Ja, Liebling
zunächst einmal ein Bild.«
»Aber es sind doch genug Bilder da«, sagte Margaret und betrachtete liebevoll ihre Aquarelle und Drucke.
Die beiden brachen in ein freundlich-herablassendes Lachen aus. »Sieh mal, wir meinen natürlich etwas Zeitgemäßes.«
Dieses Wort war Margaret gründlich zuwider. Philippa fuhr fort. »Was du brauchst ist ein Bild, das einen richtigen Blickfang darstellt.«
Margaret machte ein besorgtes Gesicht. Diese Art von Bildern hatte sie schon einmal auf einer Ausstellung ultra-moderner Kunst gesehen, zu der Cecily sie geschleppt hatte. Sie hoffte nur inständig, daß sie nicht ein solches Bild würde kaufen müssen.
Aber die beiden waren entschlossen. Elinor sagte: »Nächste Woche ist eine Ausstellung junger Künstler. Dort können wir sicher ein Bild finden, das diesen Raum zusammenhält.«
Natürlich gab Margaret nach. Es fiel ihr bedenklich leicht, weil sie es seit Jahren nicht anders gewohnt war. Sie sagte: »Das ist sehr nett von euch. Ich bin ganz sicher, daß ihr etwas — Interessantes aussuchen werdet.« Das kleine Teufelchen im Hinterhalt ihres Kopfes flüsterte ihr zu, was die beiden auf dem Heimweg sagen würden: >Nur gut, daß sie Verstand genug hat, das uns zu überlassen.<
Philippa schoß beim Weggehen einen letzten Pfeil ab: »Natürlich müssen dann diese Bilder hier weg. In diesem Zimmer kann nur ein modernes Gemälde hängen, etwas Auffallendes, etwas, das man nie vergißt.«
Margaret kannte das. Ein paar Bilder aus jener Ausstellung hatte sie bis heute noch nicht vergessen.
»Und dann«, sagte Elinor, »dann wird das Zimmer um das Bild herum gebaut.«
»Wie bitte?«
»Das Bild wird zum Brennpunkt und die übrige Dekoration hat es noch zusätzlich zu betonen. Eine Wand in kräftigen Farben, die anderen wahrscheinlich etwas neutraler, damit die Aufmerksamkeit auf den Zentralpunkt gelenkt wird.«
»Aha, das klingt sehr — sehr ungewöhnlich«, sagte Margaret schwach und schaute den beiden nach, wie sie zufrieden zum Auto gingen.
>Da hast du es, du zahmes Kaninchen< sagte sie sich verärgert. »Diesmal hast du nicht zugebissen, nicht einmal angeknabbert hast du sie. Ohne Cecily taugst du nichts, das hättest du dir gleich denken können.< Dann mußte sie lachen, ließ ihre Bastelei für den Bazar liegen und setzte sich zum Schreiben hin.
Eine Woche später kamen die beiden Schwestern mit dem Bild. Vorher hatten sie Margaret bereits telefonisch angewiesen, die anderen Bilder abzunehmen, um den Eindruck nicht zu verderben. Margaret gehorchte, wobei sie sich sagte, daß sie ein hoffnungsloser Fall sei. Vermutlich hatte Hervey sie total verdorben. Die beiden waren ihm so schrecklich ähnlich. Aber dann gefiel ihr das Wort >schrecklich< in diesem Zusammenghang doch nicht.
Sie nahm die Drucke ab und hängte sie im Eßzimmer auf. Zu ihrer Erleichterung konnte sie jetzt Herveys alte Schulfotos verschwinden lassen. Sie betrachtete nachdenklich den schlanken Jungen in der Uniform seiner Universität. Wie lang war das her? Wieviel Zeit war vergangen, seit Hervey an jenem Frühlingsnachmittag ans Gartentor gekommen war und sich in sie verliebt hatte?
Heute konnte sie sich sagen, daß sie damals einfach von ihm hingerissen war. Sie war ganz benommen von seiner Werbung gewesen, dankbar für seine Aufmerksamkeiten, voller Verlangen, den strengen und schweigsamen Vater zu verlassen, beherrscht von dem Wunsch, es ihrem Geliebten in allen Dingen recht zu machen. Das hatte sie auch geschafft — fast ein Jahr lang. Danach hatte sie ihn nur noch gelangweilt, wie sie sich ganz ehrlich eingestand.
Heute brachte sie es fertig, sich ganz nüchtern so zu sehen, wie Hervey sie gesehen haben mußte: ein junges, schüchternes Mädchen, verzweifelt bemüht, alles richtig zu machen; dabei strauchelnd und sehr nervös, voller Angst, die jugendliche Unschuld und Unbekümmertheit zu zeigen, die ihn so bezaubert hatte; dabei wurde sie immer unsicherer und unterwürfiger. Durch die neuen analytischen Fähigkeiten, die sie beim Schreiben gewonnen hatte, erkannte sie nun, daß eine unterwürfige Ehefrau für ihren Ehepartner furchtbar langweilig sein mußte. Das war demütigend, aber wahr. Hervey hatte sie langweilig gefunden. Nach diesem ersten Jahr hatte sie mit ihm nie wieder in diesem fröhlichen und natürlichen Ton gesprochen, in dem sie sich heute mit Lance oder gar mit David unterhielt. Es war für sie eine aufregende Entdeckung, daß sie amüsant und charmant sein konnte.
Aber
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