Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
ungehindert sehen und sprechen konnten wie heutzutage und jenes unnütze Blendwerk eines Bildnisses als einen Trost ansahen, der ihren Herzen nachgerade unentbehrlich geworden war.
    Da trug es sich nun eines Tages zu, daß ein in eine schöne Jungfrau seines Standes verliebter Edelmann dieser Dame seines Herzens sein wohlgetroffenes Bildnis ehestmöglich zusenden wollte und deswegen zu dem wackeren Meister kam, ihm sein Bedürfnis zu verstehen gab und über die Befriedigung desselben in wenigen Worten mit ihm einig wurde. Der Maler legte unverzüglich Hand ans Werk und widmete sich seiner Ausführung mit aller Einsicht und Kunstfertigkeit, die ihm zu Gebote standen. Er trug Sorge, daß der Edelmann eine edle, gefällige Haltung annahm und in seinem Anzuge bei der Sitzung alles Auffallende, Ungewöhnliche vermied, das auf einem Bilde immer störend einwirkt, es mag noch so malerisch ausgesonnen sein, bemühte sich durch die Wendungen, die er dem Gespräche zu geben wußte, das er mit seinem Vorbilde während der Arbeit führte, auf sein Antlitz den natürlichen Ausdruck seines Innern hervorzulocken, wie er ihm nötig war, und brachte dieses Mal, mit überaus glücklicher Hand, bald in dem Werke seiner Kunst ein Bild zustande, das nicht allein dem Edelmanne zum Sprechen ähnelte, sondern auch, wie der Künstler glaubte sich selbst eingestehen zu dürfen, durch seine tiefe Auffassung gleichwie durch seine geschmackvolle Komposition und technisch vollendete Ausführung bei weitem das gelungenste geworden war, das er jemals in seinem Leben gemalt hatte.
    Als das Bild seiner Vollendung nahe war und der Meister fast nur noch die letzte Hand daran zu legen hatte, fiel es dem Edelmanne ein, es von einigen seiner Freunde in Augenschein nehmen zu lassen, um zu hören, was sie dazu sagen würden. Nachdem er ihnen also nachrichtlich mitgeteilt hatte, daß der berühmte Künstler damit beschäftigt sei, für ihn sein Bild zu malen, führte er eines Tages ihrer fünf bis sechs in die Werkstätte desselben, vor die Staffelei.
    Wollten nun die jungen Männer zu erkennen geben, daß sie den Weg dahin nicht aus Langerweile gemacht hätten, oder wußten sie in der Tat vielleicht gerade so viel von der Malerei wie die Malerei von ihnen, – kurz, der Meister hatte ihnen das Gemälde nicht so bald zurechtgestellt, so schickte sich ein jeder von ihnen an, den Kunstrichter zu spielen und sprach seine superkluge, mehr oder minder mißfällige Meinung darüber aus. Dem einen schien der Mund ein wenig zu groß; ein anderer meinte, die Augen hätten nicht die natürliche Lebhaftigkeit des Originals, und die Nase möchte wohl etwas allzulang geraten sein. Dieser fand eine kleine Unrichtigkeit in den Augenbrauen; jener sah die notwendigen Schlagschatten für Schmutzflecken an und wünschte, daß sie hinweggetilgt würden. Und so war denn, mit einem Worte, das Ende vom Liede, daß das Bild seinem Originale auch nicht im mindesten ähnlich sei und von der jungen Dame, für die es bestimmt gewesen, ganz gewiß nicht erkannt werden würde. Dieser letztere Punkt ihrer desfallsigen Äußerungen war dem bedenklichen Edelmanne der empfindlichste und vermochte so viel über ihn, daß er, sein eignes widersprechendes Dafürhalten verleugnend, die Erklärung von sich gab, er nehme unter so bewandten Umständen das Gemälde gar nicht an.
    Wie sehr nun auch dagegen eine so vorschnelle Weigerung den Künstler kränken und erzürnen mußte, so behielt er dennoch seine ganze Fassung bei und ersuchte nur den Kavalier, ihm diese Beleidigung nicht anzutun, indem er ihm noch ein zweites Bild von ihm zu malen versprach, das alle seine und seiner Freunde Ansprüche vollkommen befriedigen solle. Der Kavalier war mit diesem Versprechen zufrieden, und der Maler ging also von neuem an seine Arbeit, die er, von der ihm vermeintlicherweise angetanen Schmach und von der Sehnsucht befeuert, die jungen altklugen Kenner, die ihn so ungerecht beurteilt hatten, durch die äußerste Entwickelung seiner Kunst zum Schweigen zu bringen, mit solcher Anstrengung und solchem Glück beendigte, daß auch die allerschärfste und eigensinnigste Kritik nicht einen Pinselstrich daran hätte tadeln dürfen. Der Edelmann war in seinem Herzen selbst hocherfreut über dieses schöne Werk der Kunst und wagte beinahe zu glauben, daß auch die vorlauteste Zunge daran keinen Stoff zum Tadel finden würde; weshalb er wieder wie das erste Mal seine Freunde abholte und mit ihnen in die Werkstätte des

Weitere Kostenlose Bücher