Italienische Novellen, Band 2
Gott glauben.«
Über diesem Gespräche kam Margarita an, die sogleich anhub, ihre häuslichen Geschäfte zu besorgen. Eine gute Weile ging ihr Pippa an die Hand; da ihr aber in ihrer Ungeduld eine Stunde tausend Jahre zu währen schien, bis sie das Haus wieder verlassen konnte, sagte sie zu Ambrogio: »Herr, wenn Ihr es erlaubt, so gehe ich heute abend ins Kloster und hole Nicuola in mein Haus ab. Morgen früh bringe ich sie Euch dann her oder behalte sie auch noch ein paar Tage bei mir, bis Ihr das Haus in Ordnung gebracht habt.«
»Wie du willst«, antwortete Ambrogio; »empfiehl mich aber bestens Schwester Camilla, küsse meine Tochter in meinem Namen und geh mit Gott!«
Nun entfernte sich Pippa, ging aber, ehe sie sich nach Hause begab, in das Kloster, um mit Schwester Camilla zu sprechen. Mit dieser verabredete sie alles, was zu Nicuolas Wohlfahrt vonnöten war, wenn etwa Ambrogio auf den Einfall gekommen wäre, nach dem Kloster zu gehen. Schwester Camilla, die sich auf solche Händel nur allzu wohl verstand, hieß Frau Pippa gutes Mutes sein: es werde alles den besten Ausgang nehmen. Dann eilte Pippa nach Hause, wo Nicuola, die nicht länger Romulo war, sie mit größtem Verlangen erwartete, um zu hören, wie die Sachen stehen. Sie hatte ihre Kleider schon wieder angezogen und ihre Haare nach der Sitte unserer Jungfrauen geordnet. Als die Pippa heimkam, erzählte sie ihr alles, was geschehen sei, und fragte sie, ob sie morgen in das Haus ihres Vaters zurückkehren oder noch einen oder zwei Tage bei ihr bleiben wolle, was ihr freistehe. Nicuola beschloß, noch den folgenden Tag bei ihrer Amme zuzubringen, und verbrachte die Zeit mit Klagen über ihren Lattanzio, nach dessen Besitz sie eine Sehnsucht verriet, die nicht größer hätte sein können. Die Pippa predigte ihr von neuem, sie solle doch ihre Gedanken auf ein anderes Ziel richten; sie sehe ja deutlich, daß sie sich vergebens abquäle, und habe sich selbst überzeugt, daß Lattanzio so heftig in Catella verhebt sei, daß er an nichts anderes denke; zuletzt werde er auch wohl sein Ziel erreichen, wenn er bei Gherardo um sie anhalte.
»Das ist es eben«, versetzte Nicuola, »was mich foltert; ich kann es nicht denken, ohne zu verzweifeln. Aber wenn mein Vater nicht so schnell zurückgekommen wäre, so hätte ich der Catella den Lattanzio so verleiden wollen, daß sie lieber einen Bauern als ihn geheiratet hätte. Aber diese rasche unvermutete Ankunft meines Vaters hat alles verdorben.«
»Alles verdorben?« unterbrach sie Pippa; »nein, alles wiedergutgemacht; denn wenn es wahr ist, was du mir erzähltest, daß zwischen Catella und dir vorgefallen ist, so stehe ich dir dafür, daß deine Sachen sehr übel stünden; denn wärest du noch einmal hingegangen, um mit ihr zu sprechen, so würde sie ganz sicher von den Küssen zu Handgreiflichkeiten übergegangen sein, und wenn sie dich für ein Frauenzimmer erkannt hätte, was denkst du wohl, daß sie von dir geurteilt haben würde? Würdest du nicht auf ewig bei ihr beschämt worden sein? Glaubst du nicht, daß sie gleich auf den Gedanken gekommen wäre, du seiest Lattanzios Buhlerin?«
»Und das ist es eben«, versetzte Nicuola, »was ich gewünscht hätte. Denn obwohl sie mich, wie du sagst, für ein Frauenzimmer erkannt haben würde, so folgt daraus noch nicht, daß sie mich als Nicuola, die Tochter Ambrogios, erkannt hätte. Aber Lattanzio wäre ihr gewiß so verhaßt worden, daß sie ihn nie wieder hätte sehen noch nennen hören mögen; und dann durfte ich hoffen, Lattanzios Liebe wieder zu erwerben.«
Die Pippa konnte sich nicht enthalten, über diese Rede Nicuolas zu lächeln.
»Meine Tochter«, hub sie an, »suche dein Herz zu beruhigen! Wenn es Gott gefällt, daß Catella Lattanzios Gattin werden soll, so hilft dir weder List noch Klugheit noch alle Kunstgriffe, deren du dich bedienen möchtest, diese Ehe zu hintertreiben. Du bist noch gar jung, du bist schön, du bist reich; denn wenn dein Bruder Paolo noch lebte, so würde man gewiß von ihm gehört haben; aber der arme Junge ist gewiß tot (Gott sei seiner Seele gnädig!), so daß du, wenn du dich klug aufführst, die einzige Erbin deines Vaters werden wirst, und als solche kann es dir nicht an den reichsten und edelsten Jünglingen der Mark zu Bewerbern fehlen. Darum schlage dir diese Grillen aus dem Kopfe, die dir mehr Kummer und Verdruß machen, als sie dir Nutzen bringen können!« Während diese Verhandlungen gepflogen wurden, hatte
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