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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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lenkte er sein Pferd nach der Dechanei, stieg vor dem Pfarrhause ab und klopfte an die Tür, die ihm der Dechant selbst, das Brevier in der Hand, öffnete, aus dem er eben bei Sonnenuntergang das Complet betete. Vico hatte sich, seit er als junger Mensch von dannen ging, so sehr an Gestalt, Antlitz und Kleidung verändert, daß ihn unmöglich jemand, der ihn früher gesehen, gleich wiedererkennen konnte. Der gute Priester setzte sich also die Brille auf die Nase und musterte den Fremden von Kopf zu Füßen, indem er sprach: »Nach wem verlangt Ihr, junger Mann?«
    »Nach Euch«, erwiderte Vico, »der Ihr mich, Euren alten Bekannten, wohl nicht so leicht wieder erkennt, wie ich Euch. Um Euch nicht unnützerweise aufzuhalten, wisset, daß ich Vico, der Sohn des Niccolà da drüben, bin, Euer Pate, der vor vielen Jahren, wie Ihr Euch besinnen werdet, von Hause weggelaufen ist. Seht mich recht darauf an: Vielleicht trage ich noch eine Spur von damals an mir.«
    Der staunende Priester schenkte den Worten des Fremden, der dem Vico, wie er ihn gekannt hatte, gar nicht glich, nicht alsbaldigen Glauben und fing zu seiner Überzeugung an, ihn um viele Einzelheiten zu befragen. Vico antwortete auf alles genau und versetzte dann: »Ihr könntet, mein lieber Don Puccio, von den Beweisen, die ich Euch für meine Aussage gegeben habe, schon überzeugt sein. Desungeachtet füge ich noch einen – mir dünkt, den größten – hinzu, wofern das Kirchenbuch das unzweifelhafteste Zeugnis ablegen kann.« Er sagte ihm Jahr und Tag seiner Geburt. Der Dechant holte das besagte Buch herzu, und wie er sah, daß es Vicos Angabe bestätigte, ließ er seiner Freude freien Lauf. Er warf dem Wiedergefundenen die Arme um den Hals, küßte ihn zärtlich auf die Stirn und sprach: »Oh, sei du mir gesegnet, mein lieber Pate, daß ich dich vor meinem Tode wiedersehe! Wir haben dich bis auf diese Stunde nicht mehr in der Welt geglaubt. Wisse, dein Vater und deine Mutter leben noch, wenn sie gleich so alt, wie du mich da siehst, und hinfälliger durch Kummer und Not als durch der Jahre Last geworden sind. Sie werden vor Freuden umkommen, dich zu sehen. Komm, laß uns geschwind hingehen, sie zu trösten, damit ich ihnen der Überbringer so unverhofften Trostes bin!«
    Der geschäftige Alte zog Vico bis zur Türe mit sich fort. Da drängte ihn dieser mit den nachdenklichen Worten von sich: »Nein, laß es noch so für diesen Abend! Ich gedenke, wie ein Reisender allein in ihr Haus zu gehen und über Nacht bei ihnen zu ruhen. Erkennen sie mich wieder, so ist es gut. Sonst sage ich ihnen erst morgen früh, wer ich bin, wenn Ihr kommt und ihnen jeden Zweifel benehmen könnt. Die gemeinschaftliche Freude wird so vollständiger.«
    »Ach, gutes Kind,« entgegnete der alte Dechant, »enthalten wir ihnen die Freude nicht länger vor! Wie sollen sie dich so verändert wiedererkennen? Staun' ich dich doch selbst noch wie träumend als den Vico an! Warum willst du ihnen ihre Zufriedenheit schmälern und verschiebst sie auf den kommenden Tag? Das Gute, das wir heute zu tun imstande sind, sollen wir nicht erst morgen tun, denn es kann vieles in der Zwischenzeit geschehen.«
    »Was willst du, das geschehen soll?« versetzte Vico. »Kurz, ich bin entschlossen, so und nicht anders zu tun.« »Wenn du durchaus nicht anders willst«, sagte Don Puccio, »so sei es also und geschehe dir danach!« Er küßte ihn liebevoll, indem die Zärtlichkeit seiner Gesinnung einige Tränen seine runzlichten Wangen entlangrollen ließ, empfahl ihn unter wiederholtem Schluchzen Gott und verabschiedete ihn.
    Vico führte sein Pferd am Zügel nach dem elterlichen Hause, vor dessen Tür auf der Bank sein Vater saß. Wie er den von Alter und Elend gebeugten Mann erblickte, fühlte er sein Herz dermaßen bewegt und ergriffen, daß er beinahe vor ihm auf die Knie niederstürzte und sich ihm zu erkennen gab. Nichtsdestoweniger nahm er sich mit Gewalt zusammen und fragte den Greis: »Kann ich bei Euch ein Nachtlager haben, alter Vater?«
    Der Alte horchte ein wenig bei der Anrede auf, denn vielleicht schwebte ihm das Bild seines Sohnes vor Augen. Aber der Gedanke an ihn entschwand ihm blitzesschnell wieder. Wie hätte er auch die Wahrheit im entferntesten ahnen mögen! Er erhob sich gemächlich von seinem Sitz und erwiderte: »Du sollst es haben, mein Sohn. Ja ja, dem Alter nach könnte ich dein Vater sein. Ceca, heh, Ceca! Wo bist du? Hier ist ein Gast. Führ' ihn in das Stübchen nach dem

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