Italienische Novellen, Band 3
Liebe, so daß er sich für den Glücklichsten unter den Lebenden hielt. Als er endlich müde, wenn auch nicht satt war, ihn zu küssen und ihn nach seiner Gesundheit und seiner Reise zu fragen, erzählte er ihm verschiedene Neuigkeiten aus der Stadt und sagte ihm auch unter anderem, er komme gerade recht, um die Festlichkeiten mitzumachen, die für Floridas Vermählung vorbereitet werden.
»Fürwahr, mein Herr«, antwortete Ottavio, »in Horatios Hause wird man vielleicht eine Leiche statt einer Hochzeit sehen können.«
Hiernach entdeckte er ihm die ganze Geschichte seiner Liebe, den Entschluß Floridas und seinen eigenen festen Willen, sie zu gewinnen, koste es auch Leben und Ehre. Der Vater war ganz betroffen über diese unerwartete Erzählung und den tollkühnen Vorsatz; dann aber brach er in heftigen Zorn aus, ging heftig, mit den Füßen stampfend, durch das Zimmer und rang die Hände.
»Geduld«, sagte er, »o Schicksal! Ich selbst habe, indem ich einen Sohn zeugte, dir das Werkzeug in die Hand gegeben, mich zu töten und zu bekümmern.«
Nach diesen Worten zog er sich in ein anderes Gemach zurück und Heß Ottavio in großer Verwirrung allein. War Odoardos Bestürzung groß, so war an jenem Abend noch viel größer Horazios Wut: denn Florida hatte durch Ottavios Nähe sich ein Herz gefaßt, während sie in seiner Abwesenheit ganz mutlos gewesen war, und ihrem Vater keck ihr zartes Vergehen gestanden. Was aber das väterliche Gemüt am meisten in Raserei brachte, das war Floridas fester Vorsatz, Fernando nicht zum Gemahl anzunehmen. Horatio hätte sie im Augenblicke durchstochen, hätte er nicht geglaubt, ihr damit noch einen Gefallen zu tun, während sie ihn mit künstlichen Tränen bat, sie lieber dem Tode als dem Spanier in die Hände zu liefern. Nach vielen Schelt- und Drohworten fiel es ihm ein, sie wie ein Kind zu schlagen; doch kam ihm wieder das Mittel zu gemein vor für einen so verzweifelten Fall, so daß er um so mehr vor Grimm zitterte, je weniger er Mittel fand, ihn zu besänftigen. Er brachte die ganze Nacht damit hin, auf Rache zu sinnen, denn Rache ist die echte Tochter der Wut und die unrechte Genugtuung einer edeln Seele.
An dem Tage, der dieser stürmischen Nacht folgte, sperrte er Florida in ein Nonnenkloster, wo auch Bellasia, ihre Schwester, lebte, um seinerzeit den Schleier zu nehmen und dem Berufe sich zu widmen, zu dem sie der Geiz und die Grausamkeit des Vaters bestimmt hatte. Sobald Ottavio die Nachricht von dieser Gefangenschaft vernahm, konnte er die Tränen nicht zurückhalten noch dem Schmerze widerstehen. Es half weder der Rat der Freunde noch die Bitten der Verwandten etwas, um ihn zu trösten, so daß sein unglücklicher Vater die feste Überzeugung gewann, er werde das Heil seines Sohnes an der Klippe der Verzweiflung Schiffbruch leiden sehen. Er verfehlte aber auch nicht ihm zuzusprechen, daß er von dieser Leidenschaft ablasse, mit Warnungen, welche lauter Salz für die Klugheit waren; aber er bemerkte bald, daß er Salz gesät hatte, denn er erntete keine Frucht. Fernando dagegen erglühte bei diesem Vorfall von Zorn, schwur Rache an Ottavio, drohte Verheerungen, prahlte mit Keckheit und begehrte Zweikämpfe. Auf diese Weise aber verpuffte die Wut, die sich in Taten hätte äußern sollen, in Worten, dem Himmel gleich, der manchmal um so heftiger donnert, je weniger er zu blitzen beabsichtigt.
Horazio hatte sich in der Tat die Hoffnungen seiner Vorteile mit dem Bande dieser Ehe befestigt, und als er mit Auflösung desselben jene entweichen sah, gedachte er sich zu rächen, indem er sich einen Meuchelmörder suchte, der Ottavio ermordete. Eine besonnenere Überlegung hielt ihn jedoch zurück und brachte ihn darauf, Verstellung anzuwenden, das gewöhnliche Netz, womit Feinde ohne Geräusch beseitigt werden. Er schützte also das Bedürfnis einer Luftveränderung vor wegen einer ihn häufig befallenden Unpäßlichkeit und verließ Partenope, jede Verhandlung vorläufig abbrechend. Unterdessen beschloß Odoardo, um nicht seinen Sohn zu verlieren, der schon in die tiefste Schwermut versunken war, mit ihm zugrunde zu gehen, indem er ihm versprach, alles anzuwenden, um ihm die Erreichung seiner Wünsche zu sichern. Bei diesen Versprechungen atmete Ottavio wieder auf von seinem Kummer; er hatte sich bald mit Bewaffneten versehen zu seinem Gefolge und begann durch die Stadt zu streifen. Der Zufall führte ihm Fernando in den Weg, der sich aber gar nicht rührte, sei es, weil
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