Italienische Novellen, Band 3
sich unbemerkt und von Monaco und den Stallknechten gedeckt einen Weg durch das Gedränge bis vor die Kirche zu bahnen, wo ein rascher Gaul seiner wartete, auf dem er, wie ihm befohlen war, eiligst nach Hause zurückritt.
Sobald sich der Vikar von den Brüdern den Hergang hatte ausführlich erzählen lassen, blickte er staunend und etwas bestürzt umher, ob er des Nepo nicht ansichtig würde; und als er ihn nicht mehr erblickte, begann er dann zu rufen, man solle ihn suchen und festnehmen, weil er diesen wahrhaftigen Hexenmeister, Zauberer und Teufelsbanner verbrennen zu lassen beabsichtige. Nepo ward indessen nirgends aufgefunden, und man glaubte allgemein, er habe sich durch Zauberkünste unsichtbar gemacht; so daß der Vikar aus diesem Grunde Priester und Mönche insgesamt mit dem Bedeuten entließ, ihre Reliquien wieder nach Hause zu tragen, und in Gesellschaft Meister Manentes nach dem Palaste ging, um den Erlauchten zu sprechen.
Burchiello hatte mit einigen vertrauten Freunden aus einiger Entfernung alles mitangesehen und beobachtet und so gelacht, daß ihn die Kinnladen schmerzten, zumals als der dicke Pfaffe den Meister Manente so gewaltig durchprügelte. Die beiden verbündeten Goldarbeiter waren zu ihrem großen Mißbehagen und Erstaunen ebenfalls bei dem ganzen Hergang gegenwärtig gewesen, und als sie den Vikar nach dem Palaste gehen sahen, machten sie sich hinter ihm drein auch dahin auf den Weg, um zu sehen, wie doch aus diesem Labyrinthe hervorzukommen möglich werden möchte. Der Erlauchte hatte von Zeit zu Zeit genau über alles einzelne Bericht erhalten und konnte mit einigen Edelleuten und seinen nächsten Freunden nicht satt werden, zu lachen, als er hörte, der Vikar komme mit ihm zu reden. Dieser trat sogleich mit dem Ausrufe herein, er nehme den Beistand der Häscher in Anspruch, um den Nepo von Galatrona einfangen zu lassen. Lorenzo stellte sich befremdet, ließ sich alles noch einmal erzählen und sprach: »Mein Herr Vikar, ich bitte, schreiten wir nur sacht voran in allem, was den Nepo betrifft! Aber was sagt Ihr zu Meister Manente?«
»Ich sage«, antwortete der Vikar, »es unterliegt gar keinem Zweifel mehr, daß er es leibhaftig ist und niemals den Tod geschmeckt hat.«
»Nun denn«, sprach der Erlauchte, »so will ich das Urteil fällen, damit diese armen Menschen endlich einmal aus ihrer Bedrängnis erlöst werden.«
Er ließ Niccolajo und Michelagnolo, die er in der Menge bemerkt hatte, vor sich führen, vermochte sie in Gegenwart des Vikars und vieler ausgezeichneter und bedeutender Männer, den Meister Manente zu umarmen und zu küssen und Frieden mit ihm zu schließen. Als sie sich nun gegenseitig entschuldigten und den ganzen Handel Nepo in die Schuhe schoben, tat endlich der Erlauchte folgenden Spruch: »Michelangolo solle am folgenden Tage alle Sachen, die er in Meister Manentes Haus gebracht, daraus fortschaffen, Brigida dagegen nur mit vier Hemden, einem Rocke und einem Mieder sich in die Wohnung ihres Bruders begeben und dort ihr Wochenbett abwarten; nach ihrer Niederkunft solle es Michelagnolo überlassen bleiben, ob er das Kind nehmen wolle oder nicht; wolle er es nicht, so könne es der Arzt zu sich nehmen; verschmähe es auch dieser, so möge man es in das Findelhaus geben; die Kosten des Wochenbettes trage Michelangolo; Meister Manente könne in sein Haus zu seinem Söhnlein zurückkehren und müsse Brigida, sobald sie entbunden sei, wieder bei sich aufnehmen und so gut behandeln wie zuvor.«
Dieser Urteilsspruch gefiel allgemein, und jeder, dem er zu Ohren kam, pries darob den Erlauchten. Die Goldarbeiter und der Arzt dankten ihm höchlich und gingen wohlgemut von dannen. An demselben Abend speisten sie einträchtiglich miteinander bei Brigida in Gesellschaft Burchiellos, in dessen Hause sodann der Arzt die Nacht zubrachte.
Der Herr Vikar war bei dem Erlauchten zurückgeblieben und drang von neuem darauf, den Nepo einzufangen, um ihn verbrennen zu lassen. Lorenzo stellte ihm aber vor, es würde besser sein, sich ruhig zu verhalten, weil, wenn man auch den Versuch mache, es doch vielleicht nicht gelinge bei einem Manne, dem tausend Mittel und Wege zu Gebote stehen, zu entfliehen und seine Verfolger zu narren, indem er sich unsichtbar mache, als Vogel davonfliege, zur Schlange werde und dergleichen, da einmal unser Herrgott jenem Hause von Galatrona diese Gewalt zu einem von Menschen nicht gekannten Zwecke verliehen habe; dann laufe man aber auch die größte
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