Jack Fleming 01 - Vampirdetektiv Jack Fleming
ein angesehener Nachtclub.«
»Wie brenzlig ist es eigentlich?« Ich deutete mit einer hochgezogenen Augenbraue zu den Männern.
»Nicht allzu sehr, darüber brauchen wir uns keine Gedanken mehr zu machen. Der Gentleman, den wir sprechen wollen, ist ein vorsichtiger Bursche, wird uns aber willkommen heißen, wenn man ihm nur vorher Bescheid gibt. Er hegt einen starken Widerwillen gegen Überraschungen.«
»Ein Bandenboss?«
»Sie drücken sich immer so farbig aus; zweifellos liegt das an Ihrer journalistischen Ausbildung.«
»Und an dem Umstand, dass wir uns in Chicago befinden. Scheint hier ein gut gehender Wirtschaftszweig zu sein.«
»Für einen winzigen Bruchteil der Bevölkerung, wie ich Ihnen versichere. Nicht jeder ist ein Boss, irgendjemand muss schließlich die Handlangerdienste verrichten.«
»Wie der da?« Einer dieser besagten Handlanger kam auf uns zu.
»Nun ja, gehen wir.«
Ich schaltete den Motor aus, zog die Schlüssel ab und stieg aus. Er warf die Tür zu und setzte sich in Bewegung. »Wollen Sie nicht abschließen?«
»Nicht nötig, den Wagen fasst jetzt niemand mehr an.«
Ich sah mich unauffällig um und entdeckte ein paar Dutzend Gesichter, die uns aus Fenstern, Türen und von der Straße anstarrten; Männer, Frauen, sogar ein paar Kinder. Alle hatten den gleichen wachsamen Blick wie die Türsteher. Die Shoe Box war eine gut bewachte Festung. Ich fühlte mich wie eine Blechbüchse auf dem Schießstand, was in mir die Frage aufkommen ließ, ob von ihnen jemand bewaffnet sei. Escott schien sich allerdings wohl zu fühlen, und er war nicht halb so kugelsicher wie ich, also befahl ich mir, mich zu entspannen. Wir folgten dem Burschen in das Gebäude.
Da war ein kleiner Vorraum, gefolgt von einem langen Flur mit Parkettboden, auf dem unsere Schritte wie auf einer Trommel dröhnten. Durch die Wand zur Rechten hörte ich das Vibrieren lauter, schneller Musik, in das sich das Murmeln von Gesprächen, das Klingen von Gläsern und Gelächter mischten. Wir gingen an einer verschlossenen Doppeltür vorbei, die zu dem Gelage führte, und weiter zum hinteren Teil des Hauses, wo wir vor einer Tür stehen blieben. Unser Bewacher sagte, dass er Escott reinlassen könne, mich aber erst durchsuchen müsse. Solange das den Ablauf der Dinge beschleunigte, hatte ich nichts dagegen und streckte die Arme aus. Er war gründlich und arbeitete mit den flinken leichten Bewegungen eines Taschendiebes; vielleicht war das seine zweite Tätigkeit, wenn er nicht gerade Wachdienst schob. Er entdeckte meinen Bleistift, meinen Notizblock, meine Brieftasche und in meinen Taschen nichts Tödlicheres als etwas Kleingeld. Er klopfte mir auf die Schuhfersen, überprüfte meinen Hut, kam zu dem Schluss, dass ich ungefährlich sei, öffnete die Tür und trat beiseite.
Dahinter lag ein großes Zimmer, das mit Sofas, gepolsterten Sesseln und niedrigen Tischen möbliert war. Einer der Tische war eigentlich ein schickes Radio, das mehr kostete, als ich bisher in einem Jahr verdient hatte. Leise Musik spielte gerade laut genug, um die Geräusche aus dem Nachtclub zu übertönen. Am anderen Ende des Zimmers stand eine kleine Bar neben einem langen Esstisch; daran saß ein Mann, der offenbar gerade seinen Nachtisch zu sich nahm. Als wir eintraten, tupfte er sich mit einer Serviette über die Lippen und drehte sich zu uns um.
Seine Haut war rußschwarz, sein Haar bis an die Kopfhaut kurz geschnitten, und er trug einen ebenfalls kurzen Bart, der sich als Strich über den Kiefer zog und Mund und Kinn umrahmte. Er hatte einen hellbraunen Anzug mit einem dunkelroten Seidenhemd an und dazu eine ebensolche Krawatte, und wirkte dadurch wie ein Angeber, aber er kam damit durch. Er stand auf, ein großer Mann, den niemand ignorieren konnte.
Escott sprach zuerst, und seine Stimme war deutlich lauter, als es für das Zimmer nötig gewesen wäre. In seinem Ton mischten sich Zorn und Mitleid. »O thou Othello, that wert once so good/Fall'n in the practice of a damned slave/What shall be said to thee?«
Unser Gastgeber starrte Escott, den ich mittlerweile reif für Zwangsjacke und Knebel hielt, einen Augenblick lang schweigend an und erwiderte dann mit volltönender Stimme: »Why anything/An honourable murderer if you will/For naught I did in hate, but all in honour.« Dann stieß er ein kurzes fröhliches Lachen aus, trat heran und schüttelte Escotts ausgestreckte Hand. Sie grinsten sich an.
»Charles, du alter So-und-so, wieso tauchst du
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