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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Garten hinaus und mach alles für ihn zurecht: ich bringe das Pferd in den Stall.«
    »Gelobt sei Gott!« sagte die Alte. »Kommt, Herr, ich trage Euren Mantelsack. Ein gutes Nachtmahl soll bald fertig werden.«
    »Das hätte ich eben gern, Mütterchen«, rief ihr Vico zu. »Gut zu essen und ein guter Schlaf ist das beste, was man sich nach der Reise wünscht.«
    »Laßt mich nur sorgen, Ihr sollt schon zufrieden sein«, meinte sie. Sie ließ ihn in derselben Kammer zurück, wo er ehedem schlief, und bereitete eilig von dem, was ihr in Haus und Hof zu Gebote stand, ein Abendmahl, das alle drei, nach Vicos Verlangen, miteinander aßen. Obgleich Vico aber die Alten nicht anders als »Vater« und »Mutter« anredete, und obgleich er manches tat, was er als Kind so gewohnt gewesen war, kam doch keine Ahnung von ihm in der Eltern Herz, und er freute sich schon im stillen, sie staunen zu sehen, wenn sie anderes Tages erführen, wer in ihrem Hause sei.
    Nach beendigtem Abendessen nahm Niccolà ein Licht in die Hand und führte den Fremden in seine Kammer, wo er ein Papier mit den Worten hervorzog: »Hier ist deine Rechnung, mein Sohn.«
    »Gut«, antwortete Vico, »ich bezahle sie morgen früh; auf keinen Fall reise ich bald von Euch.«
    »Was, morgen früh?« entgegnete der Alte barsch. »Ich sage dir, daß ich auf der Stelle bezahlt sein will. Ich stehe des Morgens beizeiten auf und kaufe von Lebensmitteln ein, was ich für den Tag bedarf, denn ich bin ein armer Mann, der kein Geld hat und sich behelfen muß.«
    »Recht gern«, sagte Vico freundlich, »ich möchte Euch nicht erzürnen, guter Vater, hier ist das Geld.« Bei diesen Worten zog er aus dem Felleisen einen großen Beutel, der mit Gold und Silber und Wechselbriefen angefüllt war, schüttete ihn, vielleicht von Eitelkeit verleitet, auf dem Tische aus und bezahlte den Alten freigebig, ohne einen Heller abzuziehen. »Seid Ihr nun mit mir zufrieden, Väterchen?« fragte er.
    Der Alte bedankte sich, eines solchen Zahlers froh, und bot ihm beim Weggehen eine gute Nacht.
    Wie er die Treppe hinabstieg, kamen ihm die blanken Goldstücke in den Sinn, erregten sein Wohlgefallen und am Ende den Wunsch, sie zu besitzen, der in einem Augenblicke der Verderbtheit die um sein Herz höher als je auflodernden Flammen der Begierde und der Habsucht entzündete. In sich versunken und verstört setzte er sich neben seiner Frau nieder und begann dies Gespräch : »Weißt du wohl, Ceca, daß wir heut einen reichen Gast beherbergen? Wie vieles Gold habe ich bei ihm gesehen! Guter Gott, wie viel Silber und Wechselbriefe! Wir sind so bettelarm! Oh, Welt! Der eine schwelgt, der andre darbt. Und über alle, sagen sie, wacht doch die Vorsehung.«
    »Was grämst du dich darum?« sagte die Frau. »Wir sind fürs Elend geboren, nicht weil es gerade unser Schicksal ist, sondern weil wir es in unserer Dummheit nicht anders wollen. In Gottes Namen! Er hat also recht viel Geld bei sich?«
    »Die Hülle und Fülle, sage ich dir«, murrte der Alte.
    »Hättest du nur wenigstens die Rechnung mit doppelter Kreide angesetzt«, fügte Ceca hinzu: »aber geschehen ist geschehen. Laß dir es ferner zur Regel dienen, wenn er ein paar Tage bei uns bleibt!«
    »Ich dachte eben an etwas anderes«, hub der Mann nach einer Pause an: »Frau, weißt du wohl, daß uns mit einemmal geholfen wäre, wenn wir ihm sein Geld stählen? Daß wir alsdann nicht mehr an der Straße zu lauern brauchten, bis uns das Glück einmal in den Schoß fallen will?«
    »Du sprichst schon recht so«, schmunzelte die Frau und kratzte sich den Kopf; »schliefe er nun aber gerade nicht, wenn wir ihn beraubten, oder wachte plötzlich auf? Ginge des anderen Morgens zum Richter und schlüge Lärm? Hülfe uns dann am Ende unser Leugnen etwas? Ich weiß nicht, wie wir es anfangen könnten: Was meinst du denn?«
    Der Alte erwiderte, von schmutziger Habgier immer mehr verblendet und umgarnt: »Mir steckt noch ein anderer Gedanke im Kopf, der alle Schwierigkeiten und Gefahr beseitigte. Da er gar nicht von mir wankt und weicht, so glaube ich fast, der Himmel gab ihn mir zu unserm Heile ein.«
    »Was ist es ?« sprach sie vor sich hin.
    »Nun«, brummte er kaum hörbar, »du weißt es ja.«
    »So sprich es doch nur aus«, sagte die Frau zögernd.
    Er flüsterte: »Der Bursche ist so allein angekommen, zu einer Stunde, da ihn kein Mensch kommen sah. Kein Mensch kann wissen, daß er bei uns ist. Er ist doch gleichsam da, als ob er nicht da wäre. Wenn

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