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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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auseinander, sie könne unmöglich länger so bleiben, wie sie sei; er habe ihr schon einen ihrer würdigen Gatten ausersehen. Vater und Tochter hatten über diesen Gegenstand ein langes Zwiegespräch, bei dessen Ende das Mädchen dem Vater die Bitte vortrug, er möge ihr gestatten, noch eine Zeitlang bei ihm zu bleiben. Er erwiderte ihr aber, sie sei nicht dazu geboren, ihr ganzes Leben im elterlichen Hause zuzubringen, und bei reiflichem Nachdenken werde sie gewiß einsehen, daß er bloß auf ihr eigenes Beste Bedacht nehme. So verließ ihn Dafne, das Herz mit bitterem Leidwesen erfüllt, und suchte ihre Amme auf, bei der sie sich heftig über die Äußerungen ihres Vaters beklagte. Die Amme tröstete sie, so gut sie vermochte, indem sie ihr den Rat gab, in einem warmen und liebevollen Briefe Delio alles mitzuteilen, was ihr Vater gesagt hatte. Und so schrieb sie ihm denn und bat ihn inständig, da sie all ihr Glück auf ihn setze, möge er nicht zugeben, daß sie, um auf immer alle Freude zu verlieren, in die Hände eines andern komme, was, wenn er sie liebe, wie er ihr immer versichert habe, ihm nur zum größten Leidwesen gereichen müßte. Die Amme überbrachte dem Jüngling den Brief und fügte zu Dafnes feurigen Worten noch selbst alles dasjenige hinzu, was ihr geeignet schien, das Gemüt des Jünglings zu bewegen, auf die ehrbaren Wünsche Dafnes, die sie gesäugt und auferzogen hatte, einzugehen. Doch bedurfte es dazu nicht vieler Worte, denn Delio war nur allzusehr ebendazu geneigt. Er las den Brief der Geliebten, hörte die Worte der Amme an und erwiderte, Dafne sei seine Seele, ohne sie gebe es für ihn kein Gut auf Erden, und er hätte wohl gewünscht, daß es dem Himmel gefallen haben möge, daß auch sein Vater so gesinnt sei, denn er würde dann nicht gewartet haben, bis ihm von ihr Briefe und Botschaften zugekommen wären, die ihn dazu ermunterten, wonach über alles in der Welt seine Sehnsucht stehe. Da die Dinge nun aber gegenwärtig so weit gekommen seien, wie er sie erblicke, so werde er nicht unterlassen, alles mögliche zur Erfüllung ihrer beiderseitigen Wünsche zu tun.
    Die Amme hatte ihn auch kaum verlassen, als der tief niedergeschlagene Delio einen seiner Verwandten, der bei seinem Vater in großem Ansehen stand, in sein Vertrauen zog und ihn bat, allen seinen Einfluß bei seinem Vater aufzubieten, daß dieser, nachdem er sich Dafne zur Ruhe seines Lebens erwählt, ihn nicht ihrer beraube, denn er würde sein Leben lang dadurch unglücklich werden. Der wackere Mann empfand Mitleid mit dem Jüngling und ging zu dem Vater, dem er mit aller möglichen Eindringlichkeit auseinandersetzte, was ihm Delio selbst vorgestellt hatte, und alle Gründe zu bedenken gab, die er für dienlich erachtete, um die Wünsche des Sohnes durchzusetzen.
    Messer Christofano – so hieß Delios Vater – war ein gemäßigter, weiser und verständiger Mann, wie kein anderer in seiner Stadt. So liebreich er auch gegen seinen Sohn gesinnt war, meinte er doch nichtsdestoweniger, in dem, was sein wahres Wohl betreffe, weiter als er selbst zu sehen, und hatte fest beschlossen, das Mädchen nimmermehr als seine Schwiegertochter aufzunehmen. Er äußerte sich also, er liebe Delio über alles Maß, und wenn er mit ihm sprechen wolle, so werde er ihm in keinem Punkte entgegenstehen, wo er einsehe, daß es sich um seinen Nutzen oder um seine Ehre handle. Der ehrliche Fürsprecher berichtete dem Jüngling von dieser Unterredung Wort für Wort. Wiewohl er diese Äußerungen des Vaters als sehr liebevoll erkannte, so hoffte er dennoch nicht mehr als zuvor. Die Überzeugung jedoch, daß es mit ihm nicht schlimmer werden konnte, als es war, bestimmte Delio, die Unterredung zu versuchen. Er suchte sich daher die rechte Zeit und Gelegenheit aus, eröffnete mit der schuldigen Ehrerbietung dem Vater seine Absicht und verband damit die eindringlichsten Bitten, die er wußte, um seine Wünsche durchzusetzen. Der Vater hörte ihm ganz freundlich zu, und nachdem jener fertig war, begann er mit halb finsterem, halb heiterem Gesichte also: »Lieber Sohn, ich habe sehr wohl deine Wünsche verstanden; sie würden dir aber nicht so verständig vorkommen, wie du jetzt meinst, wäre dir erst eine weitere Einsicht in die Folgen gegönnt, welche diese deine jugendliche Lüsternheit zuletzt nach sich ziehen muß, und die gerade das Gegenteil dessen sind, was dir als dein höchstes Wohl erscheinen mag. Denn abgesehen davon, daß dein gegenwärtiges

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