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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
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er, und so groß wird sein Zorn sein, wenn er mich mit Euch zusammen findet.«
    »Warum jagst du ihn denn nicht von dir weg?« erwiderte der Richter, »und läßt ihn sich zum Henker scheren? Bist du nicht Herrin über dich?«
    »Nein«, war ihre Antwort, »ich bin es nicht, denn ich habe mich ihm zu eigen gegeben; und wenn es auch nicht so wäre, würde ich's doch nicht tun: denn ich bin überzeugt, er würde mich töten, sobald ich ihm begegnete. Und deswegen, mein Herr, ist es nötig, dafür zu sorgen, daß er Euch nicht hier findet; denn würde er Euch hier finden, so wären wir beide Kinder des Todes. Ich fürchte sehr, er möchte etwas gehört haben, da er so unvermutet angekommen ist.«
    Während Bice so sprach, klopfte Panfilo stürmisch an die Tür und rief mit lauter Stimme: »Warum zögerst du aufzumachen? Willst du, daß ich die Tür einschlage?«
    Ganz zitternd bemühte Bice sich, den Richter zu verstecken; und er, der schon in Furcht versetzt war, wußte nicht, was er tun sollte, und sprach: »Wo soll ich mich verstecken? Dein Haus ist doch so klein, daß ein einziger Blick es vollständig durchdringt!«
    Während beide von Furcht erfüllt waren, klopfte Panfilo von neuem; infolgedessen steigerte sich beider Furcht, und Bice versteckte den Herrn Richter mit allen seinen Sachen in einem Kasten, den sie im Hause hatte, und der einem ihrer Nachbarn gehörte, der ihn bei ihr in Sicherheit gebracht hatte, weil er fürchtete, die Beamten des Richters würden ihn ihm wegen eines gegen ihn erlassenen richterlichen Urteils wegnehmen. Hier hinein steckte ihn Bice, und dann schloß sie den Kasten zu, damit Panfilo ihn nicht öffnen und darin den versteckten Herrn finden könnte.
    Hierauf ging sie im Hemd und öffnete Panfilo. Sehr ärgerlich fragte er sie: »Was soll das bedeuten, daß du mich so lange warten läßt?«
    Sie antwortete ihm sehr schnell: »Ich wußte nicht mehr, wohin ich gestern abend den Türschlüssel gelegt habe, und ich habe so viel Zeit gebraucht, ihn wiederzufinden, daß ich Euch, mein Herr, fast zornig gemacht habe.« Dabei küßte sie ihn und schlang ihre Arme um seinen Hals und fuhr fort: »Seid willkommen! Ich schwöre Euch, daß mir kurz vor Eurem ersten Pfeifen geträumt hat, Ihr wäret gekommen, und ich danke Gott vielmals, daß mein Traum kein Traum gewesen ist, sondern Wirklichkeit.«
    Bei ihren warmen Liebkosungen beruhigte sich der Jüngling. Da fiel sein Blick auf den Kasten, und er fragte: »Was ist denn das für ein großes Ding, das du da hast? Als ich wegreiste, hattest du es doch noch nicht.«
    »Mein Nachbar«, erwiderte sie, »hat es dahin gestellt, weil er fürchtet, es könnte ihm vom Gericht weggenommen werden.«
    »Gib mir doch mal den Schlüssel«, fuhr Panfilo fort, »denn ich möchte gern, daß wir mal nachsehen, was darinnen ist.«
    Man kann sich vorstellen, in welcher Gemütsverfassung der Richter war, als er Panfilo so reden hörte: er war zweifellos halbtot! Aber Bice machte ein freundliches Gesicht: »Glaubt Ihr wirklich, ich hätte den Schlüssel genommen? Wahrhaftig, den Schlüssel habe ich nicht genommen, weil ich mich selbst viel zu lieb habe: denn es wäre mir sehr unangenehm gewesen, wenn nachher der Nachbar Gelegenheit hätte zu sagen, ich hätte ihm etwas entwendet, und wenn ich dadurch Scherereien hätte; ich hätte den Schlüssel auch nicht nehmen wollen, selbst wenn er ihn mir hätte geben wollen!« »Das war recht von dir«, sagte Panfilo, und lachend ging er mit seiner Bice nach oben.
    Aber Fortuna war noch nicht mit dem Streich zufrieden, den sie diesem unglückseligen Richter gespielt hatte, sondern bereitete ihm ein noch viel seltsameres Geschick. Am Tage vorher hatte der Richter gegen den Nachbarn, dessen Kasten in Bices Haus stand, die Vollstreckung des von ihm schon gefällten Urteils angeordnet. Aus diesem Grunde waren die Vollstreckungsbeamten in das Haus des Nachbarn gegangen; da sie dort aber nichts gefunden hatten, weil er sein Haus schon geräumt und seine Sachen an verschiedenen Orten untergestellt hatte, kehrten sie sehr unzufrieden wieder um; da trafen sie den Gläubiger, und der sagte zu ihnen: »Was soll das bedeuten, daß ihr ohne Pfandstück kommt?«
    »Wir haben«, erwiderten sie, »im Hause nichts anderes gefunden als die kahlen Wände.«
    Darüber war der Gläubiger sehr betrübt, und auch er ging seines Weges. Aber da sprach ihn ein niederträchtiges Weib aus der Nachbarschaft an, die den Schuldner nicht leiden konnte und den

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