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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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vielen Tränen und Seufzern, wie Juriste unter der Vorspiegelung, sie ehelichen und ihr ihren Bruder freigeben zu wollen, ihr Magdtum geraubt und dann ihr den Bruder tot auf einer Bahre, das Haupt zu den Füßen, ins Haus gesandt habe. Alsdann stieß sie einen so heftigen Schrei aus, und ihre Augen flossen so reichlich von Tränen über, daß der Kaiser und alle Herren in der Umgebung Seiner Majestät vor Rührung und Mitleid wie versteinert dastanden. Aber obgleich Maximilian sie sehr bedauerte und das eine Ohr den Klagen Epitias öffnete, die er, nachdem sie ihre Anrede geendigt hatte, sich erheben ließ, so hielt er doch das andere für Juriste frei und schickte die Dame zur Ruhe. Hierauf ließ er sogleich Juriste rufen und befahl dem Boten und allen Anwesenden bei Verlust seiner Gnade, dem Juriste kein Wort von dem, was vorgefallen war, zu entdecken.
    Juriste, der sich eher alles andere gedacht hätte, als daß Epitia sich an den Kaiser gewandt habe, stellte sich ganz unbefangen ein, und da ihn Seine Majestät vorließ, verneigte er sich und fragte, was er befehle.
    »Gleich«, sagte Maximilian, »gleich wirst du es erfahren.«
    Er ließ alsbald Epitia rufen. Als Juriste sah, daß sie hier sei, die er sich bewußt war tief gekränkt zu haben, erschrak er, vom Gewissen gefoltert, so heftig, daß er, von allen Lebensgeistern verlassen, am ganzen Leibe zu zittern begann. Als Maximilian dies sah, erkannte er, daß die Anklägerin nichts als die reine Wahrheit gesagt habe. Er wandte sich zu ihm und sprach mit der Strenge, die seine Grausamkeit verdient hatte: »Vernimm, was dieses Mädchen dir schuld gibt!«
    Dann befahl er Epitia, ihre Klage vorzubringen. Diese erzählte von neuem den ganzen Hergang und wandte sich zum Schlusse nochmals mit der Bitte um Genugtuung an den Kaiser. Als Juriste die Anklage vernommen, wollte er sie durch Schmeicheleien versöhnen und sprach: »Ich hätte nie geglaubt, daß Ihr, die ich so herzlich liebe, vor Seiner Majestät meine Anklägerin werden könntet.«
    Aber Maximilian duldete nicht, daß Juriste dem Mädchen schöntue, und sprach: »Es ist hier nicht der Ort, den Verliebten zu spielen; beantworte nur die Klage, die sie vorbringt!«
    Juriste mußte also diese List fahrenlassen, die ihm hätte gefährlich werden können. »Es ist wahr«, sprach er, »daß ich ihren Bruder habe enthaupten lassen, weil er eine Jungfrau entführt und geschwächt hatte; aber das habe ich getan, um die Heiligkeit der Gesetze aufrechtzuerhalten und jene Gerechtigkeit zu üben, die Eure Majestät mir so sehr eingeschärft hatte; denn ohne diese zu verletzen, konnte ich ihn nicht am Leben lassen.«
    Hier fiel ihm Epitia ins Wort: »Wenn du nun aber die Gerechtigkeit dabei vor Augen hattest, wie kam es, daß du mir doch sein Leben unter jener Bedingung zusichertest und mir mit der Vorspiegelung, mich zur Frau zu nehmen, mein Magdtum raubtest? Verdiente mein Bruder wegen seiner einen Versündigung, die Strenge der Gerechtigkeit zu schmecken, so verdienst du dies zwiefach mehr.«
    Da stand ihr Juriste verstummt gegenüber, und der Kaiser nahm zunächst das Wort:
    »Meinst du, Juriste«, sagte er, »es heiße Gerechtigkeit bewahren, wenn du ihr einen so gefährlichen Stoß beibringst, daß nicht viel zu ihrer völligen Ermordung fehlt, wenn du den größten Verrat übst gegen dieses Mädchen, wie nur je der gemeinste Verbrecher getan? Aber es soll dir nicht so leer ausgehen, das glaube mir!«
    Juriste fing nun an, um Gnade zu bitten, und Epitia ihrerseits, um Gerechtigkeit zu flehen. Maximilian erwog die Einfalt der jungen Frau und Juristes Bösartigkeit und überlegte, wie er der Ehre der Frau und der Gerechtigkeit zugleich Genüge tun könne. Er besann sich, was zu tun sei, und beschloß, Juriste solle Epitia heiraten. Sie wollte darein nicht willigen, indem sie behauptete, sie könne nicht erwarten, in der Ehe mit ihm etwas anderes als Mißhandlungen und Verrat zu erleben; aber Maximilian verlangte, daß sie sich bei seinem Beschluß beruhige.
    Epitia wurde mit Juriste vermählt, und dieser meinte nun, alle Not überstanden zu haben; aber es geschah ganz anders: denn Maximilian entließ die Frau mit der Weisung, in ihre Herberge zurückzugehen, und wandte sich dann zu dem zurückgebliebenen Juriste mit folgenden Worten: »Was du verbrochen hast, ist zweierlei, eines nicht minder schwer als das andere: erstens hast du diese Jungfrau geschändet, und zwar auf so betrügliche Weise, daß man mit Recht sagen

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