Italienische Novellen, Band 3
zugesagt, als bis er mir dies feierlich selbst bestätigte.«
»Nun denn«, sprach Selim, »weil es dir so scheint, will ich desselben Glaubens sein; du wirst aber sehen, daß wir uns beide täuschen.«
Er gestattete Lamprino hierauf, Zelimo vor ihn zu führen, den er, wie er ihm auch sagte, um Lamprinos Fürbitte willen huldreich empfing, zugleich aber ernstlich ermahnte, sich inskünftige also zu betragen, daß Lamprino seinen ihm bewiesenen Edelmut nie zu bereuen habe.
Zelimo entgegnete: »Ihr sollt mit mir zufrieden sein, mein Gebieter.«
Er hatte aber nicht so bald seinen alten Dienst wieder angetreten und es so weit gebracht, daß er glauben konnte, das Vertrauen des Königs wiedererlangt zu haben, als er ausschließlich nur mit dem Gedanken umging, wie er, zum Danke für die von Lamprino empfangene Wohltat, den König dergestalt gegen ihn aufbringen möchte, daß er ihm den Tod geben ließe. Er hielt nämlich gegenwärtig mit Gewißheit dafür, in der Gunst des Königs so hoch gestiegen zu sein, daß er, wenn es ihm gelänge, Lamprino beiseite zu schaffen, der erste am ganzen Hofe werden würde. Vielerlei verderbliche Anschläge gegen den Unschuldigen in seinem Sinne erwägend, schwankte er eine lange Weile hin und her, welchen er ausführen würde. Denn da er die große Liebe des Königs zu Lamprino wohl beachtete, so konnte er sich allerdings nicht verhehlen, daß, wenn es ihm nicht gelänge, diesem eine Schuld aufzubürden, die den König auf das äußerste gegen ihn erzürne, er sich der Früchte seiner Bosheit in seinem ganzen Leben nicht würde erfreuen dürfen. Seine böse Absicht mittlerweile in sein Innerstes verschließend, behielt er stets den äußern Schein der Dankbarkeit gegen Lamprino bei, erspähte aber deshalb nicht weniger eifrig die Gelegenheit, sein Gift wider ihn auszulassen. Und siehe da, das Schicksal, diese Zerstörerin alles menschlichen Glückes, veranstaltete, daß ihm der König selbst einen Fingerzeig gab, seinen lang gesonnenen Verrat zu verwirklichen.
Es befand sich unter Selims Frauen eine, die ursprünglich Christin gewesen, nachdem sie aber, wie Lamprino, von den Korsaren aufgebracht und dem Könige zugesendet worden war, ihren alten Glauben gegen den Mohammedanismus abgeschworen hatte. Diese war als eine der schönsten Frauen des Serails dem Könige über alles lieb und wert; und weil Selim unsäglich eifersüchtig war, sein vollstes Vertrauen aber vor allen seinen Dienern in Lamprino gesetzt hatte, so gab er dem jungen Weibe ihn zum Kämmerer und machte es ihm zur Pflicht, sie wie seinen Augapfel zu behüten. Lamprino versprach es ihm und hielt sein Versprechen um so mehr, als er in Erfahrung gebracht hatte, daß Tamulia seine Schwester war; daher lebte er mit ihr in brüderlicher Vertraulichkeit, ohne freilich die sie verbindende nahe Blutsverwandtschaft irgendeinem anderen Menschen anzuvertrauen. Der undankbare Zelimo aber, der es mit dem mißgünstigsten Auge angesehen hatte, wie Lamprino die Obhut über Tamulia zuerteilt worden war, gedachte vielleicht gerade durch dieses Mittel seine Pläne zur Reife zu bringen und fand also in seiner Betrübnis darüber selbst den Samen zu seiner höchsten Fröhlichkeit. Kaum hatte er nämlich wahrgenommen, daß Tamulia Lamprino liebevoll begegnete und eines das andere häufig beschenkte, als er sich entschloß, mittelst dieses Verhältnisses Selims Gemüt in solcher Eifersucht zu entzünden, daß diese ihn verleiten sollte, Lamprino umbringen zu lassen. Da nun der Verräter überdies auf Lamprinos Anstiften von dem Posten eines geheimen Kämmerlings zu dem eines Geheimschreibers des Königs befördert worden war, als welcher er mit dem letzteren in der äußersten Gemeinschaft stand, die nur ein Diener bei seinem Herrn erlangen konnte, so benutzte er die Gelegenheit, eines Tages, da Selim gesprächsweise Lamprinos mit großem Lobe gegen ihn gedachte, ihm zu sagen: »Ein wie seltener Fall es in der Welt ist, daß ein Herr seine Diener richtig schätzt, weil er in der Regel den Getreuesten mißtraut, während er hingegen die Ungetreuen seines Vertrauens würdigt, dessen seid Ihr jetzt selber ein lebendiger Beweis, mein Gebieter, weil Eure ungemessene Huld gegen Lamprino in der Voraussetzung fortbesteht, daß er ein Inbegriff all der Tugenden sei, deren trüglichen Anschein er gegen Euch zur Schau getragen hat, derweil er in Wahrheit der nichtswürdigste aller bübischen Knechte ist, die nur jemals die Wohltaten ihrer allzu
Weitere Kostenlose Bücher