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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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kann, du habest ihr Gewalt angetan; sodann hast du wider dein ihr gegebenes Wort ihren Bruder ums Leben gebracht, der zwar allerdings den Tod verdient hat, dem du aber nichtsdestoweniger, einmal auf dem Wege der Rechtsverletzung begriffen, schuldig warst, das seiner Schwester gegebene Versprechen zu halten, nachdem sie dich bei deiner zügellosen Lüsternheit zu der Zusage auf Ehrenwort gebracht hatte, und nicht statt dessen, wie du befohlen hast, nachdem du ihre Ehre geraubt, ihn ihr tot zuzusenden, wie du getan hast. Da du nun das erste Vergehen wiedergutgemacht hast, indem ich dich veranlaßt habe, die Geschwächte zu heiraten, befehle ich zur Sühnung des zweiten, daß dir ebenfalls der Kopf abgeschlagen werde, wie du ihn ihrem Bruder abschlagen ließest.«
    Wie groß Juristes Betrübnis war, als er den Spruch des Kaisers vernommen, ist leichter sich zu denken, als ausführlich zu erzählen. Juriste wurde daher den Schergen übergeben, um am nächstfolgenden Morgen dem Urteil gemäß hingerichtet zu werden. Juriste war also ganz auf den Tod gefaßt und erwartete nichts anderes, als sich in kurzem unter den Händen des Henkers zu befinden. Unterdessen vernahm Epitia den Urteilsspruch des Kaisers, und so erbittert sie vorher auch gegen Juriste gewesen war, so trug doch ihre natürliche Herzensgüte den Sieg davon. Sie meinte, es wäre ihrer unwürdig, wenn sie zugäbe, daß Juriste, den sie einmal vom Kaiser als ihren Gatten angenommen, um ihretwillen den Tod erlitte. Sie fürchtete, man werde ihr dies eher als Rachedurst auslegen denn als Verlangen nach Gerechtigkeit. Sie wandte daher all ihr Sinnen und Trachten auf die Rettung des armen Verbrechers, begab sich zu dem Kaiser und sagte zu ihm, nachdem es ihr gestattet war zu reden, also: »Erhabenster Kaiser, die Ungerechtigkeit und der Verrat Juristes an mir trieben mich an, gegen ihn bei Eurer Majestät Recht zu suchen. Eurer großen Gerechtigkeit gemäß habt Ihr ihn wegen zweier Verbrechen auf das allergerechteste bestraft: für den betrügerischen Raub meiner Jungfräulichkeit durch den Befehl, mich zu ehelichen, für die Hinrichtung meines Bruders gegen das mir gegebene Wort durch seine Verurteilung zum Tode. Wie ich aber, bevor ich sein Weib geworden, darauf bestehen mußte, daß Eure Majestät ihn mit der Todesstrafe belege, die dieselbe gerechterweise über ihn verhängt hat, so müßte ich mich jetzt, nachdem es Euch gefallen hat, mich mit dem heiligen Bande der Ehe an Juriste zu knüpfen, für eine Pflichtvergessene, Unmenschliche, der ewigen Schande Preisgegebene halten, wenn ich in seinen Tod willigte. Unmöglich kann dies die Absicht Eurer Majestät sein, welche bei seiner Verurteilung nur meine Ehre bezweckte. Damit also, erhabenster Kaiser, die gute Absicht Eurer Majestät ihr Ziel erreiche und meine Ehre unbefleckt bleibe, bitte ich Euch demütigst und in tiefster Ehrfurcht, nicht zuzugeben, daß das Schwert der Gerechtigkeit zufolge des Urteils Eurer Majestät das Band so jämmerlich wieder auflöse, durch das dieselbe mich mit Juriste zu vereinigen geruhte; und wie das Urteil Eurer Majestät ihn zum unzweideutigen Beweis ihrer Gerechtigkeit mit dem Tode bestrafte, so möge es derselben jetzt gefallen, wie ich von neuem inbrünstiglich flehe, Eure kaiserliche Gnade an seiner Freigebung zu offenbaren; denn die Übung der Gnade, erhabenster Kaiser, ist für den, in dessen Händen die Herrschaft der Welt ruht, wie sie jetzt in den Euren würdiglich beschlossen ist, kein geringerer Ruhm als die Handhabung der Gerechtigkeit; denn wenn diese beweist, daß er die Laster haßt und mit der verdienten Strafe verfolgt, so macht ihn jene den unsterblichen Göttern ähnlich; und erlange ich diese einzige Bitte von Eurer Milde, so werde ich für die an mir demütigster Magd Eurer Majestät gewirkte Handlung der Güte ewig mit Andacht zu Gott flehen, daß er Eure Majestät auf lange glückliche Jahre erhalten möge, damit Ihr zur Wohltat der Sterblichen und zu Eurer eigenen Ehre und unsterblichem Ruhm bis in späte Zeiten Gerechtigkeit und Gnade üben möget.«
    Hiermit beschloß Epitia ihre Anrede. Maximilian war erstaunt, daß sie die von Juriste empfangene schwere Unbill schon vergessen habe und mit so vieler Wärme von ihm spreche. Solche Güte, wie er an dieser Dame erblickte, schien es ihm wohl zu verdienen, daß er ihr den aus Gnade freigebe, den er um des Rechtes willen zum Tode verurteilt hatte. Er ließ also den Juriste in eben der Stunde, in der er

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