Italienische Novellen, Band 2
sprachen, war es Catella, als ob die Schönheit des Edelknaben jeden Augenblick größer und reizender werde, und bei dem Gedanken, daß er von ihr scheiden solle, fühlte sie ihr Herz ich weiß nicht von welchen Stichen durchbohrt, die ihr den Beschluß abdrangen, ihm ihre Liebe zu gestehen.
»Beim Himmel«, hub sie an, »ich weiß nicht, was du mir angetan hast. Ich muß glauben, du hast mich bezaubert.« »Herrin«, antwortete er, »Ihr habt mich zum besten! Ich habe Euch nichts angetan: ich bin weder ein Hexenmeister noch ein Zauberer, sondern Euer Diener und bitte Euch um eine gnädige Antwort, wodurch Ihr meines Herrn Leben erhalten und mich in seiner Gunst befestigen werdet.«
Catella, die sich nicht länger bezwingen konnte und sich in Küssen erschöpfte, die sie dem Edelknaben gab, erwiderte: »Nun sieh, mein süßes Leben, du Seele meiner Seele, ich weiß keinen Jüngling auf der Welt, der mich zu dem vermocht hätte, wozu du mich gegen dich vermocht hast. Aber deine Schönheit und die unendliche Liebe, die du mir eingeflößt, seit ich dich zum erstenmal im Gefolge deines Herrn erblickte, haben mich dazu gebracht. Ich will dich nicht zum Diener; wohl aber will ich, wenn du einwilligst, dich auf Lebenszeit zum Herrn und Gemahl und gebe dir Gewalt, ganz nach deinem Willen über mich zu verfügen. Ich frage nicht, wer du seiest, ob reich oder arm, noch aus welchem Geblüt du entsprossen. Mein Vater ist, Gott sei Dank, für dich und mich reich genug und schon so bejahrt, daß er nicht lange mehr leben kann. Denke also auf deinen eigenen Vorteil und laß Lattanzio fahren: denn ich bin entschlossen, ihn nie zu lieben, und will ihm auch von heute an kein gutes Gesicht mehr machen.«
Als Romulo sah, daß die Sache eine für ihn günstige Wendung nehme, versprach er nach einigem Hinundherreden Catella, in ihr Begehren zu willigen, und dankte ihr unendlich für ihr Anerbieten, für das er ihr ewig verpflichtet bleibe; doch müßten sie vorsichtig zu Werke gehen, damit Lattanzio nie von ihrem Einverständnis Kunde erhalte. Als sie die nötigen Verabredungen getroffen hatten, entfernte sich Romulo nach vielen zärtlichen Küssen, die er in der beständigen Furcht empfangen und gegeben hatte, Catella möchte ihre Hände irgendwohin bringen, wo er seine Unmännlichkeit verriete. Er entfernte sich also und machte sich auf den Weg nach Hause, wo sein Herr ihn mit Schmerzen erwartete. Hier entschuldigte er zuerst sein langes Ausbleiben damit, daß er sagte, er habe eine gute Weile warten müssen, bis ihn Catella vorgelassen, und als er dann mit ihr gesprochen, habe er sie sehr erzürnt angetroffen, teils, weil ihr Vater sie denselben Morgen heftig wegen dieser ihrer Liebschaft ausgezankt, teils, weil sie vernommen habe, daß er in ein anderes Fräulein verliebt sei.
»Ich gab mir viele Mühe«, sagte Romulo, »ihr diese Meinung auszureden, brachte tausend Gründe vor und kämpfte lange mit ihr, aber alles ist umsonst gewesen.«
Lattanzio war sehr bestürzt und mißvergnügt über diese Botschaft und ließ sich wohl zehnmal das ganze Gespräch von neuem wiederholen, das Romulo mit Catella geführt haben wollte. Darauf bat Lattanzio den Edelknaben, bei schicklicher Gelegenheit zu Catella zurückzukehren und ihr nochmals zu beteuern, er liebe keine andere Dame auf der Welt so sehr wie sie und sei bereit, ihr alle möglichen Beweise davon zu geben; und wie sie sich auch gegen ihn benehme, so werde er doch nie eine andere lieben, da er ewig ihr getreuer Diener zu bleiben entschlossen sei. Romulo versprach ihm, alles zu tun, was in seinen Kräften stehe, um sie noch einmal sprechen zu können.
Am folgenden Tage lag Catella an ihrem Fenster, als Lattanzio die Straße herabkam. Kaum war er aber in die Nähe des Hauses gelangt, so erhob sich das Fräulein mit einem Blicke voll Verachtung von dem Fenster und zog sich in das Zimmer zurück. Dieser Vorfall bestätigte den Bericht, den Romulo gestern seinem Herrn abgestattet. Voll Unmut begab sich dieser nach Hause und beklagte sich bei Romulo über sein Unglück. Der Zorn riß ihn zu der Äußerung hin, Catella sei doch noch lange nicht die Schönste und Edelste, daß sie Ursache habe, so hochmütig zu werden und ihn so schmählich zu behandeln, und in dieser Weise sagte er noch manches. Aber Romulo ersah seinen Vorteil und sagte seinem Herrn, es gehe in der Liebe meistens nicht anders; oft sei Überdruß, oft böse Zungen, oft Ungleichartigkeit der Gemüter daran schuld:
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