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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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der Weise, wie ihr von ihm gehört habt, daselbst so lange gefangenhielt, bis ich ihn endlich eines Morgens in der Dämmerung im Walde von Vernia wieder in Freiheit setzte. Ich steckte einen Kobold in eine aus Luft geschaffene, ihm ähnliche Gestalt, ließ ihn darin als Meister Manente scheinbar an der Pest erkranken und am Ende sterben und veranlaßte seine Beerdigung, woraus denn alles übrige entstanden ist, wie ihr wißt. Und dieses alles habe ich vollbracht, um durch solche Verhöhnung an Meister Manente eine Beleidigung zu rächen, die mir dereinst im Kirchsprengel von Sankt Stephan sein Vater antat, dem ich sie selbst nicht wieder vergelten konnte, weil er jederzeit ein Amulett bei sich trug, auf dem das Gebet des heiligen Cyprianus geschrieben stand. Und damit ihr euch von der Wahrhaftigkeit dieser meiner Worte überzeugt, so geht jetzt hin und öffnet die Gruft, worin der vorgebliche Arzt bestattet wurde: Findet ihr darin nicht die offenbarste Bestätigung meiner Aussagen, so mögt ihr mich für einen Lügner und Betrüger halten und mir den Kopf abschlagen!«
    Der Vikar und alle andern hatten mit gespannter Aufmerksamkeit den Reden des Mannes zugehört. Meister Manente glühte vor Grimm, schaute ihn aber doch ganz ängstlich und wie trunken und schlafbetäubt an, und alles Volk gaffte ihn mit offenem Munde an. Um nun diese Sache völlig aufzuklären und zu sehen, wie es mit dieser verwickelten Geschichte sich verhalte, befahl der Vikar zweien Mönchen von San Marco und zweien vom Heiligen Kreuz, schnell hinzugehen und die geweihte Grabstätte zu untersuchen. Sie setzten sich sogleich in Bewegung, und viele andere Mönche und Priester und Laien in großer Zahl liefen hinter ihnen her. Nepo blieb in der Kirche bei dem Vikar und Meister Manente zurück, welche sich bald vor ihm fürchteten, so daß sie nicht wagten, ihm fest ins Gesicht zu sehen, denn sie befürchteten, wie überhaupt die Mehrzahl der Anwesenden, es sei ein zweiter Simon Magus oder ein neuer Malagigi. Indessen waren die Mönche mit ihrem Gefolge auf dem Kirchhofe von Santa Maria Novella angelangt und hatten den Sakristan herbeigerufen und sich von ihm das Grabmal zeigen lassen, worin man glaubte, daß der Leichnam des Arztes beigesetzt worden sei.
    Am nämlichen Morgen eine Stunde vor Tag hatte Monaco im Auftrag des Erlauchten eine pechschwarze Taube, die ganz ausgezeichnet rasch flog, von Careggi gebracht. Sie wußte ihren Schlag so gut wiederzufinden, daß sie schon von Arezzo und von Pisa zurückgekommen war. Diese hatte er mit großer Vorsicht, daß er von niemand bemerkt werde, in das Grab verschlossen, das er genau kannte und nachher wieder so gut zumachte, daß es in zehn Jahren nicht geöffnet worden zu sein schien. Der obengenannte Sakristan setzte nun den Haken an, hob die Platte auf und öffnete in Gegenwart vieler hundert Menschen den Deckel. Da schoß nun die Taube, welche man Kohle hieß, nachdem sie mehrere Stunden im Dunkel zugebracht, nichts aufgepickt und das Tageslicht nicht erblickt hatte, in pfeilschnellem Fluge aufwärts aus der Gruft hervor und stieg sichtlich himmelan und so hoch, bis sie Careggi erblickte. Dann wandte sie sich seitwärts in dieser Richtung hin und langte in weniger als einer halben Viertelstunde daselbst an. Alle Umstehenden waren darüber so sehr mit Verwunderung und Schrecken erfüllt, daß sie auf und davon liefen und schrien: »Jesus, erbarme dich!«
    Der Sakristan fiel aus Angst rücklings zu Boden, und der Stein stülpte über ihn hin, so daß er sich den Schenkel zerquetschte und viele Tage und Wochen krank daran niederlag. Die Mönche und ein großer Teil des Volkes liefen wieder nach Santa Maria Maggiore und riefen: »Ein Wunder, ein Wunder!«
    Der eine sagte, es sei ein Geist herausgefahren in Form eines Eichhörnchens, es habe aber Flügel gehabt; der andere, es sei eine Schlange gewesen, welche Feuer gespieen; ein dritter wollte, es sei ein Teufel gewesen in Gestalt einer Fledermaus; die meisten aber behaupteten, den Anblick eines Teufelchens gehabt zu haben; ja, einer sagte, er habe ganz genau die Hörnchen und die Gänsefüße wahrgenommen. In Santa Maria Maggiore, wo der Vikar und Meister Manente und eine ungeheure Menge Volks wartete, kam nun fast in vollem Laufe eine Schar Geistliche und Laien an, die alle einstimmig riefen: »Ein Wunder, ein Wunder!«
    Alles stieß und drängte sich um sie herum, um das Wahre an der Sache zu vernehmen, und so benützte Nepo den entstandenen Tumult, um

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