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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
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sagte Dafne, »daß du heraufkommst, ich komme vielmehr zu dir hinab.«
    Bei diesen Worten zog sie das Seil und machte die Tür auf; Delio trat in den Hausflur, und die Unglückliche fing an die Treppen herunterzusteigen. Doch welch ein Unfall, der auch das härteste Herz rühren könnte, begab sich da! Die unglückliche Dafne hatte fast schon die unterste Treppenstufe erreicht, als eine Ohnmacht sie anwandelte. Ob ihr die plötzliche Freude über den Anblick Delios, der in ihrer größten Not zu ihrer Hilfe herbeieilte, die Adern erweitert und alles Blut nach ihrem Herzen gedrängt, oder ob ein Funke der Pest ihre edleren Lebensteile in der Aufregung ihres Blutes mit größerer Gewalt ergriffen haben mochte, bleibt ungewiß: wie tot sank sie hin und konnte sich nicht bewegen. Als Delio dies bemerkte, ging er ihr mit offenen Armen entgegen und sagte zu ihr: »O weh, meine teuerste Seele, was ist mit Euch?« Dafne, deren Geist fast schon ihren Körper verlassen hatte, antwortete nichts; aber sie wendete ihre vom Tode gebrochenen Augen nach ihm, als flehte sie mit jammervollem Blicke um Hilfe. Delio legte sie auf ein Bett nieder, das in einer Stube im Erdgeschosse stand, löste ihr vorn das Kleid auf, jammerte und weinte bitterlich und versuchte die schon entflohenen Lebensgeister zu ihrem Dienste zurückzurufen. Als er sich aber am Ende überzeugen mußte, daß sie tot sei, sprengten Wehklagen gewaltsam seine Zunge, und er rief aus, indem er ihren Körper fest mit seinen Armen umschloß: »Welch übergrausames Geschick, Dafne, zwingt mich jetzt, da ich dem Tode dich zu entreißen hoffte, dich tot in meine Arme fallen zu sehen? Warum hat mich der Himmel für solche Unglückseligkeit erhalten? Warum hat er mich nicht lieber mit den Meinigen zugleich sterben lassen? Warum läßt er mich dich also vor mir sehen, wie ich dich jetzt sehe?«
    Er umarmte sie und drückte sie an sich und konnte nicht aufhören zu weinen und zu klagen. Zuletzt jedoch ermannte er sich aus seinem Schmerz und sprach: »Da ich nun, mein süßes Herz, nichts mehr für dich zu tun fähig bin, so liegt mir in diesem Äußersten nur noch die letzte Pflicht gegen dich nach Kräften zu erfüllen ob: ich will sorgen, daß diese Glieder, einst die würdige Herberge deiner edeln Seele, eine so würdige Bestattung finden, als die gegenwärtigen Zeitumstände irgend gestatten; eine angemessene Ehrenbezeugung aber behalte ich mir für bessere Verhältnisse vor.«
    Nach diesen Worten kleidete er die Geliebte in ein schneeweißes Gewand, und da er in einem Fenster einen Topf mit blühenden roten Nelken hatte stehen sehen, brach er zwei der schönsten ab und steckte sie der Gestorbenen an den Busen mit den Worten: »Nimm diese Blumen, meine Freundin, an deine einst so schöne wie getreue Brust, zum Zeugnis des herben Andenkens, das mir, solange ich lebe, von dir bleiben soll!«
    Hiernach ließ er sie vorläufig in einem ganz ausgepichten Sarge beerdigen, bis die Verhältnisse ihm gestatten würden, sie wieder ausgraben zu lassen. Nach Verlauf eines Jahres aber ließ er sie dem Kasten entnehmen und in der Gruft seiner Ahnen beisetzen, wo auch er dereinst seinen Leib bestattet haben wollte, damit bis zum Jüngsten Tage seine Gebeine mit den ihrigen vereinigt blieben und auf den Posaunenruf des Engels neues Fleisch annähmen und in unaufhörlicher Gemeinschaft der Seligkeit des Himmels sich erfreuten. Wunderbar genug waren die beiden Nelken, die Delio an den Busen Dafnes gesteckt hatte, unter dem Staube und unter dem Gebeine, das er aus dem Sarge hob, so frisch und blühend geblieben wie damals, als er sie dahin brachte. Als Delio dies bemerkte, nahm er sie hinweg und erhielt ihnen ihr Ansehen, solange es möglich war; danach legte er sie zu seinen teuersten Sachen, und darunter verwahrt er sie noch jetzt, so wie das unverlöschliche Bild seiner inniggeliebten Dafne ewig frisch in seinem Herzen lebt.

Giovanni Battista Giraldi
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