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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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einzusehen, daß mein Andenken bei Euch ebenso lebt, wie das Eurige in mir lebt und immer dauern wird, solange ich selbst lebe.«
    Mit einem schweren Seufzer antwortete ihm Dafne: »Delio, du kannst aus freiem Willen erkennen, wie sehr es mich schmerzen muß, daß es zwischen uns zu einem solchen Gespräche kommen mußte. Da mich aber unser hartes und ungerechtes Geschick weder die Deinige sein noch dich besitzen läßt, so werde ich zwar zeitlebens elend bleiben; da aber die Pflicht der Keuschheit mich nötigt, dem anzugehören, der mir aufgezwungen worden, beschwöre ich dich bei aller Liebe, die ich immer für dich hegen werde, und bei dem Eifer für meine Ehre, den ich bei all deiner Liebe zu mir immer in dir wahrgenommen habe, daß es dir gefallen möge, weder meinem Gatten noch einem andern Menschen Veranlassung zum Argwohn zu geben: denn du würdest nur meinen Ruf beflecken und Zeit und Mühe vergeuden. Ich werde dich immerdar heben, aber fernerhin dir mit anderem Verlangen und für ein anderes Ziel als zuvor zugetan sein; denn damals liebte ich dich, weil ich dich zum Manne bekommen konnte; von nun an will ich dich lieben, als wärest du mein Bruder. Laß uns der Notwendigkeit uns fügen, Delio, und nichts anderes wollen und wünschen, als was mit meiner Ehre sich verträgt!«
    Delio lobte Dafnes ehrbare Vorsätze, dankte ihr für ihre Zuneigung, und so endete ihre Unterredung. Die junge Frau lebte noch einige Monate mit ihrem Gatten, der sie viel schlechter behandelte, als er bei ihrer Güte und Sanftmut hätte verantworten können, ließ aber dessenungeachtet keinen Gedanken in sich aufkommen, der der Sittsamkeit zuwider gewesen wäre.
    Um diese Zeit suchte eine schwere, grausame Pest nicht nur die Stadt Ferrara, sondern ganz Italien heim, und es erfolgte aus ihr an allen Orten unter den Menschen eine so große Sterblichkeit, daß es ein Graus und Entsetzen war, in den von Kranken und unseligen Leichen ganz überfüllten Städten zu sein. Auch Messer Christofanos Haus blieb damals von der verderblichen Seuche nicht unverschont, und obgleich er sich auf das Land begab und alle Vorkehrungen und Arzneien anwandte zur Heilung der Kranken und Bewahrung der Gesunden, vermochte er doch weder sich noch seine Frau noch alle seine Kinder vom Tode zu erretten. Auch Delio wurde von der Krankheit ergriffen, aber kam durch Gottes Gnade glücklich davon. Wie er nun eben nach Ferrara zurückkehrte und an das Tor der Stadt gekommen war, erblickte er Dafnes Amme, die er sogleich befragte, wie es um ihre Herrin stehe.
    »O weh, Delio«, rief sie, »es geht so gar schlimm mit ihr, daß es mir das Herz zerbricht. Die Pest ist in ihrem Hause ausgebrochen; ihr Mann ist entflohen und hat sie ganz allein und hilflos zurückgelassen.«
    Auf diese Worte warf der von Mitleid mit der Frau tief ergriffene Jüngling alle Rücksicht auf Todesgefahr beiseite, die er selbst mit seiner Familie jüngst erst überstanden hatte, und ebenso den Schauder vor den Todesfällen der Seinigen, die er mit angesehen: Dafnes Errettung ging ihm seiner eigenen und allem andern vor, und er eilte an ihr Haus. Nachdem er an die Türe geklopft, erschien Dafne, die allein im Hause war, am Fenster und meinte, wie sie Delio wahrnahm, einen Engel des Himmels zu sehen, der gesandt sei, ihr in ihrem Elende hilfreich beizustehen. Vom Fenster aus sprach sie weinend zu ihm: »Es ist so gekommen, Delio, wie ich immer meinte, daß es kommen müsse, wenn ich nicht dich zum Mann erhielte, daß ich nämlich die elendeste, unglücklichste Frau geworden bin, die auf Erden lebt. Denn ich Arme erfahre jetzt zu meinem unsäglichen Schmerz, daß es noch anderer Dinge bedarf als Ringe und goldener Ketten, um die Gattin dem Gatten in Liebe zu verbinden. Sobald mein Mann die Gewißheit ersehen hatte, daß sein Haus von der Krankheit angesteckt war, floh er von dannen und ließ mich hier ohne Hoffnung auf Unterstützung unter Tod und Graus allein.«
    Hierauf erwiderte Delio, von unsäglichem Mitleid ergriffen: »Solange ich lebe, Dafne, soll man nicht sagen, daß Ihr verlassen gewesen seid; denn das Schicksal hat mich mehr, als mir lieb ist, gelehrt, Mitleid mit den Bedrängten zu haben, und so sollt Ihr denn auch von mir alles erhalten, was Ihr braucht.«
    Dafne dankte ihm und legte ihm vor allem ihre Ehre ans Herz. Er gab ihr darauf sein Wort, das er noch mit einem Eide bekräftigte, und bat sie, ihm ihre Tür zu öffnen, damit er zu ihr hinaufkommen könne.
    »Ich will nicht«,

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