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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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sich so tapfer, daß er noch vier andere Schäfte in Stücke brach zu solchem Entzücken des Mädchens, daß sie wohl gerne nochmals vier Gänge gemacht hätte. Dabei merkten sie nicht, wie die Stunden flohen.
    Die Magd war indessen im Hause an die Arbeit gegangen und hatte die Tür offen gelassen. Darüber kam Gherardo zurück und trat ins Haus. Als er an der Kammer vorbeikam, wo die vom Turnier ermüdeten Liebenden sich auf eine Bank niedergelassen hatten und sich in Gesprächen ergingen, hörte er drinnen reden und rief: »Wer ist da?«
    Dies rufen und mit dem Fuß wider die Türe stoßen, daß sie aufflog, war eins. Als er Paolo bei seiner Tochter erblickte, hielt er es gleich für entschieden, daß es nicht Paolo, sondern Nicuola sei, in die er, wie bereits erwähnt, heftig verliebt war. Daher verließ ihn alsbald der Zorn, in den er geraten war, da er einen Mann bei Catella zu finden glaubte; er faßte Paolo ins Auge, und je mehr er ihn betrachtete, desto mehr überzeugte er sich, daß er Nicuola vor sich habe. Catella, die beim Erscheinen ihres Vaters fast vor Schrecken gestorben war, und Paolo, der an allen Gliedern zitterte, warteten, als sie sahen, daß der Alte sich beruhige und ohne ein Wort zu sprechen dastehe, mit gefaßterem Mute den Ausgang der Sache ab. Es ist schon bemerkt worden, daß Paolo und Nicuola, seine Schwester, sich so ähnlich sahen, daß es selbst den, der sie näher kannte, die größte Mühe kostete, das Mädchen von dem Jüngling zu unterscheiden. Nachdem also Gherardo Paolo eine Weile mit Verwunderung betrachtet und sich bedacht hatte, daß Ambrogios Sohn nicht mehr vorhanden sei, so gewann er die Überzeugung, Nicuola müsse sich als Mann verkleidet haben, und sagte zu Paolo: »Nicuola, Nicuola, wenn du nicht die wärest, die du bist, so glaube mir, sollte der Spaß dir und Catella übel bekommen.«
    Darauf wandte er sich zu der Tochter und gebot ihr, hinaufzugehen und Nicuola unten zu lassen, der er bessere Gesellschaft leisten werde als sie. Catella ging, indem sie sich Glück wünschte, bis hierher so wohlfeilen Kaufes davongekommen zu sein, da sie der Vater weder geschlagen noch gescholten habe. Aber sie konnte sich nicht zusammenreimen, aus welchem Grunde ihr Vater ihren Geliebten Nicuola nenne. Paolo andererseits fürchtete, der Alte möchte im Sinne haben, mit ihm so zu verfahren, wie er mit seiner Tochter verfahren war, und sprach bei sich selbst: »Der alte Narr da möchte wohl gern auf Holzwegen wandeln; allein es soll ihm nicht gelingen, wie er meint.«
    Als nun Catella fort war, sagte Gherardo: »Meine teure Nicuola, welche ein Kleid ist dies, das Ihr da anhabt? Wie kann dein Vater Ambrogio dir gestatten, so allein auszugehen? Gestehe mir die Wahrheit ein, was hast du hier vorgehabt? Bist du vielleicht gekommen, nachzusehen, wie ich mein Hauswesen in Ordnung halte und welche Lebensart ich führe? Erst vor ein paar Tagen sprach ich mit deinem Vater, da er eben nach Esi zurückkam, und als ich ihn bat, sich zu entscheiden, ob er mir dich zur Frau geben wolle oder nicht, sagte er, er werde darüber nächstens mit mir sprechen. Ich versichere dich, du sollst es gut bei mir haben; das ganze Haus soll unter deinen Befehlen stehen.«
    Während er ihn noch versicherte, er werde von ihm nur eine gute Behandlung erfahren, dachte Paolo bei sich selbst: »Sonderbar, das ist nun heute schon das zweitemal, daß ich mit einem andern verwechselt werde. Die Tochter dieses Alten hält mich für ihren Geliebten namens Romulo, und er meint, ich sei meine Schwester. Aber die Tochter hat sich wenigstens nicht durchaus getäuscht.«
    Gherardo wiederholte einmal über das andere: »Nicuola, du antwortest mir nichts? Sage mir, was du beschließest: so will ich für alles andere sorgen.«
    Hiermit wollte er ihn küssen; aber Paolo stieß ihn zurück und sagte zu ihm: »Wenn Ihr etwas von mir wollt, so sprecht mit meinem Vater und laßt mich gehen; denn ich weiß selbst nicht, wie ich dahergekommen bin.«
    Der Alte, der ihn noch immer für Nicuola hielt, entgegnete: »Wohlan denn, so geh! Ich werde mit deinem Vater sprechen und schon alles ins reine bringen.«
    Paolo entfernte sich und begab sich sofort in das Haus seines Vaters, wo er den Lattanzio antraf, der bereits um Nicuola angehalten, die ihm Ambrogio, der ihn als einen reichen und edeln Jüngling kannte, auch sofort zugesagt hatte. Als Paolo in das Haus trat, meinte Lattanzio bei seinem Anblick zu erstarren, und hätte Ambrogio nicht in

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