Ja und der innere Schalter zum hoechsten Glueck
Verlust gibt er meistens ein Nein. Wenn ein Gewinn mit einem Verlust verbunden sein kann, beginnt er abzuwägen: Bis wohin lohnt es sich mitzugehen? Ab wann wird das Risiko für den Verlust zu groß?
Nun kann man dann besonders viel verlieren, wenn man besonders viel hat. So ist es auch in der Nähe zum anderen. Wenn man sich eingelassen hat, wenn man viel Nähe zugelassen hat, so denkt der unbewusste Verstand, kann man auch viel Nähe verlieren.
Der Verstand wurde für die Versorgung des Überlebens gebaut, nicht für das Verstehen der Gefühle. Deshalb geht er mit Gefühlen um, als wären sie Dinge. Gewinnen ist immer gut, verlieren ist immer bedrohlich. Gute Gefühle müssen her. Schlechte müssen ferngehalten werden.
Wenn man große Sehnsucht nach Nähe hat, geht es einem besser, sobald die Nähe kommt. Doch das Unterbewusstsein rechnet mit. Es wägt die Verlustwahrscheinlichkeit und den Schmerz, der im Verlustfall aufkommt, gegeneinander ab. Und irgendwann springt der innere Warnschalter auf Nein. »Nein, ab jetzt mache ich nicht weiter. Ab jetzt wird es gefährlich. Ich lasse mich nicht noch tiefer ein, ich könnte mein Herz verlieren.«
Darin liegt ein großer Irrtum. Der Verstand denkt, Nähe zu erleben würde bedeuten, etwas zu besitzen, was man dann auch wieder verlieren kann.
Aber so ist es doch auch. Eine langjährige tiefe Beziehung zu verlieren tut mehr weh, als eine kurze Affäre zu beenden. Man hatte diese große Verbundenheit und genau dieser Verlust erzeugt am Ende mehr Verlustschmerz.
Der Verlustschmerz entsteht, weil man plötzlich das Alleinsein wieder spürt. Doch wie war der Zustand vor der Beziehung? Allein. Wie ist der Zustand in einer Beziehung, auf die man sich nicht einlässt? Allein. Wie ist er nach einer Beziehung? Allein.
Was hat man am Ende weniger als am Anfang? Nichts. Es begann mit nichts und es endet mit nichts. Man kann nichts verlieren. Man kann nur gewinnen, wenn man sich auf Nähe einlässt. Es gibt keinen einzigen sinnvollen Grund, Angst vor Nähe zu haben, weil jede Minute, die man sie erleben darf, eine Bereicherung ist.
Es ist, als würde jemand sagen: Ich will niemals Geld haben, weil ich dann etwas verlieren könnte. Oder: Ich möchte keine schöne Urlaubsreise machen, weil sie dann zu Ende gehen könnte.
Alles wird irgendwann zu Ende gehen. Wenn man dieser Tatsache ein grundsätzliches Ja gibt, muss man nie wieder Angst vor Nähe haben.
Aber es gibt dennoch einen Verlust und den will man nicht, oder?
Ja, natürlich gibt es Trauer darüber, dass ein geliebter Mensch geht, darin liegt kein Fehler. Doch in Wahrheit hat man ihn nie besessen. Man durfte ihn nur erleben. Darin lag das Geschenk. Die Nähe kommt und sie geht und folgt dabei ihren eigenen Gesetzen. Und man hat in Wahrheit nur eine einzige Wahl: dies zuzulassen oder es abzuwehren. Ein Ja zu geben oder ein Nein.
Was können Sie in Wahrheit schon verlieren, wenn Sie mehr Nähe zulassen? Niemand gehört einem anderen, auch nicht während den Momenten von tiefster Nähe. Und niemand besitzt Sie, ganz gleich, wie tief die Verbindung auch ist. Ein anderer erlebt Sie nur. Nicht einmal der Moment der Nähe selbst gehört Ihnen. Er wird Ihnen vom Leben geliehen, damit Sie ihn fühlen dürfen.
Ein Nein oder eine Angst vor Nähe schützen nicht, selbst wenn der unbeobachtete Verstand es noch so oft suggeriert. Und hier liegt die Möglichkeit für das Ja. Das Ja dazu, dass alles immer nur für diesen einen Moment im Leben ist und dass man es genau so annimmt. Mehr als diesen Moment hat man nie. Und dann kommt ein weiterer Moment, den man wieder annehmen kann. Und wenn das Leben es will, werden noch weitere solche Momente von Nähe kommen, denen man wieder sein Ja geben darf. Darin liegt die Schönheit des Augenblicks, zu der Sie immer und bedingungslos wirklich Ja sagen können.
Falls Ihr Verstand dies alles versteht und dennoch nicht aufhören kann, dieses oder jenes Risiko in der Nähe oder in der Zukunft zu erdenken, dann geben Sie ihm ebenso Ihre ganze Nähe. Sagen Sie zu Ihrem Verstand, während er über dieses Thema nachdenkt: »Ich bin vollkommen bei dir.« So als wäre er in diesem Moment Ihr Partner, der Ihnen von seinen Sorgen berichtet. Geben Sie Ihrem besorgten Verstand das Ja und seien Sie vollkommen für ihn da.
»Ja, ich verstehe deine Angst. Und ja, man weiß nicht, wohin das alles führen könnte. Und gleichzeitig haben wir nur eines ganz sicher: das, was wir jetzt erleben könnten, wenn wir
Weitere Kostenlose Bücher