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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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anders glaubte, als er müsse ihre Ehre dadurch benachteiligen. Ihr Gatte nahm wahr, daß die zuvor so Heitere und Vergnügte sich besonders in seiner Gegenwart niedergeschlagen zeigte, und verlangte den Grund ihres Trübsinns zu erfahren. Sie kannte aber die Stärke seiner Leidenschaft zu ihr gut genug, um zu wissen, er werde nicht dulden, daß einanderer einen unrechten Blick zu ihr zu erheben, geschweige denn gar sie zu lieben wage, und hatte nicht den Mut, ihm die Wahrheit einzugestehen, weil sie fürchtete, es könne daraus irgendein Unheil erwachsen, sondern gab ihm vielmehr, um ihn zu beruhigen, andere, erdichtete Gründe ihrer Verstimmung an. Mit diesen Gründen begnügte sich indessen Pisti nicht. Er sah recht wohl ein, daß es leere Ausflüchte waren, und nachdem er sie also noch einige Male liebevoll gebeten, offener gegen ihn zu sein, wandte er sich am Ende, da er fand, daß alles vergeblich blieb, mit gestrenger Miene zu ihr und sagte: »Entweder du gestehst mir nun freiwillig ein, was es mit deinem Trübsinne für eine Bewandtnis hat, oder du wirst mich zwingen, andere Mittel anzuwenden, um das Wahre an der Sache von dir zu erfahren.«
    Eugenia sah den Zorn ihres Gatten vor Augen. Und da sie nicht Lust hatte, seine weiteren Maßregeln abzuwarten, so erwiderte sie: »Wenn ich dir bisher auf deine Fragen nicht geradeheraus antwortete, so hatte ich meinen guten Grund dazu. Da du denn aber einmal keine weitere Rücksicht nehmen willst, so mag ich nicht zugeben, daß eines andern Schuld mir unverdienterweise deinen Zorn zuziehe, und bitte dich nur, um deiner Liebe zu mir willen, dich genugsam zu mäßigen, uns infolge meiner jetzigen Mitteilung nicht Unglück und Verdruß zu bereiten.« Nach diesen Worten erzählte sie ihrem Gatten, wie lästig ihr der Kaufmann schon seit langer Zeit mit seinen Bewerbungen gefallen sei, und wie lästig er ihr noch falle, obwohl sie ihn entschieden abgewiesen habe, und fügte hinzu, sie sei eben deshalb zwiefach betrübt, erstens, weil sie sehe, daß er durch seine Nachstellungen wohl gar ihren guten Ruf gefährde, und zweitens, weil sie sich vor denselben allerdings nicht anders mehr zu schützen wisse, als indem sie ihm, als ihrem Gatten, sich anvertraue, von dessen Jähzorn sie doch wieder alles zu befürchten habe. Pisti hatte Eugenia ruhig angehört und sagte: »Ich bin mir deiner Liebe und Treue wohl bewußt, und du brauchst um der Torheit jenes Mannes willen nicht betrübt zu sein; laß ihn nur anfangen und sich abmühen, was und wie er will, – du bist und bleibst mir so teuer wie zuvor.«
    Darauf ging er zwar ohne allen Anschein von Zorn von seiner Frau hinweg; nichtsdestoweniger aber sah sie, die die Gemütsart ihres Mannes kannte, unter Angst und Bangen kommen, was da wirklich kam.
    Pisti nämlich sagte zu dem Rimineser, den er auf dem Rialto traf, er möge davon abstehen, seine Gattin zu belästigen, sonst werde er ihn lehren, daß man der ehrbaren Frau eines anderen nichts Unehrbares ungestraft zumute.
    Der Riminese, der der Meinung war, um seiner großen Reichtümer willen müsse ihn jedermann fürchten und scheuen, erwiderte: es stehe ihm frei, zu tun, was er wolle; Pisti habe ihm keine Gesetze vorzuschreiben und dürfe nicht glauben, daß seine Frau etwas Besseres sei als andere; denn wenn Eugenia sonst ihm ihre Gunst zuwenden wolle, müsse er sich in Geduld darein fügen mit dem Bedenken, daß er weder der erste noch der letzte Hahnrei auf Erden sei.
    Solcherlei Reden war Pisti außerstande zu ertragen, und er sagte, außer sich vor Zorn: »Ebensowenig sollst du fernerhin mein Weib beleidigen, als ich mir von dir Hörner aufsetzen zu lassen gesonnen bin!« –, indem er zu gleicher Zeit Hand an sein Messer legte und den Kaufmann mit zwei Stichen tötete. Kaum sah er denselben aber vor sich am Boden liegen, als er sich auch auf die Beine machte und Straße auf und ab so lange von Ort zu Ort rannte, bis er unerkannt an einen vom Rialto entfernten Kanal gelangte. Daselbst bestieg er eine der kleinen Barken, die Gondeln genannt werden, ließ sich nach Lizzafusina fahren und begab sich von dannen, sobald es ihm möglich wurde, über Rovigo nach Ferrara, ohne daß er weder seiner Frau noch seinen Kindern vorher hätte Lebewohl sagen können.
    Als Eugenia von dem Geschehenen Kunde erhielt, fühlte sie sich das betrübteste Weib auf Erden; die Herren von Venedig aber, die nicht nur verlangen, daß in ihrer Stadt allerwärts Ordnung und Sicherheit herrsche, sondern

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