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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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stürzte es, den Zügel zwischen den Zähnen und die Frau auf dem Rücken, mit einem Sprung in den Fluß. Wie die Frau merkte, daß das Maultier zum Fluß hinlief, begann sie zu schreien. Als der Mann ihre Stimme hörte, fragte er: »Was ist das ?« – und seine Diener antworteten ihm, das Maultier habe die gnädige Frau in den Fluß getragen. Sofort befahl er, daß alle ihn lassen – denn er tat so, als ob er sich nicht rühren könne, wie wenn er vom Sturz vom Pferde die Knochen gebrochen hätte und der Frau zu Hilfe eilen sollten. Aber bevor jemand, um ihr zu helfen, sie erreichen konnte, ertrank die Frau, die vom Maultier heruntergefallen war.
    Darüber zeigte sich der Ehemann äußerst betrübt und tobte, weil das Unglück durch die Schuld des Reitknechts geschehen sei, dem er die Obhut über seine Frau anvertraut habe und der sich von ihr entfernt habe. Das Maultier, das der Last der Frau entledigt war, kam wohlbehalten an das andere Ufer. Der Mann stellte sich, als ob er nicht mehr leben könne, da er seine teure Gattin verloren habe, tat so, als ob er unendlichen Schmerz empfände, und kleidete sich und sein ganzes Gesinde in Trauerkleidung. Den Leichnam ließ er suchen, und nachdem man ihn gefunden hatte, ließ er ihn mit großem Gepränge begraben.

Giovanni Battista Giraldi
Der Mohr von Venedig
(Shakespeare, Othello)
    In Venedig lebte vorzeiten ein sehr tapferer Mohr, dessen streitbarer Arm sowohl, als die große Klugheit und Geistesgegenwart, die er in Kriegssachen bewiesen hatte, ihn den Herren jener Stadt sehr wert machten, die immer in Belohnung vorzüglicher Handlungen alle Republiken der Welt übertreffen hat. Nun begab es sich, daß ein tugendreiches Fräulein von wunderbarer Schönheit, Disdemona genannt, nicht von weiblichen Begierden, sondern von den Tugenden dieses Mohren angezogen ward, sich in ihn zu verlieben, während er, von der Schönheit und der edeln Gesinnung der Dame besiegt, gleichfalls für sie entbrannte. Die Liebe war ihnen so günstig, daß sie sich beide durch die Ehe verbanden, obgleich die Eltern des Fräuleins alle ihre Kräfte aufboten, um sie zu vermögen, einen andern Mann zu nehmen; und solange sie in Venedig blieben, lebten sie beide in solcher Eintracht und Zufriedenheit zusammen, daß nie auch nur ein unzärtliches Wort unter ihnen vorfiel. Unterdessen geschah es, daß die Herren von Venedig ihre Kriegsmannschaft ablösten, die sie in Cypern zu halten pflegen, und den Mohren zum Anführer des Heeres wählten, das sie dahin schickten. So vergnügt dieser auch über die ihm gewordene Ehre war – denn eine Ehrenstelle dieser Art wird gewöhnlich nur Männern übertragen, die sich durch Adel, Tapferkeit, Treue und ausgezeichnete Verdienste empfehlen –, so verminderte doch der Gedanke an die Länge und Beschwerlichkeit der Reise, welche seine Disdemona scheuen möchte, diese Freude um kein geringes. Sie aber, die außer dem Mohren kein Glück auf der Welt kannte und über die Achtung, die eine so mächtige und edle Republik ihrem Mann bezeugte, sehr erfreut war, konnte die Stunde kaum erwarten, in der ihr Gemahl mit seinen Leuten die Reise antreten und sie ihn auf einen so ehrenvollen Posten begleiten würde; aber es betrübte sie sehr, ihren Gatten mißgestimmt zu sehen. Da ihr die Ursache unbekannt war, sprach sie eines Tages bei Tische zu ihm: »Wie kommt es, daß Ihr so schwermütig seid, da Euch doch der Staat ein so ehrenvolles Amt übertragen hat?«
    Der Mohr antwortete Disdemona: »Die Liebe zu dir trübt die Freude über die Ehre, die mir geschieht; denn ich sehe, daß notwendig eins von zwei Dingen geschehen muß, entweder daß ich dich mit mir den Gefahren des Meeres aussetze, oder daß ich dich in Venedig zurücklasse, um dir diese Unannehmlichkeit zu ersparen. Das erste würde mir sehr schwer ankommen, weil jedes Leiden, das dir widerführe, und jede Gefahr, die wir zu überstehen hätten, mir den äußersten Kummer verursachen würde; das andere, dich hier zu lassen, würde mich mir selbst unerträglich machen, weil ich, von dir scheidend, zugleich von meinem Leben schiede.«
    Als Disdemona ihn so reden hörte, sprach sie: »Ei, lieber Mann, was sind das für Gedanken, die Euch durch den Sinn gehen? Wie könnt Ihr Euch solcher Dinge halber beunruhigen? Ich folge Euch gern allerwege, wohin Ihr geht, und müßte ich im Hemd durchs Feuer gehen, sowie ich jetzt mit Euch in einem sichern, wohlbewahrten Schiffe durchs Wasser gehen soll. Gibt es dabei auch

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