Italienische Verführung
wie liebe ich dich“, flüsterte sie, ehe sie ihn küsste. Das Herz ging ihr fast über vor Liebe und Lebensfreude.
Ihre einzige wahre Liebe. Ihr über alles Geliebter.
Ihr Antonio.
Edward lag ihm Morgenrock in seinem Bett und genoss den angenehmen Zustand zwischen Schlaf und gänzlichem Erwachen. Das waren die genüsslichen Freuden eines Helden. Noch nie zuvor war er einer gewesen. Daher war dieser ungewohnte Zustand herrlich für ihn. Natürlich wurde seine Heldin Diana immer noch irgendwo in Rom vermisst, doch er zweifelte nicht, dass sie zur rechten Zeit schon wieder auftauchen würde, bereit, ihm voller Dankbarkeit an die Brust zu sinken. Eigentlich kümmerte es ihn nicht wirklich, was für ein Missgeschick ihr zugestoßen sein mochte. Sollte ihre Tugend noch mehr beschmutzt worden sein, so dürfte das seine Chancen bei ihr nur erhöhen. Er war gar nicht so wählerisch, auch als Held nicht. Solange sie nur diese Mitgift und den mit einem Titel versehenen Namen ihres Vaters besaß, konnte sie seinetwegen von Calais bis Rom eine ganze Armee von Liebhabern unterhalten – er war gewillt, sie zu heiraten.
Glücklich seufzte er auf und rückte sich das Kissen hinter dem Kopf zurecht. Der Koch hatte für seine angeschlagene Stirn stinkendes Pflaster aus zerdrücktem Knoblauch fabriziert, das aber zu wirken schien. Ja, er fühlte sich richtig gut, oder besser gesagt, er tat es, bis er die Stimmen hörte, die sich die Treppe herauf seiner Tür näherten.
Er lauschte mit gerunzelter Stirn: Sein Onkel und Miss Wood, nun gut, das war nicht erwähnenswert. Doch da war noch eine andere Stimme: Sir Thomas, der Konsul. Was, zum Teufel, konnte der wollen?
Rasch zog Edward das zweite Kissen unter seinem Kopf wieder hervor und schloss die Augen, in der Hoffnung, so bleicher und schwächer auszusehen. In dem Moment öffnete auch schon sein Onkel die Schlafzimmertür.
„Neffe?“, rief er sanfter, als Edward ihn je hatte rufen hören. „Es tut mir leid, dich zu stören, doch Sir Thomas ist gekommen und hat wunderbare Neuigkeiten. Ihre Ladyschaft ist unverletzt und in Sicherheit.“
„Ach ja?“ Vor Überraschung fuhr Edward im Bett hoch, bis ihm einfiel, dass es ihm ja schlecht zu gehen hatte. Sofort fiel er wieder zurück in die Kissen. „Gott sei Dank! Ihre Ladyschaft ist zurück!“
„Nun, nicht ganz, Mylord.“ Sir Thomas trat in den Lichtkreis der Lampe. „Die Dame ist in Sicherheit, man hat sie aber noch nicht hierher zurückgebracht.“
Für einen Mann, der solch glückliche Nachricht brachte, schien er doch äußerst nervös, ja fast misstrauisch zu sein. Edward spürte, wie der Funken glückseligen Heldentums sich wieder in seine übliche graue Vorsicht verwandelte.
„Mylady ist so gut wie sicher“, sagte Miss Wood prompt. „Sie ist bei Lord Randolph.“
„Randolph?“ Dieses Mal war Edwards Stöhnen echt. „Wie, zum Teuf… Ich meine, wie wurde Seine Lordschaft in diese Angelegenheit verwickelt?“
„Da bin ich mir nicht ganz sicher, Mylord“, gab Sir Thomas zu. „Doch ich erhielt eine Nachricht von Lord Randolph, in der er mir versichert, dass er sie bei sich verborgen hält, wo sie seinen Schutz genießt, da er annimmt, dass die Dame immer noch in großer Gefahr schwebt.“
„Ich muss sofort zu seinem Palazzo gehen und Ihre Ladyschaft holen“, sagte Miss Wood glücklich. „Sir Thomas, dürfte ich Ihre Hilfe noch ein wenig länger in Anspruch nehmen, damit Sie mich dorthin begleiten?“
Sir Thomas’Unbehagen wuchs. „Ich glaube, dass weder Lady Diana noch Lord Randolph sich im Palazzo Prosperi befinden, Miss Wood. Nachdem ich diesen Brief erhielt, ging ich sofort dorthin, in der Hoffnung, Lady Diana zu finden. Doch von keinem der beiden wussten die Bediensteten etwas.“
„Wie wissen wir dann, ob nicht Lord Randolph selbst der Schurke ist?“, fragte Edwards Onkel. „Was Frauen betrifft, kann man dem Mann gewiss nicht trauen. Besonders nicht, wenn es sich um eine englische Dame handelt. Wenn ich daran denke, wie mein armer Neffe sein Leben riskierte, um sie zu verteidigen, nur, damit irgendein gemeiner ausländischer Gauner sie fortschleppt …“
„Bitte, Mylord, keine falschen Anschuldigungen“, ermahnte ihn der Konsul streng. „Welches Gerede Sie auch immer gehört haben mögen, vergessen Sie bitte nicht, dass Lord Randolph nicht nur Sohn und Bruder eines Peers des Königreichs ist, sondern durch die alte Familie seiner Mutter auch einer der angesehensten Adligen dieser Stadt.
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