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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
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Augen sahen, und besonders die Frau, die von ihrem Mann bei solchem Fehltritt ertappt war, oder der Ehemann, der sich so schwer beleidigt sah und, da er den Ehebrecher sogleich erkannte, merkte, daß er selbst durch das Empfangen und Absenden der Briefe seine eigene Schande gefördert hatte. In der Angst beider Teile fürchteten die beiden Liebenden für ihr Leben, da sie sich auf frischer Tat ertappt sahen, und sie, für die der Tod die einzige angemessene Strafe war, waren halb tot vor Angst, warfen sich beide mit Tränen in den Augen flehentlich dem Edelmann zu Füßen und baten ihn um Gottes willen um Gnade.
    Der Edelmann, der klug und verständig war, und der bereits bei den ersten Worten des Dieners bei sich überlegt hatte, was er tun solle, tat nicht, wie viele tun, die lärmen, schreien, zuschlagen oder offen töten – und dadurch jedermann das bekanntmachen, was sie mit allem Eifer, wenn sie nur ein Fünkchen Verstand besäßen, geheimhalten müßten. Er wandte sich vielmehr zu dem Jüngling, der am ganzen Leibe zitterte, und sagte zu ihm: »Die Schmach, die du mir angetan hast, du Ruchloser, verdiente, daß ich dir das Leben raubte; aber ich möchte, daß dies Vergehen dir durch meine Gutmütigkeit vergeben sei, vorausgesetzt, daß du zu zwei Dingen bereit bist: erstens, daß du mir versprichst, niemals mit irgend jemand hiervon zu sprechen; zweitens, daß du mittels dieser Strickleiter (– und während er dies sagte, zeigte er ihm die Strickleiter, die er mitgebracht hatte –) geräuschlos aus diesem Fenster dich in den Garten herunterläßt und fortgehst, um im ganzen Lauf deines Lebens niemals mehr hierher zurückzukehren. Wenn du nicht Lust hast, diese beiden Dinge zu tun, empfiehl deine Seele Gott und mach dich bereit, jetzt den Tod zu empfangen!«
    Zu dem ersten Vorschlag war der Jüngling sehr bereit, und er schwor ihm, so zu tun, wie er von ihm verlangte. Bei dem zweiten zeigte er sich ängstlich, denn er fürchtete, wenn er die Strickleiter herabkletterte, würde der Edelmann ihm nicht Wort halten, weil er so schwer von ihm beleidigt worden war; daher sagte er: »Ich werde mich, wenn es Euch, mein Herr, gefällt, auf dieser Strickleiter entfernen, auf der ich hinaufgestiegen bin, und die noch vom Fenster herabhängt.«
    Da erkannte der Edelmann, daß der Ehebrecher nicht durch die Tür, wie er gedacht hatte, sondern durch das Fenster zu der Frau hinaufgestiegen war, und er sagte ihm, er sollte weggehen mit der Absicht, die Sache völlig zu verschweigen. Nun entfernte sich der Jüngling, und der Edelmann wendete sich an die Frau, die zitterte und heftig weinte und um Erbarmen und Verzeihung für ihren Fehltritt bat, nahm sie bei der Hand und sagte zu ihr: »Die Liebe, die ich dir entgegenbringe, verdiente nicht, daß ich solche Beschimpfung von dir empfing; da das aber nun gegen alle Pflicht doch so geschehen ist, halte ich dein Vergehen deiner Jugend zugute. Jetzt wird es aber deine Pflicht sein, nicht mehr in einen ähnlichen Irrtum zu verfallen, weil du mich nicht immer so nachsichtig finden wirst wie heute. Wisch dir also die Tränen ab und beruhige dich, und werde deswegen jetzt nur nicht schwermütig, sondern tue so, als ob du diesen Fehltritt nicht begangen hättest!«
    Mit diesen heuchlerischen Worten beruhigte er die Frau. Er ließ sie sich so zurechtmachen, daß sie weder betrübt noch verstört aussah, und ließ sie sich mit dem Gebetbuch in der Hand hinsetzen in der Haltung des Betens. Nachdem er die Dinge in dieser Weise geregelt hatte, verbarg er die Strickleiter und auch das Seil an einem ganz geheimen Ort, den er allein kannte; dann ging er zu dem Diener hinunter und fragte ihn, da er selbst den Ehebrecher nicht gefunden hätte, ob er vielleicht die Treppe heruntergekommen wäre; denn soviel er ihn auch gesucht hätte, so hätte er ihn doch an keinem Orte gefunden.
    Der Diener antwortete, er sei nicht die Treppe herabgekommen. Darauf fragte der Herr, ob es noch einen andern Weg, das Haus zu verlassen, gebe außer durch die Tür. Das verneinte der Diener und fügte hinzu, es sei nicht anders möglich, als daß er noch im Hause sei.
    Wie der Edelmann seine Hartnäckigkeit sah, die ja doch auf der Wahrheit der von ihm beobachteten Tatsache beruhte, wollte er, daß er selbst das ganze Haus durchsuchte, und sagte zu ihm: »Wenn du ihn findest, mach mir ein Zeichen, denn ich will ihn mit meinen eigenen Händen töten; und wenn er zufällig hier herunterkommen wird, wo du mich läßt,

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