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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem also wäre.«
    »Ihr denkt vielleicht«, fiel Lattanzio ein, »ich möchte dem Knaben Strafe auflegen, weil er nicht zurückgekommen ist; aber ich verpfände Euch mein Wort, daß ihm nichts geschehen soll, wenn er mir nur die Wahrheit eingesteht, warum er gestern nicht zu mir zurückgekommen ist.«
    »Ihr gebt Euch vergebens Mühe«, antwortete die Pippa, »denn es ist kein Mann im Hause hier und hat es gestern keiner betreten. Es tut mir unendlich leid, daß ich Euch in diesem Falle nicht dienen kann, wie ich gerne wollte.« Während Pippa mit ihm sprach, stieß Lattanzio schwere Seufzer aus, und sie sagte daher zu ihm: »Junger Mann, Ihr seid so leidenschaftlich aufgeregt, daß jedermann, der Euch so stöhnen hört, Euch in diesen Euren Edelknaben mehr als billig verliebt glauben möchte. Aber da ich neulich gehört habe, daß Ihr ein schönes Fräulein liebt, so kann ich Euch nicht für einen so argen Feind der Frauen halten.«
    »Ach«, sage Lattanzio, »wollte Gott, daß ich nicht liebte! Ich würde wahrhaftig heiterer und vergnügter sein, als ich es jetzt sein kann. Glaubt aber nicht, daß ich von meinem Edelknaben rede! Daran denke ich nicht. Ich spreche vielmehr von einem Mädchen, das ich mehr liebe als das Licht meiner Augen, ja mehr als meine Seele.«
    Und bei diesen Worten füllten ihm die heißen Tränen wider seinen Willen die Augen, und einige netzten ihm die Wangen, während er selbst sich in Seufzern erschöpfte. Frau Pippa hielt dies für eine willkommene Gelegenheit, die Ausführung eines schon längst gefaßten Vorhabens zu versuchen, und sagte: »Ich weiß sehr wohl, mein Sohn, daß es wahr ist, was Ihr sagt. Euer Benehmen zeigt deutlich genug, wie verliebt Ihr seid, und ich glaube wohl, daß Eure Qualen um so heftiger sein müssen, da es keine so bittere, herbe Qual auf Erden mehr gibt, als lieben und nicht geliebt werden. Denn ich weiß wohl, daß das Mädchen, das Ihr liebt, Euch nicht wiederliebt; vielmehr haßt sie Euch um der Liebe willen, die sie zu einem andern trägt.«
    »Und woher wißt Ihr das, Frau Pippa?« fragte hier Lattanzio voll Verwunderung.
    »Bestrebt Euch nicht, das zu erfahren«, antwortete sie. »Genug, daß ich weiß, daß Ihr gegenwärtig unerwidert liebt, und daß Ihr vor nicht gar vielen Monaten eine Jungfrau geliebt habt, die weit schöner als Eure jetzige Geliebte ist. Ich weiß, daß sie Euch auf das inbrünstigste wiederliebte, und kann Euch überdies sagen, daß sie Euch auch jetzt noch mehr liebt als je, obwohl Ihr Euch ihrer so wenig mehr erinnert, als ob Ihr sie niemals gesehen hättet.«
    »Meiner Treu, ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sprach Lattanzio, »da ich Euch so vertraut mit der Sache und so gut von meinen Angelegenheiten unterrichtet sehe. Aber das sagt mir doch gefälligst, bitte ich, wie Ihr wißt, daß diejenige, die ich jetzt liebe, nicht mich, sondern einen andern liebt.«
    »Das werde ich Euch nicht sagen«, antwortete Pippa, »weil es mir nicht schicklich scheint; aber wohl mag ich Euch zu Gemüte führen, daß Euch ganz recht geschieht, wenn Ihr, diejenige, die Euch liebt, verschmähend, auch keine Gegenliebe einerntet, wo Ihr liebt; denn dies läßt eben Gott zur Strafe Eurer Sünde und Eurer großen Undankbarkeit geschehen. Ach unglückselige Nicuola, wen liebst du und hast du geliebt! Du hast das Äußerste getan, um seine Gunst zu erwerben, und alles war vergebens. Und Ihr, Lattanzio, liebt Catella mehr als Euch, und sie kümmert sich gar nicht um Euch. Wohlan denn, verfolgt Euren Plan! Ihr werdet schon zuletzt Euren Irrtum gewahr werden, um vielleicht, wenn es zu spät ist, ihn wiedergutzumachen.« Bei diesen Worten geriet der Jüngling fast außer sich und wußte nicht, was zu antworten sei. Nicuola andererseits, die ihn sah und hörte, wäre gerne hervorgetreten, um auch einige Worte über diesen Gegenstand hinzuzufügen; allein sie beschloß, den Ausgang dieses Gesprächs abzuwarten, und verhielt sich ruhig. Frau Pippa wartete eine Weile auf die Antwort des Jünglings, der sich jetzt wie aus einem schweren Traum erhob und sprach: »Frau Pippa, ich will ausführlicher mit Euch reden, da ich sehe, daß Ihr meine Umstände besser kennt als ich selbst. Es ist wahr, daß ich in Nicuola Nanni verliebt war, von der ich überzeugt war, geliebt zu werden. Sie ward nachher von ihrem Vater aus der Stadt geschickt, ich erinnere mich nicht wohin. In der Zwischenzeit begann ich mich in Catella, Gherardo Lanzettis Tochter, zu verlieben,

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