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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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unbeschränkteste Sicherheit und freies Geleite gewährt und sein Wort und seine Zusage nicht brechen wollen. Er beriet sich daher mehrmals mit seinen Priestern, die (ich weiß nicht, in welchen Gesetzen sie diese Entscheidung gefunden haben mögen) ihm den Ausspruch taten, wenn er dem Ibrahim, während er schlafe, die Adern öffnen lasse, so breche er damit die gegebene Sicherheit nicht. Und wirklich wurde der unglückliche Ibrahim im Schlafe getötet. Es ist mir ganz zum Ekel, mich unter so vielen Toten zu bewegen, zumal da ihr so vieles dieser Art erzählt habt und ich gleichfalls einiges davon berichtet habe. Ich will daher diese trübseligen Dinge voll Blutes und Jammers nunmehr verlassen, und indem ich auf das komme, was eigentlich den Gegenstand meiner Erzählung bilden soll, nur noch die Bemerkung vorausschicken, daß, wie es den Appiern angeboren war, Feinde des niedern Standes der Römer zu sein, und wie die Scipionen dazu bestimmt waren, in Afrika zu siegen, daß es, wie mir scheint, ebenso diesen englischen Königen ganz eigentümlich ist, ihre Blutsverwandten auszurotten und den Adel zu verfolgen und Geistliche niederzumetzeln und Kirchengüter zu rauben.
    Um nun auf meinen Gegenstand zu kommen, sage ich, daß Eduard, König von England, jener erbitterte Feind des Königreichs Frankreich, auch einen sehr heftigen Krieg mit den Schotten hatte und sie sehr in Not brachte, wie in den englischen Chroniken zu lesen ist. Er nahm zur Frau die Tochter des Grafen von Hennegau, von der ihm mehrere Söhne geboren wurden und unter andern der erstgeborne, der gleichfalls Eduard hieß, der Prinz von Wales, ein in Sachen des Kriegs sehr berühmter Jüngling, der nicht weit von Poitiers das französische Heer besiegte und mit den Waffen in der Hand den König Johann gefangennahm und ihn seinem Vater nach England schickte.
    Als nun der König Eduard in Krieg mit den Schotten verwickelt war, wobei Wilhelm Montacute, sein Feldhauptmann in der Grafschaft March in Schottland, Roxburg befestigte und einige schöne Unternehmungen machte, schenkte er ihm die Grafschaft Salisbury und verheiratete ihn ehrenvoll mit einer Jungfrau aus gutem Adel. Er schickte ihn darauf in Gesellschaft des Grafen von Suffolk nach Flandern, wo sie beide von den Franzosen gefangengenommen und nach Paris in den Louvre geführt wurden. In dieser Zeit belagerten die Schotten die Burg Salisbury, wobei sich die Gräfin keineswegs als junges, zartes und schüchternes Weib benahm, sondern als eine Camilla und Penthesilea bewährte: denn sie befehligte mit so großer Klugheit, Feuer und Kraft ihre Soldaten und fügte ihren Feinden so viel Schaden zu, daß sie durch die Nachricht, der König komme dem Platze zu Hilfe, sich bewegen ließen, die Belagerung aufzuheben. Der König, der schon von Warwick aufgebrochen war und gegen Salisbury vorrückte, um die Schotten zu bekämpfen und ihnen eine Schlacht zu liefern, war, als er von ihrem Wegzug hörte, schon im Begriff, den Rückweg anzutreten; als man ihm aber von den großen Belagerungsanstalten erzählte, die die Schotten an der Burg Salisbury errichtet hätten, beschloß er, hinzugehen und sie zu sehen. Als die Gräfin, welche Alix hieß, von dem Herannahen des Königs Kunde erhielt, traf sie alle erforderlichen Vorbereitungen, soweit es in so kurzer Zeit möglich war, und sobald sie hörte, der König sei in der Nähe der Burg, eilte sie ihm entgegen, nachdem sie erst alle Tore der Burg hatte öffnen lassen. Sie war das schönste und anmutigste junge Weib auf der ganzen Insel, und wie sie alle andern Frauen an Schönheit übertraf, ebenso war sie auch jeder andern an Ehrbarkeit und guten Sitten überlegen.
    Als der König sie so schön sah und so reich gekleidet, wobei der Kopfschmuck und der Aufputz ihres ganzen Leibes die angebornen Reize der Frau wunderbar erhöhten, war es ihm, als hätte er nie in seinem Leben etwas Lieblicheres und Schöneres gesehen, und er faßte alsbald Liebe für die Gräfin. Sie verbeugte sich vor ihrem König und wollte ihm ehrfurchtsvoll die Hände küssen; aber er duldete es nicht, sondern faßte sie freundlich, um nicht zu sagen liebevoll, in seine Arme und küßte sie. Alle die Barone und Herren, die mit andern Edelleuten sich im Gefolge des Königs befanden, waren über den Anblick einer so unvergleichlichen Schönheit außerordentlich erstaunt und vermeinten, kein sterbliches Weib, sondern eine göttliche Erscheinung zu sehen. Mehr als alle aber war der König selbst voll

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