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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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besaß, hielt ihn für wackerer als er war, und für liebenswürdiger als er schien. Er hatte eine untersetzte Statur, stolze Haltung, dunkle Hautfarbe und war so hinkend, daß die schöne Florida dem Fernando geben so viel war, als von neuem eine Venus einem Vulkan überlassen. Dies war der Bräutigam, den Horatio ausfand, nicht um seine Tochter zu versorgen, sondern um sich Vorschub zu verschaffen am kastilischen Hofe. Verwünschter Eigennutz, du verkehrter, grausamer Dämon, der die Menschen zwingt, dir selbst die eigenen Kinder zu opfern!
    Als Florida den Abschluß der Ehe erfuhr, betrübte sie sich; dennoch zeigte sie sich gegen den Vater zufrieden, und wenn sie Schmerzenstränen vergoß, so konnte man sie für Tränen der Freude nehmen. Den Tag darauf meldete sie sich krank und bat, jede öffentliche oder häusliche Feier wegen ihrer Vermählung bis zu ihrer Wiederherstellung zu verschieben. Unterdessen fertigte sie an Ottavio einen Brief ab, der folgende Gedanken enthielt: »Mein Herr, der Wille meines Vaters nötigt mich, Euch mein Wort zu brechen, meinem Genius Gewalt zu tun, nicht mehr Euch anzugehören. Er hat mich dem Markgrafen Don Fernando versprochen, einem Ritter, dem ich einen Königsthron wünsche, um mich Euch getreuer zu erweisen, indem ich Euch zuliebe eine königliche Partie ausschlage. Ich fürchte, der Zorn des Vaters wird an mir zum Mörder, sobald er unsere Liebeshändel entdeckt. Darum kommt, Herr Ottavio, aber kommt schnell, um Eure Florida zu besuchen, welche geneigt ist, mit Euch zu leben oder für Euch zu sterben. Kommt und hört meine kläglichen Nänien statt der Epithalamien und seht, wie ich froh in das Grab steige, wenn das Schicksal mir nicht erlaubt, in Euer Bett zu gelangen! Erinnert Euch zuweilen, mein Gebieter, wenn ich Euch nicht mehr sehen sollte, Eurer Schwüre und unserer wechselseitigen Neigung und seid versichert, daß bis zum Tode, wenn es dahin kommt, Euch treu bleibt Eure Florida.«
    Dieser Brief war ein Zauber, der Ottavio aus der Unterwelt, geschweige aus dem Federbette, aufgejagt hätte. Er fühlte sich plötzlich von seiner Krankheit befreit, und sobald er den Brief gelesen hatte, stand er auf, Heß sich ein Pferd satteln und machte sich auf den Weg nach Partenope, geführt von der Wut und begleitet von der Verzweiflung. Manchmal wünschte er in seinem wütenden Herzen sich lebendig, nur um sich an seinem Nebenbuhler zu rächen; dann wieder bat er mit verzweifelter Stimme den Himmel, ihn mit dem Blitze zu treffen, um nicht Florida als Opfer des Todes oder als Gemahlin Fernandos zu sehen. Aber das Geschick, das ebenso die Toren und die Verzweifelten zu bewachen pflegt, führte auch den Unglücklichen glücklich nach Partenope. Er kam in das Haus seines Vaters Odoardo, und ehe er vom Pferde stieg, sah er die schöne Florida am Fenster und grüßte sie mit einer mit Zorn vermischten Freude, da er nicht wußte, ob er seiner eigenen oder einer fremden Braut seine Achtung bezeige. Das Geschick wollte, daß er das Haus leer fand: sein Vater war kaum zuvor in häuslichen Geschäften ausgegangen; er konnte daher leicht von dem gewohnten Zimmer aus mit seiner Teuern sprechen, die ihm sogleich Zeichen unaussprechlicher Freude gab. Nachdem die ersten Begrüßungen vorüber waren, bestätigte sie ihm die große Gefahr ihres Lebens, ihre noch größere Treue und ihre allergrößte Neigung zu ihm.
    »Wenn Ihr wüßtet, Herr Ottavio«, fügte sie hinzu, »wie gern ich für Euch in den Tod gehe, so würdet Ihr mir vielleicht, ohne daß ich Euch schwöre, glauben, daß ich kein Verdienst bei Euch anspreche. Wenn aber Eure Höflichkeit mit Rücksicht auf sich selbst mir über Euch einige Gewalt einräumt, so will ich diese doch nur zu der Bitte an Euch ausdehnen, daß Ihr niemals, wenn mir ein trauriger Zufall begegnen sollte, dem Schmerz Raum gebet, Euch zu bedrücken; denn wofern überhaupt den Toten Kunde vergönnt ist von den Schicksalen der Lebenden, so glaubt mir, daß Eure Qualen immer meine Hölle sein werden.«
    Ottavio schmolz vor Wonne über so tiefempfundene Zuneigung; an der Beantwortung dieser Reden wurde er aber durch die Ankunft seines Vaters verhindert, weshalb er Abschied nahm, um ihm entgegenzueilen. Odoardo umarmte seinen Sohn mit einer Zärtlichkeit, die man nur eine väterliche zu nennen braucht, um ihr hohes Maß zu bezeichnen. Er freute sich doppelt, weil er seinen Sohn vom Fieber hergestellt sah und weil er ihn völlig geheilt glaubte von der Krankheit der

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