Italienische Novellen, Band 3
einen Verräter hielt.
Fernando befand sich in Rom, als die Versöhnung zum Abschluß kam, die übrigens ganz mit seiner Beistimmung unterhandelt wurde. Während er nun also die Vollziehung der Doppelheirat abwartete, stattete Ottavio ungehindert Bellasia seine Besuche ab und bestürmte sie fortwährend mit Bitten, um sie zu bewegen, ihn wie gewöhnlich bei Florida einzuführen. Bellasia widerstand jedoch allen Versuchungen, denn der Eigennutz machte sie standhaft, so sehr sie ein Weib war. Am Ende aber, als sie sah, daß sie mit ihrer eigenen Ausdauer die des andern nicht besiegen könne, änderte sie ihren Entschluß, sie ward gefällig und brachte von neuem ihrer Schwester Grüße, Botschaften und Briefe. Die beiden Liebenden atmeten nun auf bei diesem heitern Himmel des Schicksals, der so lange dauerte, als Fernando zögerte, nach Partenope zu kommen. Sobald er aber kam, ließ Bellasia in größter Eile Ottavio rufen und sagte zu ihm, Florida sei entschlossen, ihn dem Geschicke zum Trotz zum Gatten zu nehmen, und bitte ihn, sie in derselben Nacht nicht weit vom Klostertore zu erwarten, denn sie beabsichtige heute nacht mit ihm zu entfliehen. Der Liebende war erfreut, wie sich jeder denken kann, da er nunmehr auf dem Punkte war, glücklich die Früchte langer Mühen zu ernten. Er ging hinweg und vertraute das Geheimnis einem seiner Diener, mit dem er sich in der Nacht auf den bestimmten Posten begab. Es fügte sich, daß Fernando an dem Tage, wo er in Partenope ankam, an demselben, wo Bellasia jene Weisung hatte ergehen lassen, seine Braut nicht mehr besuchen konnte, da ihn erst häusliche Geschäfte verhinderten und am Ende noch ein Vetter abhielt, der mit aller Gewalt ihn zum Essen mitnahm und bei der Mahlzeit behielt. Spät erst verabschiedete er sich von dem Verwandten, und um sich wider die unheimlichen Begegnisse der Nacht zu verwahren, dachte er an seine eigene Sicherheit durch eine zahlreiche Schar von Bewaffneten. Sein Weg führte ihn notwendigerweise am Kloster vorüber, so daß er Ottavio unbeweglich an der Tür stehen sah und ihn erkannte, ohne von ihm erkannt zu werden. Er dachte sich gleich, das Dastehen gelte einem Liebesdiebstahl, wollte die Wahrheit erforschen und stellte sich daher an die nächste Ecke auf die Lauer. Kaum hatte er dort eine Weile stillgehalten, als er die Tür öffnen hörte. Er trat einen Schritt vor und sah Ottavio, der mit der Dame daherkam. In größter Wut riß er den Degen heraus, fiel ihn an und setzte ihm so heftig zu, daß der Unglückliche sich genötigt sah, seine Beute preiszugeben, um nicht das Leben zu verlieren. Ganz zufrieden also über den Sieg, setzte Fernando seinen Weg fort, dem Schicksal höchst dankbar, das ihn so geschickt dahin brachte, sich an seinem Nebenbuhler zu rächen, indem er ihm die ihm zugesprochene Braut noch aus den Armen raubte. Als er aber in seine Wohnung kam, die Dame an der Hand haltend, die still und traurig ihm gefolgt war, so sah er beim Licht einer Fackel, daß er einem Trugbilde die Hand drückte: denn er hatte Bellasia, nicht Florida entführt. Er staunte, war bestürzt, zürnte, fragte das Kind um die Ursache, die sie bestimmt habe zu fliehen, und erhielt zur Antwort, da sie sich von Ottavio verschmäht gesehen habe gegen den Wortlaut seiner Zusagen, habe sie durch Täuschung von ihm zu erhalten gesucht, was seine starre Hartnäckigkeit ihr verweigert; daher habe sie sich für seine Geliebte Florida ausgegeben und sei mit ihm entflohen.
»Mein Fräulein«, antwortete darauf Fernando, »rächt Euch auch Ihr an Euerm Verächter dadurch, daß Ihr ihn verachtet! Und da das Schicksal Euch mir als Beute in die Hände geführt hat, so werdet zur Räuberin an mir und fesselt mich mit dem Bande der Ehe und Gattentreue!«
Bellasia dankte ihm, und ungewiß, ob Ottavio nur noch lebe, fürchtete sie ganz ohne Bräutigam zu bleiben, nahm daher das Anerbieten an und brachte noch in selbiger Nacht die Ehe zum Abschluß, wiewohl ohne die Beistimmung ihres Vaters.
Ottavio andererseits verließ den Kampf voll Schmerz, hatte aber am ganzen Leibe keine Wunde erhalten, weshalb seine Seele doppelt durchbohrt war von Eifersucht und Scham. Welche Furien ihn diese Nacht umtrieben, zeigte sein Entschluß, aus Partenope zu fliehen, um nicht mehr den Himmel ansehen zu müssen, der ihm so grausam in seiner Liebe gewesen war.
Florida hörte auch von der Entweichung ihrer Schwester und wollte närrisch werden, denn sie hielt es für unzweifelhaft, daß sie
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