Italienische Verführung
ausprobiert hatte.
„Vater ist ein guter Mann“, beteuerte Diana mit dem Vertrauen aller Töchter, die ihrem Vater treu ergeben waren.„Aber er ist sehr stolz auf seinen Rang und seine Stellung. Deswegen hasst er es, auf irgendeine Weise kompromittiert zu werden. Er kann recht zornig werden.“
„Vermutlich sind alle englischen Dukes so“, meinte Anthony. Höchstwahrscheinlich würde dieser stolze Duke ihn als einen abscheulichen, dunkelhäutigen, ausländischen Affen mit schlechtem Stammbaum ablehnen. Und es würde keine Rolle spielen, dass die Prosperi ihre Blutlinie bis zu Cäsar zurückverfolgen konnten, eine Zeit, in der die Vorfahren eines jeden englischen Dukes noch in Lehmhütten hausten.
„Wenn aber Will zum Dienst in der Marine verdammt wurde, wieso hast du dann geglaubt, dass er in den Katakomben war?“
Unglücklich sah sie zu ihm hoch. „Weil er mich hier in Rom gefunden hat. Er ist vom Schiff desertiert und erpresst mich. Wenn ich nicht zahlen würde, sagte er, würde er allen erzählen, wie ich … wie ich seine Geliebte geworden bin. Aber das war ich nie.“
„Ich weiß“, sagte Anthony sanft. „Du gabst ihm kein Geld, oder?“
Wieder schüttelte sie den Kopf. „Ich hatte doch keins, das ich ihm hätte geben können. Miss Wood verwaltet unser Geld. Wenn ich sie gefragt hätte, wäre sie misstrauisch geworden.“
„Er wird dir keine Schwierigkeiten mehr machen. Deswegen nicht und auch nicht wegen etwas anderem.“ Zärtlich gab er ihr einen kleinen Klaps auf die Wange. „Und er war nicht bei dir in den Katakomben, was immer du auch geglaubt haben magst. Meine Agenten haben herausgefunden, dass Carney vor ein paar Tagen von einer Gruppe britischer Seeleute aufgegriffen wurde. Er ist sicher inhaftiert und wartet auf seine Bestrafung.“
Verwirrt schüttelte Diana den Kopf. „Aber wer war denn dann im Dunkeln bei mir? Und wer hat Edward niedergeschlagen? Oh, Antonio, er hörte sich so sehr wie Will an!“
„Ich weiß es nicht“, entgegnete er ruhig, obwohl er bereits etwas ahnte. Noch bevor er von Carneys Festnahme erfuhr, hatte er bereits Warwick in Verdacht gehabt, der Mann gewesen zu sein, mit dem er im Dunkeln gekämpft hatte. Und jetzt war er sich sicher. Doch er wollte Diana nicht in Aufregung versetzen, denn sie hatte bereits genug gelitten. Aber er würde dafür sorgen, dass dieser verdammte Bastard Warwick erfuhr, dass er Bescheid wusste. Und er würde ebenfalls dafür sorgen, dass Diana ihm nie mehr begegnete.
„Ein Zigeuner, ein Bettler, irgendein halb verrückter Landstreicher“, sagte er. „Wahrscheinlich werden wir nie genau wissen, wer es war.“
„Nein.“ Immer noch beunruhigt, blickte sie auf ihren Tee. „Anthony, es tut mir leid, dass ich nicht so bin, wie du vielleicht geglaubt hast, oder dass ich, bevor ich dich traf …“
„Still“, sagte er und brachte sie durch einen Kuss zum Schweigen. „Was kümmert mich die Vergangenheit? Ich liebe dich, Diana. Ich liebe dich, und ich möchte diesen Tag und jeden weiteren mit dir verbringen. Reicht dir das?“
„Oh ja.“ Tränen schimmerten in ihren Augen. „Es ist mehr als genug, Antonio. Mehr als genug für uns beide.“
Drei Stunden später saß Diana dicht neben Anthony, während sie zur Piazza di Spagna zurückkehrten. Sie fuhren in demselben kleinen Zweispänner, in dem sie am Tag zuvor gefahren waren, und doch war es, als hätte sich in dieser kurzen Zeit Dianas Welt für immer verändert. Je näher sie ihrer Unterkunft kamen, desto unsicherer wurde Diana.
Sie fragte sich, wie schnell Miss Woods Sinn für Ehre und Anstand den leidenschaftlichen Zauber der letzten Nacht wie eine Seifenblase würde zerplatzen lassen. Als ihre Schwester Mary mit John ihre große Liebe fand, hatte der allen möglichen Einwänden einen Riegel vorgeschoben, indem er sich mit ihr, zwar etwas hastig, aber doch wie es die Schicklichkeit verlangte, von einem anglikanischen Geistlichen trauen ließ. Wie ihr Vater auf diese Neuigkeit reagiert hatte, wusste man noch nicht. Wie üblich verlief der Briefverkehr zwischen dem Kontinent und England sehr langsam. Aber noch nicht einmal Vater würde etwas gegen eine affaire du coeur einwenden können, die immerhin zu einer Ehe führte. Doch gegen Dianas selige Idylle inmitten der skandalösen Bilder der Villa Prosperi könnte ihr Vater sehr viel einzuwenden haben. Er würde einen einzigen Blick auf Anthony werfen und nur das an ihm sehen, was nicht englisch war und blind sein
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