Italienische Novellen, Band 3
diesen Halunken in Stücke! Gott soll mich bewahren, aber er verdient den Galgen, an den Ihr ihn bringen müßt, wenn Ihr ihn nicht einholt!«
Ganz bekümmert kam der Mann ins Haus zurück und fragte die Frau, ob sie verletzt wäre; und als sie es verneinte, fuhr er fort: »Dann ist es nicht so schlimm, wenn du nur gesund bist. Aber was denkst du, liebe Frau, von diesem Schuft?«
»Was ich von ihm denke?« erwiderte sie, »alles Schlechte, was man von einem solchen Verbrecher nur denken kann. Die Männer dürften ihre Frauen in einsam gelegenen Gegenden auf dem Lande nicht allein lassen; wenn das solche Schufte wissen, fassen sie Mut, da wir Frauen ja von Natur furchtsam und schwach sind, und trachten uns nach dem Leben. Was würde aus mir geworden sein, oder vielmehr, besser gesagt, was würde aus uns beiden geworden sein, wenn das Schnarchen dieses hinterlistigen Schurken uns nicht auf ihn aufmerksam gemacht hätte? Ich bin fest überzeugt, wenn wir zu unserem Unglück eingeschlafen wären, hätte er uns beide getötet. Aber der Herrgott, der die Unschuldigen beschützt, hat uns hier helfen wollen, da er selbst zu unserer Rettung sich verraten hat.«
Ihr Mann glaubte, daß die Sache sich genau so verhielt (und wer hätte es nicht geglaubt?), und fragte: »Wo konnte er bloß versteckt sein?«
»Ich weiß es nicht«, gab sie zur Antwort, »wir wollen Licht anzünden und sehen, ob wir vielleicht die Stelle finden können, wo er sich verborgen hatte.« Bei diesen Worten machten sie Licht und erblickten die Kiste offen; da rief die Frau sofort: »Hier steckte dieser Halunke, lieber Mann! Seht doch, was für ein ruchloser Mensch!« Dann guckte sie hinein und fand die Axt, die sie hineingeworfen hatte, nahm sie in die Hand und sagte: »Ich Unglückliche! Seht Ihr, daß dieser hinterlistige Schurke den Plan gefaßt hatte, mich aus der Welt zu räumen?« Und als sie danach auch noch den Sack darin fand, fuhr sie fort: »Seht, ob er die Absicht hatte, all unser Hab und Gut wegzunehmen? Ich will«, fuhr sie fort, »daß Ihr morgen bei Tagesanbruch mit diesen Indizien zum Podestà geht, damit er die Strafe bekommt, die er verdient!«
Als er versprochen hatte, dies zu tun, schlössen sie die Türen und gingen schlafen; und am Morgen standen sie frühzeitig auf, und der Mann ging nach Rimini zum Podestà und reichte seine Klage ein.
Der Bauer, der sich im Gebüsch hinter dem Hause versteckt hatte, hatte alles, was sie miteinander sprachen, vollständig mit angehört, und als am Morgen der Mann weggegangen war, ging er sogleich in größter Heimlichkeit zu der Frau und beklagte sich bei ihr, daß sie ihn in solche Gefahr gebracht habe.
Sie antwortete: »Du hast wahrhaftig verdient, in Stücke geschnitten zu werden. Was wäre das für ein Mensch gewesen, der in ähnlicher Lage eingeschlafen und nicht entflohen wäre, obwohl ich dir doch so günstige Gelegenheit dazu gegeben hatte? Aber danke Gott und dem Einfall, der mir in so großer Not gekommen ist, und daß ich meinen Mann nicht zu der Kiste geführt habe, damit er dich dumme Schlafmütze umbrächte. Denn es war sehr gefährlich, dabei zu schlafen. Aber die Sache ist bis jetzt recht gut abgelaufen. Du mußt aber, in deinem und meinem Interesse, von hier fortziehen; und damit du zufrieden und ohne Schaden fortziehen kannst, nimm hier diese Goldgulden und geh nach der Lunigiana, wo du herstammst!«
Als der Bauer sah, daß man ihm so viel Geld gab, war er sehr zufrieden, kehrte noch einmal zurück, um mit der Frau das Liebesspiel zu treiben und sich von ihr zu verabschieden; dann ging er seines Weges.
Der Mann, der ihn als einen Verbrecher hatte verbannen lassen, lebte weiter mit seiner Frau, die er für nicht weniger ehrbar hielt, als er sie früher gehalten hatte, bevor sie mit einem so gemeinen Ehebrecher sich einließ.
Giovanni Battista Giraldi
Glück im Unglück
In Venedig lebte vorzeiten ein tapferer und mutvoller Mann, namens Pisti, der durchaus nicht leiden mochte, daß man ihn oder etwa gar seine Ehre beleidigte. Derselbe hatte ein junges Weib, das Eugenia hieß, und das er ebenso über alles liebte, wie es ihm getreu und ergeben war. In diese verliebte sich ein überaus reicher Kaufmann aus Rimini, der mit großen Geschenken ihre Gunst zu gewinnen suchte. Sie benahm ihm ihrerseits zwar alle und jede Hoffnung auf einen guten Erfolg; aber er ließ sich desungeachtet nicht von seinem Unternehmen abschrecken und machte also die junge Frau sehr traurig, die nicht
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