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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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können, und bis zum gegebenen Zeitpunkt verbrachten sie ihre Tage mit Spaziergängen und anderem Zeitvertreib.
    Hans Simon sah jeden Morgen seine rundliche und frische Witwe und verzehrte sich und zerfloß wie der Schnee an der Sonne, und es schien ihm ewig zu dauern, bis er sie an sich ziehen könnte. Oft sprach er dabei mit sich selbst: »O du elende Verführerin, herzlose Ketzerin, du hast mir noch nicht ein einziges Mal gerade ins Gesicht gesehen, obgleich ich mich in dich verliebte; aber die Zeit wird kommen, in der du um mich heiße Tränen weinen wirst! Laß mich nur machen! Wenn ich mal meine Hand auf dich lege, beim Leibe des Antichrist, da wirst du besser reden können!« Häufig sah er jetzt den Scheggia, dann den Pilucca und unterließ nie, sich anzuempfehlen und sie an seine Sache zu erinnern. Schließlich kam der Sonntag; und kaum daß Hans Simon zu Mittag gegessen hatte, ging er schon nach Santa Maria Novella und hörte dort die Vesper, das Abendgebet und den Schlußgesang. Im Herausgehen traf er gerade unter der Tür die beiden Kumpane, als man schon bald daran war, das Ave zu läuten. Er bot ihnen guten Abend und sagte: »Ich begann schon unruhig zu werden, ihr seid so spät gekommen!«
    »Es ist nicht spät, nein«, antwortete Pilucca, »wir haben noch eine halbe Stunde, um hinzugehen.«
    So begaben sie sich mit ihm auf kleinen Umwegen zu jenem Hause, als eben die Dämmerung herabsank. Sie klopften zweimal, worauf geöffnet wurde. Oben auf der Treppe erschien Zoroaster mit einem Leuchter in der Hand und machte ihnen Licht. Sie erstiegen die Treppe, betraten den Saal und wurden von ihm mit freundlicher Miene empfangen. Man setzte sich und plauderte und sprach über Verschiedenes, doch immer über Teufel und Geister. Schließlich wandte sich Pilucca an Zoroaster und sagte: »Dieser hier ist jener schwerverliebte Mann, von dem ich Euch sprach; er ist gekommen, um eine Probe Eurer Kunst zu sehen, und wird dann tun, was wir wünschen.«
    Darauf wandte sich Zoroaster mit weitaufgerissenen Augen gegen Hans Simon und mit einem so wilden Blick, daß dieser durch und durch erschauerte, und sagte zu ihnen: »Es sei, Glück auf denn! Ich bin gerüstet auszuführen, was er wünscht, euch zuliebe, und ich weiß nicht, ob andere außer euch mich dazu bringen würden, dies zu tun; aber ihr seid mir so befreundet, daß ich euch nichts, was man überhaupt machen kann, abschlagen könnte oder dürfte.« Er ließ sie in den Saal, sagte, er käme gleich wieder, und begab sich in eine Kammer, zog ein schneeweißes Hemd an, das bis zur Erde reichte, und gürtete sich mit einem roten Strick. Auf den Kopf stülpte er sich einen Helm mit einer Girlande von künstlichen Schlangen, die aber so kunstvoll gemacht waren, daß sie zu leben schienen; in die linke Hand nahm er ein Marmorgefäß und in die rechte einen Schwamm, der an ein Totenbein gebunden war. So aufgeputzt begab er sich in den Saal.
    Soviel Vergnügen und Spaß nun jene an diesem Aufzug hatten, so viel Angst und Furcht hatte Hans Simon, und fast reute es ihn schon, gekommen zu sein. Zoroaster legte den Schwamm und das Gefäß auf den Boden und sagte ihnen, sie sollten keine Angst haben, was auch immer sie hören und sehen würden, und sie sollten sich ja nicht weder Gottes noch der Heiligen erinnern. Dann zog er ein kleines Buch aus dem Busen und tat so, während er leise, leise murmelte, als ob er hohe und tiefsinnige Sachen lese; er kniete nieder, küßte jetzt die Erde, betrachtete dann mehrere Male den Himmel und trieb eine Viertelstunde lang den sonderbarsten Hokuspokus. Als ihm das genug schien, öffnete er das Gefäß, das voll von roter Tinte war, tauchte den Schwamm darein und rief mit etwas erhobener Stimme: »Durch dieses Drachenblut entstehe Plutos Kreis!« Dann machte er einen großen Bogen, der zwei Drittel des Saales umschloß, kniete darin in der Mitte nieder, küßte dreimal die Erde und sprach zu ihnen, sie möchten sagen, welche Probe sie wollten.
    Darauf wandte sich Pilucca an Hans Simon, der wie Espenlaub zitterte, und fragte ihn, welche Probe er am liebsten sehen möchte. Hans Simon sagte, indem er sich an Scheggia wandte, er möchte sich mit dem Pilucca ein wenig darum kümmern. Da sie ihm eine ganze Menge vorgeschlagen hatten, aber ihm nichts gefiel, weil das eine zu kurz und das andere zu lange dauerte, dieses gefährlich war und jenes gegen den Glauben verstieß, so wußte er sich nicht mehr zu helfen, als Zoroaster fast lachend zu ihm

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