles drängte sich ihm durch den Kopf, und er war im Zweifel, ob er hingehen solle. So antwortete er dem Boten: »Ich habe heute einige Geschäfte von der größten Wichtigkeit. Finde ich Zeit um die Stunde, die du mir bezeichnet hast, so gehe ich hin und spreche mit Frau Lionora.«
    Der Bote ging weg, kehrte zu der Frau zurück und sagte ihr, der Ritter werde um die festgesetzte Stunde kommen. Herr Ventimiglia aber, der seine Liebe ganz von jener Dame abgezogen hatte, dachte an anderes und ging nicht hin. Sie erwartete die Ankunft des

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