Italienische Novellen, Band 3
Darüber verwunderte man sich dann des andern Morgens sehr, daß der Tote an den Galgen zurückgekommen war. Die Frau aber blieb einige Tage mit dem Soldaten verborgen, traf dann durch die Magd die nötigen Vorkehrungen, floh mit ihm und setzte ihn in Besitz ihrer nicht geringen Reichtümer.
Giovanni Bottari
1689 – 1775
Der Mönch von Maronia
Zur Zeit des heiligen Hieronymus, des größten Lehrers der heiligen Kirche, lebte, wie dieser selbst erzählt, in Maronia, einem Dorfe nicht weit von Antiochia, ein braver Mann von dem Ertrage eines kleinen Landgütchens, das er selbst bestellte, und dieser hatte von seinem Weibe nur einen einzigen wohlgearteten Sohn namens Malco, weshalb denn seine Eltern ihn übermäßig lieb hatten. Da sie nun erkannten, daß er in dem passenden Alter stand, gedachten sie ihm ein Weib zu geben. Sie nahmen den Jüngling zu sich, und der Vater begann liebevoll also zu ihm zu reden: »Mein Sohn, du bist nunmehr, wie du siehst, ziemlich groß geworden und hast keine Brüder und Schwestern; wir aber stehen unserem Alter nahe, und ich selbst trete gar schon in mein siebzigstes Lebensjahr, während du im Gegenteil nun im Alter bist, wo man ein Weib nehmen darf. Wir möchten daher, daß du durchaus zum Trost unseres schwachwerdenden Alters und zur Freude für das deinige dich dazu entschlössest; darüber wirst du, und wir mit dir, glücklich sein: du kannst frei in der Gnade Gottes leben und hoffentlich Kinder bekommen, als Unterpfänder und Trost dieses elenden Lebens, und sofort dein Hauswesen ordentlich im Stande erhalten. Wenn du aber deine Heirat erst auf vorgerücktere Jahre verschöbest, so könnte es dir schon schwerer werden, wie du selbst aus vielen Gründen und Beispielen leicht erkennen kannst.« Malco hatte mit Aufmerksamkeit angehört, was der Vater zu ihm so freundlich gesprochen, und nach einigen Worten der Achtung und Ehrerbietung erwiderte er kurz und bündig, er möge solche Wünsche nicht befriedigen, denn er habe ganz und gar angelobt, der Welt zu entsagen und dem Dienste Gottes sich zu widmen. Die Eltern wurden über diese Worte schwer betrübt und stellten zu wiederholten Malen ihrem Sohne vor, wie er durch seine Beharrlichkeit in diesem Entschlüsse seinen Stamm aussterben lasse, dessen Erhaltung jedem Menschen erfreulich bleibe, er sei, wer er wolle, und wie er ihrem Besitztum einen rechtmäßigen Erben entziehe. Sie mochten ihn aber mit diesen und ähnlichen Gründen so liebreich bitten und bestürmen, wie sie wollten, – er widerstand unerschütterlich, und sie konnten keine andere Antwort aus ihm herausbringen, als, er habe sich entschlossen, nur auf das Heil seiner Seele fernerhin bedacht zu sein und sich nicht um das Irdische zu kümmern. Dabei hatte es aber noch nicht sein Bewenden; vielmehr erneuerten sich ähnliche Gespräche fast jeden Tag, und die Eltern wurden nicht müde, ihn mit Bitten zu bestürmen. Und da sie am Ende sahen, daß die Bitten nichts halfen, schritten sie zu Drohungen, so daß Malco, des fortwährenden Andringens überdrüssig, um sich dieser Pein zu entziehen und sein frommes Vorhaben um so leichter vollständig ausführen zu können, entfloh. Nach Osten konnte er nicht gehen wegen der Nähe Persiens, wo die römischen Heere wegen der großen Feindschaft und des fortwährenden hartnäckigen Krieges zwischen den beiden Völkern immer auf ihrer Hut waren; er schlich daher heimlich ganz allein nach der Wüste von Chalcis zu, erreichte nach einigen Tagen nicht ohne große Beschwerden jene Einöden und fand daselbst ein von Frömmigkeit und Mönchen erfülltes Kloster, dessen Regel er sich mit Herzensfreudigkeit unterwarf.
Als er nun Mönch geworden war, kasteite er mit Fasten und Wachen die Kraft und Frische seiner Jugend und die fleischlichen Lüste angelegentlich und verdiente sich Tag für Tag durch seiner Hände Arbeit die spärlichen Bedürfnisse seines Lebens. Als er aber nach einigen Jahren, ich weiß nicht woher, von ungefähr den Tod seines Vaters erfuhr, ergriff ihn die Sehnsucht, selbst zu seiner verlassenen Mutter zu gehen, um sie in ihrem Witwenstande zu trösten. Er hatte nebenbei die Absicht, das ihm zugefallene Landgütchen und sein übriges Erbe an sich zu ziehen, alle seine Habe zu Geld zu machen und teils den Armen des Herrn, teils dem Kloster zu schenken, teils, dachte er im stillen, in Gewahrsam zu behalten, um damit nach seinem anderweitigen Gutdünken zu tun. Er ging zu seinem Abte, um nach Pflicht und Gewissen von ihm
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