Italienische Novellen, Band 3
und den Goldschmieden wie Meister Manente schien es eine Ewigkeit, bis sie aus der Sache loskämen.
Lorenzo hatte unterdessen den alten Nepo von Galatrona, einen berühmten Hexenmeister und Zauberer jener Zeit, nach Florenz kommen lassen, unterrichtete ihn von dem, was er zu tun habe, und behielt ihn im Palaste, um sich seiner bei schicklicher Zeit und Gelegenheit zu bedienen.
Von Stadt und Land war in Santa Maria Maggiore eine ganz erstaunliche Menge von Reliquien zusammengebracht worden. Am festgesetzten Tage erschien Meister Manente; man erwartete nur noch den Vikar, der auch nach der Vesper, begleitet von vielleicht dreißig der angesehensten Geistlichen von Florenz, erschien, mitten in der Kirche auf dem für ihn zubereiteten Sitze Platz nahm, Meister Manente vortreten und niederknien ließ. Zwei Mönche von San Marco sangen über ihm Evangelien, Psalmen, Hymnen, Gebete, besprengten ihn mit Weihwasser, beräucherten ihn mit Weihrauch. Priester und Mönche ließen ihn ihre Reliquien berühren, aber alles war umsonst: der Arzt veränderte sich nicht im mindesten, sondern bewies vielmehr allen seine Ehrfurcht, dankte Gott und flehte den Vikar um seine Erlösung an.
Die Kirche war voll und gedrängt in allen Ecken, denn alle erwarteten Wunderdinge, als ein feister Mönch, von Valombrosa kommend, jung, rüstig und ein erklärter Teufelsbanner, sich vordrängte und rief: »Laßt mich ein wenig schaffen! Ich will euch bald sagen, ob er besessen ist oder nicht!«
Er band ihm die Hände fest, hängte ihm nochmals Sankt Philipps Mäntelchen um die Schultern und fing an ihn zu befragen und zu beschwören. Der Arzt antwortete zwar immerfort ganz so, wie sich's gehörte; da indessen bei dieser Beschwörung der Bruder Dinge sagte, welche Steine hätten zum Lachen bringen müssen, so wollte Meister Manentes Unglück, daß er den Mund zu einem halben Lächeln verzog. Da brach urplötzlich der Mönch gegen ihn los: »Jetzt hab' ich ihn!«
Er gab ihm zwei Maulschellen aus dem Salz und rief: »Ja, ja, du bist ein Feind Gottes, und du sollst mir auf alle Weise weichen.«
Schien auch dem Meister Manente der Spaß hier ein wenig zu weit zu gehen, so sprach er doch seinerseits gefaßt: »Beschwöre du, so viel du willst!«
Der dicke Mönch aber stieß ihm unablässig mit der Faust auf die Brust und in die Seiten und schrie fortwährend: »Ei du böser Geist, dir zum Trotze sollst du heraus!« Der Arzt konnte sich bloß mit der Zunge wehren und schrie daher: »Wie, du verräterischer Pfaffe, ist das eine Art, mit ehrlichen Leuten umzugehen? Schämst du dich nicht, du Faulenzer, du Saufaus, meinesgleichen so zu schlagen? Beim Leib des Herrn, ich räche mich noch dafür!«
Als der Mönch ihn so lästern hörte, machte er sich erst recht über ihn her, warf ihn zu Boden, setzte ihm die Füße auf den Leib, packte ihn an der Kehle und würde ihn sicherlich erwürgt haben, hätte ihn Meister Manente nicht um Gottes Barmherzigkeit willen gebeten. Darauf ließ denn der Herr Bruder von ihm ab, weil er glaubte, der böse Geist wolle heraus, und fing an, ihn zu fragen: »Welches Zeichen gibst du mir?«
Jetzt gab Monaco, der auf Anordnung des Erlauchten mit Nepo in die Kirche gekommen war und sich unter das Volk gemischt hatte, diesem zu verstehen, der rechte Augenblick sei da. Da schrie Nepo plötzlich mit lauter Stimme: »Aus dem Weg, aus dem Weg, ihr ehrlichen Leute, laßt mich hindurch! Ich komme mit dem Vikar zu reden und ihm die Wahrheit zu enthüllen.«
Bei diesem Geschrei und solchen Reden richtete jeder seinen Blick auf den Sprechenden: es war eine große Gestalt, schön, schlank, mit olivenfarbiger, fast brauner Hautfarbe, kahlem Kopf, feinem magern Gesicht, braunem und bis auf die Brust herabhängendem Barte, und groben seltsamen Kleidern, so daß alle in Verwunderung gerieten und aus Angst ihm gerne Bahn machten; so drang er bis zum Vikar vor und forderte die Entfernung des Mönches von Meister Manente, der ihn als seinen Erwecker vom Tode betrachtete. Dann fuhr er also fort: Damit nach Gottes Willen die Wahrheit allen kund werde, so wißt, daß Meister Manente allerdings niemals gestorben ist, sondern daß alles, was ihm begegnet ist, durch Zauberei und Teufelskünste auf mein Anstiften geschah. Ich bin Nepo von Galatrona und kann durch meine Teufelskünste alles vollbringen, was mir gefällt und gutdünkt. Ich war es, der ihn, während er in San Martino schlief, von Teufeln in ein Zauberschloß bringen ließ und genau in
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