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Jack Holborn unter den Freibeutern

Jack Holborn unter den Freibeutern

Titel: Jack Holborn unter den Freibeutern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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Waffen weg, umarmte seine Freunde und ging zusammen mit Lord
    Sheringham in Sklaverei. Wenn sein Herz über den
    Verlust seiner Wälder gebrochen war, dann hörte
    man davon keinen Laut. Ein ernster und penibler
    junger Mann mit guten Manieren und Höflichkeit.
    Darauf wurde die gefangene Frau befreit und die Jagd-gruppe verzog sich mit ihrem kostspieligen Kaufgut zu einer Stelle am Flußufer, wo Steine und angeschwemm-ter Schlamm eine flache Furt bildeten.
    Ich dachte, wir hätten sie zum letzten Mal gehört
    und gesehen, aber der Rückweg zu ihren weit entle-
    genen Heimatwäldern führte dicht an unserem La-
    gerplatz vorbei. Sie waren fröhlich, als sie vorüber-kletterten, obwohl sie einen Freund verloren hatten.
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    (Vielleicht hatten sie nicht viel für ihn übrig?) Sie riefen und spielten miteinander Kinderspiele – ahmten
    Vögel und Tiere nach (sehr täuschend, denn so jagten sie auch – mit Lockrufen), die Stimmen und Gesten
    der Araber und andere Stimmen …
    Sie blickten auf das Sklavenlager nieder und
    schrien: »Jack! Mister Trumpet! Lord Sheringham!
    Weiße Lady! Hier!«
    Dann kreischten und schrillten sie mit höhnischem
    Gelächter. Mister Trumpet und ich sahen uns mit un-
    säglichem Erstaunen an. Die Stimme, die von den
    Lippen des nachahmenden Pygmäen kam, war die des
    toten Mister Morris.
    Lange, lange, nachdem sie fort waren, lagen wir
    da, Mister Trumpet und ich, und fragten und flüsterten, bis wir mit absoluter Sicherheit wußten, wie
    vollkommen und schmachvoll wir getäuscht worden
    waren. Von Anfang an, vom allerersten Anfang an!
    vermuteten wir.
    Sie müssen gesehen haben, wie wir Schiffbruch er-
    litten und an jenem brutheißen Tag an Land kamen –
    diese Jagdgesellschaft, die den Wald nach etwas
    durchstöberte, was sie für ihre geraubte Gefährtin
    eintauschen konnte. Wie gespannt sie zugesehen ha-
    ben müssen, als wir unseren Plan berieten – der Kapi-tän, Mister Morris, Mister Trumpet und ich: denn sie hatten einen eigenen Plan …
    »Erinnern Sie sich an die unbegreiflichen Zeichen
    über dem Sumpf? Sie müssen sie gelegt haben, um
    uns zu führen.«
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    »Ich erinnere mich«, sagte Mister Trumpet halb
    bewundernd – er konnte Leute, die ihn so zum Nar-
    ren hielten, nur bewundern, da er sich vorstellte, wie schwer das sein mußte – »ich erinnere mich … und
    ein- oder zweimal wunderte ich mich auch, aber –«
    Es mußte ihr Plan gewesen sein, uns zu einer Stelle zu führen, wo sie uns am leichtesten trennen konnten. Auf diese Weise ließ sich die Mühe sparen, einen Gefangenen über schwieriges Gelände zu tragen. Als
    wir dann gefälligerweise für sie den schlimmsten Teil selbst zurücklegten, wollten sie einen fangen (sie waren nicht habgierig, und zwei hätten ihnen vielleicht Schwierigkeiten bereitet) – und zwar den, der am
    wertvollsten schien.
    Selbst wenn wir’s versucht hätten, hätten wir ihnen nicht besser in die Hände arbeiten können. Mister
    Trumpet und seine Weiße Lady. Für die Augen der
    Pygmäen muß sie ausgesehen haben wie ein kleiner
    Gott. Sie wußten, er war toll danach, sie wiederzu-
    kriegen. Und sie wußten, daß wir ihm folgen würden.
    (Waren sie nicht ihrer Verlorenen gefolgt?) Sie vermuteten richtig, daß unsere Treue größer sein würde als unser Verstand.
    Und dann, da sie gewohnt waren, mit Nachah-
    mung Beute zu machen, indem sie Tiere durch falsche Rufe von der Herde weglockten, lockten und trennten sie uns. Sie trieben uns durch Panik in den Wald, als seien wir Tiere. Und als die Zeit reif war, fielen wir ihnen zum Opfer. Lord Sheringham war allein.
    Sie warfen sich von den Bäumen auf ihn, erstickten
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    seine Stimme und banden ihn – und ließen die Weiße
    Lady fallen, wo er stand. (Vielleicht legten sie sie erst dorthin, damit er sich danach bückte?) Denn sie hatten keine Verwendung für das kleine Glitzerding.
    Und wer kannte seine Kräfte? Vielleicht hätte es ihnen Unglück gebracht.
    Später – viel später – konnte ich mich durchringen, ihnen zu verzeihen, was sie uns angetan hatten. Ich kam zu der Einsicht, daß ihre Not so groß gewesen
    war wie meine, und ich achtete sie dafür, daß sie uns verschont hatten. Tausendmal hätten sie uns mit ihren Blasrohren töten können, aber sie ließen uns leben. Ein friedlicher Stamm, der nur tötete, um sich zu nähren, und wir, Gott sei Dank, schienen nicht
    schmackhaft.
    Darum verzieh ich ihnen ihre List; aber was ich ih-
    nen nie verzeihen konnte, war das

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