Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
Paolo beschlossen, ganz allein Catella aufzusuchen. Er ging also gegen Abend an ihrem Hause vorüber; da er ihrer aber nicht ansichtig werden konnte, kehrte er zu seiner Herberge zurück und mochte an diesem Tage nicht wieder ausgehen.
    Lattanzio, dem das Warten die Zeit sehr lang machte, verwunderte sich sehr, als die Nacht zu dunkeln begann, ohne daß Romulo nach Hause kam, ihm den Erfolg seiner Bewerbung bei Catella mitzuteilen. Als er aber einige Stunden der Nacht vergebens gewartet hatte, ward er sehr bestürzt über sein Ausbleiben; denn er fürchtete, irgendein Unfall möchte seinen Diener betroffen haben. Da er sich aber durchaus nicht vorstellen konnte, was das wohl sein möge, so brachte er die ganze Nacht fast schlaflos unter mancherlei Gedanken zu. Er liebte den Romulo sehr, weil er gut von ihm bedient wurde und ihn als einen verschwiegenen und wohlgesitteten Jüngling kennengelernt, der nie im Hause mit irgend jemand ein Wort gewechselt hatte, sondern nur auf Ausrichtung seiner Befehle bedacht gewesen war, daher sein Verlust ihn unmäßig betrübte. Auf der andern Seite wünschte Catella, die den Romulo leidenschaftlich liebte und schon seine süßen Küsse gekostet hatte, gar sehr eine engere Vereinigung mit ihm. Da sie ihn aber nach Gherardos Nachhausekunft heute nicht mehr gesehen hatte, denn sie hatte den Paolo für den Romulo gehalten, begab sie sich sehr mißvergnügt zu Bette.
    Nicuola plauderte die ganze Nacht mit ihrer Amme von Lattanzio und konnte vor Seufzen und unruhigem Umherwälzen weder selbst schlafen noch ließ sie die Pippa zur Ruhe kommen.
    Als der Morgen anbrach und Romulo nicht nach Hause kam, schickte Lattanzio nach allen Seiten aus, ihn aufzusuchen und überall hinzuhorchen, ob man nicht wisse, was aus ihm geworden sei. Bei diesen Nachforschungen fand sich einer, der auf die angegebenen Zeichen der Kleidung und des Alters hin versicherte, er habe gestern gesehen, daß er in das Haus der Pippa des Giacomaccio neben der Hauptkirche gegangen sei. Lattanzio, der sie kannte, machte sich auf diese Anzeige gegen Mittag auf den Weg und klopfte an ihre Haustür. Frau Pippa trat an ein Fenster, und als sie den Jüngling erkannte, verwunderte sie sich; denn sie vermutete, Lattanzio habe den Aufenthalt Nicuolas in ihrem Hause in Erfahrung gebracht. Sie fragte ihn also: »Was sucht Ihr hier, junger Herr ?«
    »Frau Pippa«, antwortete er, »wenn es Euch nicht ungelegen wäre, so möchte ich gern zehn Worte mit Euch reden.«
    »Fünfundzwanzig«, entgegnete Pippa, sagte Nicuola, Lattanzio sei unten, und stieg eilends hinab, die Haustür zu öffnen. Der Jüngling trat ein und nahm neben Pippa Platz, an einem Orte, wo Nicuola, ohne gesehen zu werden, ihn sehen und sprechen hören konnte.
    »Frau Pippa«, begann nun Lattanzio, »obgleich ich nie Gelegenheit gehabt habe, Euch einen Dienst zu leisten, der mich berechtigte, von Euch einen Gegendienst zu heischen, so gibt mir doch meine Bereitwilligkeit, jedermann zu dienen, und Eure eigene Gefälligkeit, um derenwillen Ihr, wie ich weiß, von vielen angesehenen Leuten geschätzt werdet, den Mut, Euren Beistand in Anspruch zu nehmen, in der festen Hoffnung, daß Ihr meinen Wunsch vollständig erfüllen werdet; und um nicht länger bei schönen Worten stehenzubleiben, ersuche ich Euch inständig, mir zu sagen, was aus dem weißgekleideten Knaben geworden ist, der Euch gestern besucht hat. Er heißt Romulo, mag etwa siebzehn Jahre alt sein und hat ein hübsches, gefälliges Äußeres. Er hat mir als Edelknabe gedient und ist seit gestern nicht mehr zu mir zurückgekommen. Ich bitte Euch dringend, mir über ihn Nachricht zu geben; Ihr erzeigt mir dadurch einen außerordentlichen Gefallen, und ich werde Euch deswegen immerdar verpflichtet bleiben.«
    »Mein lieber Sohn«, antwortete Pippa, »ich danke Euch für die gute und freundliche Meinung, die Ihr von mir hegt; gewiß, ich schätze es sehr und freue mich der Ehre, die Ihr mir durch den Besuch meines armen Häuschens antut, um so mehr, als ich schon seit langer Zeit nach der Gelegenheit getrachtet habe, mit Euch zu sprechen; und da diese mir nun durch Eure Güte heute von selber kommt, will ich sie nicht verlieren. Um zuvor auf das zu antworten, was Ihr von mir verlangt, so sage ich Euch, daß ich Euch über Euren Burschen gar keine Auskunft geben kann; denn weder gestern noch überhaupt seit langer Zeit ist meines Wissens ein Knabe oder ein junger Mann hiergewesen, und ich müßte es wohl wissen, wenn

Weitere Kostenlose Bücher