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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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der größten Verwunderung und wußte die Augen nicht von ihr zu wenden, als die Frau, die auch schön und hold zu sprechen verstand, nachdem sie dem König ihre Ehrfurcht bezeugt hatte, ihm mit wohlgesetzten Worten den innigsten Dank ausdrückte für die ihr zugedachte Hilfeleistung und beifügte, die Schotten hätten, sobald sie von seinem Aufbruch von Warwick Kunde erhalten, die Belagerung aufgehoben und nicht das Herz gehabt, ihn zu erwarten.
    Und während sie sich so über die neuesten Vorfälle unterhielten, traten sie unter Jubel und Festlichkeit miteinander in die Burg. Während das Frühstück bereitet wurde, fühlte der König, der gekommen war, das Geschütz der Schotten zu sehen, sich so sehr vom Geschütz der Liebe beunruhigt und den Weg durch die Augen zum Herzen eröffnet durch das Blitzen der schönen Augen der Frau, daß er kein Mittel wußte, sich zu verteidigen; im Gegenteil, je mehr er daran dachte, um so schneller fiel eine Mauer um die andere; mit jedem Augenblick schien es, als ob er sich von diesen schönen Augen getroffen fühlte, und er war nicht imstande, seine Aufmerksamkeit anderswohin zu lenken. Er hatte sich ganz allein an ein Fenster gelehnt, an seine Liebe denkend und auf Mittel sinnend, wie er die Neigung der Schönen erwerben könne. Mittlerweile, da sie den König so allein und so nachdenklich sah, näherte sie sich ihm ehrerbietig und sagte zu ihm: »Durchlauchtigster Herr, warum seid Ihr so in Gedanken, und Eure Züge verraten solchen Trübsinn? Es ist Zeit, Euch zu erheitern und Euch der Freude und dem Jubel hinzugeben, da Ihr, ohne eine Lanze zu brechen, Eure Feinde verjagt habt, die eben dadurch, daß sie nicht wagten, Euch zu erwarten, sich für besiegt bekannt haben. Ihr solltet daher aufgeräumt sein und durch Euren heitern Anblick Eure Soldaten ermuntern und das ganze Volk, das von Eurer Miene abhängt. Wie sollen aber sie sich erheitern, wenn sie sehen, daß Ihr, ihr Haupt, verdrießlich ausseht?«
    Als der König diese holde Engelsstimme vernahm und hörte, was sie sprach, beschloß er, ihr seine Liebe zu entdecken und die Frau womöglich zur Erfüllung seiner Wünsche geneigt zu machen. Wahrlich, höchst wunderbar und eindringlich sind die Flammen der Liebe und sehr mannigfaltig, indem sie nach ihrer Verschiedenheit, wo sie sich anhängen, unterschiedliche Wirkungen hervorbringen! Da ist einer von der glühendsten Liebe entflammt, der Tag und Nacht nichts tut als klagen, weil das Feuer ihm allzu große Pein bereitet, in dessen Glut er sich elendiglich verzehrt; und wenn er gegen seine Freunde und Gefährten sich beklagt, ergießt sich ein Strom von Worten aus seinem Munde, der unaufhörlich fließt und nie vertrocknet; aber wenn er seine Geliebte sieht und sich entschließt, ihr zu sagen, wie sehr er um ihretwillen in tödlicher Pein schwebt, fürchtet er sich, wie ein Kind vor seinem Lehrmeister, und wird so stumm, daß er kein gehöriges Wort vorbringen kann, und so kann er in stiller Glut sich monate- und jahrelang verzehren. Und doch würde der, der vor den Augen der Geliebten auf diese Weise zittert und schweigt, keinen Schritt weichen vor einem, ja vor zwei gerüsteten Männern und würde vor großen Fürsten und Königen nicht nur gut, sondern mit kühner und fester Stimme seine Angelegenheiten vorbringen. Ein anderer dagegen wird in demselben Augenblicke, wo er sich verliebt, und wo er durch alle Adern das zarte, giftige, flüssige Feuer der Liebe sich verbreiten fühlt, das in ihm keinen Zoll breit undurchglüht läßt, so mutig, daß er, sooft er Gelegenheit hat, mit seiner Geliebten zu sprechen, ihr alle seine Leidenschaft in heißen Ausdrücken entdeckt, und oft ist auch schon der erste Tag seiner Liebe der erste, an dem er seine Glut offenbart. Von dieser Art war König Eduard, der, sobald die Gräfin schwieg, mit bewegter Stimme und mit tränenerfüllten Augen also zu ihr sprach: »Ach, meine teure Gräfin, weh mir! Wie weit sind meine Gedanken von dem entfernt, was Ihr Euch vielleicht einbildet!«
    Und während er dies sagte, konnte er sich nicht erwehren, ein paar Tränen über die Wangen rollen zu lassen. Dann fuhr er fort: »Es ist ein glühendes Verlangen, das mich auf das heftigste belästigt, und ich bin nicht imstande, es mir aus dem Herzen zu reißen; es ist darin entsprossen erst, seit ich hier bin, und ich weiß nicht, was ich beginnen soll.«
    Die Gräfin schwieg, als sie sich den König so gebärden sah, und wagte nichts zu sagen; ja sie

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