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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Auf den Fluren ihres Gebietes feiert zu jeder Zeit die Milde und hält das Entzücken seinen Triumph, in der Art, daß Himmel, Meer und Erde untereinander zu wetteifern scheinen, diese unvergleichliche Stadt für jeden zum Gegenstand der Verwunderung zu machen. Sie ist bewohnt von sehr umgänglichen Leuten, die aber schlau und abgefeimt in listigen Erfindungen sind. Sie ernährt eine zahlreiche Klasse von Rittern, wobei unter den ersten der edle Ottavio Franchi genannt ward, ausgezeichnet durch Reichtum und glänzend durch Tapferkeit und Schönheit. Er ward, als der einzige Sohn, in all der Zärtlichkeit aufgezogen, welche die Gemüter für die Lüste geneigt macht. Er hatte daher kaum das fünfzehnte Jahr vollendet, als er sich der Tyrannei Amors unterwarf.
    In der Nähe seines Hauses wohnte Florida Albinelli, eine Dame von hoher Abkunft, aber unbedeutendem Vermögen; denn ihr Vater war mehr ein Freund des Scheines als des Wesens und hatte in Eitelkeit die Reichtümer vergeudet, welche die Stütze der Titel und Würden sind. Florida, ebenso von der Natur bevorzugt wie vom Glücke benachteiligt, entwickelte solche Schönheiten, daß für sie die Beinamen »die Himmlische«, »die Göttliche« keine Übertreibungen, sondern recht eigentlich gemeinte Bezeichnungen schienen. Mit diesen Ansprüchen erwarb sie sich täglich eine so große Zahl von Verehrern, daß Penelope niemals so viele Anbeter und keine der ägyptischen Frauen so viele Liebhaber zu besitzen sich rühmte. Aber unter der ganzen Schar ihrer Diener war keiner glühender und eindringlicher als unser Ottavio. Er liebäugelte lange mit ihr als seiner Nachbarin, dann betrachtete er sie als das Paradies seiner Augen, und zuletzt erkannte er sie für eine Hölle seiner Seele, indem er sich ebenso beseligt fühlte durch ihren Anblick wie gemartert durch die Sehnsucht nach ihr. Er gab bei sich selbst seiner Liebe eine gewisse Rechtmäßigkeit durch den Anspruch der Ehe; da sich also die Sinnlichkeit nicht durch das Gewissen die Zügel kurz gehalten sah, erreichte seine Leidenschaft in kurzem einen sehr hohen Grad.
    Ottavio besuchte häufiger als gewöhnlich ein Gemach, das die Aussicht über Floridas Zimmer hatte, und wo er seinen Gedanken und seinem Kummer nachhing. Nie versäumte er die Gelegenheit, wenn er sie auf dem Balkon erscheinen sah, ihr stille Zeichen seiner Neigung zu geben, und sie bemerkte es bald zu ihrer Freude, war aber listig genug, sich zu stellen, als merke sie es nicht, damit die Sittsamkeit sie nicht nötige, sich ihm abgeneigt zu zeigen. Tausendmal war er auf dem Punkte, mit ihr zu sprechen, wagte es aber nie, da ihn die jugendliche Schüchternheit zurückhielt. Endlich, nach langem inneren Kampfe, schleuderte er ihr einen Brief zu, weil unter dem Schatten der Tinte die Scham nicht errötete. Der Brief hatte einen günstigen Erfolg, da Florida ihn mit Freundlichkeit aufnahm, mit Geschmack las und mit freundlichem Lächeln, an dem Fenster sich zeigend, darauf antwortete. Das war ein Lichtstrahl, der, wie das Sankt-Elmsfeuer, Ottavios im Meere der Leidenschaft wogendes Herz tröstete; er nahm es für ein gutes Vorzeichen und fing an, in kurzem die Beruhigung seines Strebens zu hoffen. Ganz erfreut also dankte er mit frommem Sinne seiner Göttin, die ihn so liebreich tröstete, wobei ihnen die Nachbarschaft ihrer Häuser die besten Dienste leistete, um sich verständlich zu machen. Sie war schon in Ottavios Vorzüge verliebt und fühlte eine Neigung in sich, noch ehe sie sich so herzlich geliebt wußte. Sie versäumte daher den günstigen Augenblick nicht, wo sie ihm ihre Leidenschaft enthüllen konnte, weshalb bei ihrem gegenseitigen Verkehr die Neigung beider übermäßig zunahm. Die Dame gestattete Ottavios Worten freien Lauf, welche bald alle Rücksicht ablegten und ihr um so willkommener waren, je zärtlicher sie wurden. Sie gaben sich das Versprechen der Ehe zu beiderseitiger Genugtuung: Ottavio war zufrieden, weil er eine ruhmreiche Verwandtschaft erhielt, Florida, weil sie große Vorteile an Vermögen zu erhalten hoffte.
    Sie baten daher gleichmäßig den Himmel um einen glücklichen Ausgang dieses Eheverlöbnisses, als Odoardo (so hieß Ottavios Vater) die Liebschaft seines Sohnes bemerkte, der, wie junge Leute meistens, mehr glühend als vorsichtig in seiner Liebe war. Er war darüber höchlich erzürnt, nicht weil ihm die Schwiegertochter mißfiel, sondern weil er die Verwandten fürchtete, die das Mädchen schon in der Wiege einem

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