Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
Unfälle, die ihm sein vergangenes Leben schon geboten hatte, und sein gegenwärtiges Elend und erinnerte sich der Gesellschaft der frommen Mönche, unter welchen er erzogen und großgeworden war. Überdies stellte sich seinen Augen das ehrwürdige Bild des Abtes vor, der ihn mit so erbarmender Liebe immer den Weg des Heils geleitet hatte und bei seinem Scheiden so herzinnig über ihn betrübt gewesen war. Indem er sich solcherlei Gedanken tiefer als je ergab, nahm er von ungefähr einen Haufen von Ameisen wahr, die auf und ab auf einem engen Pfade nach ihrer Gewohnheit in langer Reihe hin- und her liefen, eifrigst bemüht, ihre kleinen Geschäfte zu besorgen. Die eine faßte ein Stück fest im Munde und schleppte eines um das andere für ihre Nahrung Erforderliche hin; die andere trug die Erde aus ihren Höhlen und häufte es dann artig zum Schutze gegen eindringendes Wasser an; eine dritte benagte mit ihren Zähnchen die Spitzen der Samenkörner, damit sie, unter der Erde verwahrt, nicht im kommenden Winter keimten; eine vierte schaffte mit großer Mühe die Leichen ihrer Gefährten hinweg, ohne daß sie trotz der großen Menge einander bei diesen Beschäftigungen beschwerlich fielen; vielmehr wenn sie einige von der übermäßigen Last niedergedrückt sahen, stemmten sie die Schultern hilfreich unter und leisteten ihnen zweckmäßige Hilfe; und damit nicht alle diese Dinge einer Art und festen Regel zu entbehren schienen, wenn die Herausgehenden den Hereinkommenden begegneten, hielten sie etwas stille und beschnüffelten sich, als wollten sie gegenseitig ihre Absichten erforschen.
    Die Betrachtung solcher Emsigkeit regte Malcos untätiges Gemüt mit einem Male auf; er fing an, seine Knechtschaft unleidlicher zu empfinden und sich nach dem alten Treiben des Klosters zurückzusehnen, dessen getreues Abbild er in diesem Ameisenhaufen zu finden meinte. Wie er nun in seine ländlichrohe Behausung zurückkehrte, trat ihm die Frau entgegen; sie bemerkte, daß er gegen seine Gewohnheit niedergeschlagen aussah, fragte ihn nach der Ursache, und er eröffnete ihr sogleich seine ganze Gesinnung. Als sie dies hörte, erbarmte sie sich über Malco; auch ihr wurde nun das harte, einsame Leben verleidet; sie tröstete ihn, so geschickt sie es zu machen wußte, ermunterte ihn dann mit vielen und eindringlichen Gründen und bat ihn, sobald ihm der Zeitpunkt geeignet scheine, mit ihr zu fliehen und sie beide dieser Erniedrigung und Gefahr zu entreißen. Nach langen Bitten ließ er sich bewegen, auf ihre Vorschläge und heißen Wünsche einzugehen. Er besann sich, und nach langem Nachdenken glaubte er den rechten Weg gefunden zu haben. Er wandte sich daher mit folgenden Worten an das Weib: »Beachte wohl, gute Frau, daß du geduldig Zeit und Gelegenheit erwarten mußt zur Ausführung unseres Vorhabens; und unterdessen, so lieb dir dein und mein Leben ist, hast du mir in dieser ganzen Sache und in allem, was ich dir jetzt sagen werde, zu vertrauen, und daß es sonst niemand hört! Ebenso mußt du unbedingt alle Furcht von dir werfen, damit du durch keine Unsicherheit oder Zweifel unsere Flucht hinderst oder zu unserem Verderben gar vereitelst.«
    Er vertraute ihr dann das Geheimnis seines Planes an und traf die nötigen Vorkehrungen. Zuerst schlachtete er in seiner Herde zwei Böcke von ungewöhnlicher Größe, zog ihnen das Fell ab, machte daraus zwei Schläuche und bereitete das Fleisch dergestalt zu, daß es ihnen auf dem langen, öden Wege zur ausreichenden Nahrung sei. Er nahm dann den günstigen Augenblick wahr, und als die Nacht einbrach, flohen sie an das Ufer des nächsten Flusses. Nach langem und beschwerlichem Wege, als sie vielleicht zehn Meilen gewandert waren, erreichten sie dasselbe. Malco blies die beiden Schläuche auf, die er mitgebracht hatte, warf sie in den Fluß, setzte sich rittlings auf einen derselben und veranlaßte die Frau, sich auf dem andern ebenso einzurichten; dann überließ er sich mit ihr der Willkür der Wellen, die sie die Strömung entlang mit fortrissen. Sie strebten mit den Füßen, so gut sie konnten, das entgegengesetzte Ufer zu erreichen, aber an einer entfernten, tiefer gelegenen Stelle, damit, wenn sie ja von ihrem Herrn, wie sie sehr befürchten mußten, verfolgt würden, er nicht auch jenseits des Flusses ihren frisch getretenen Spuren nacheilen könne.
    Während dieser unbequemen und gefahrvollen Schiffahrt büßten sie einen Teil ihrer Mundvorräte ein, und es blieb ihnen kaum so viel

Weitere Kostenlose Bücher