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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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schwer zu erkennen. Leidenschaft und Heimlichkeit machen sie alle gleich. Aber ich glaubte, es sei Mister Taplow.
    »Muß ’ne Ratte gewesen sein.«
    Das Schweigen dauerte ungewöhnlich lange, und all die vertrauten Laute setzten respektvoll aus.
    »Jetzt ist es still.«
    Das war Mister Trumpet. Ich hätte schwören mögen, daß er seine Hand auf Mister Taplows Arm legte: »Alter Freund, die Zeit wird knapp.«
    Ich hörte den anderen den Atem ausstoßen, als schmerze er ihn. Dann nahm Mr. Trumpet wieder auf, was er hatte einfädeln wollen – und zwar, Mr. Taplow mit dem Schatz der Esperance ködern. Ich hörte Mister Taplows Atem ungestümer gehen, als zerrisse er ihn mit jedem Mal.
    Jetzt kam etwas Ätzendes in Mister Trumpets Worte – ein innerliches Gift, das ihn mit seiner Bitterkeit gegen Mister Morris und den Kapitän, den er nie gesehen hatte, auffraß. Denn sie wollten von seinem Plan nichts wissen, und so glitten ihm zehn Millionen Pfund Gold und Juwelen durch die Hände.
    Er hatte erzählt, wie reich die Esperance war, aber die Antwort war gewesen: »Reichtum ist nicht alles auf der Welt«.
    (»Ach ja, es gibt auch Bettlertum, alter Freund!«) Er hatte geschworen, sie sei unbewaffnet, und hatte zu hören gekriegt: »Der kommende Sturm hatte Kugeln und Blei für zwei. Entrinne dem Sturm und lebe, um einen anderen Tag zu durchkämpfen.«
    (»Leben, um zu kämpfen? Was für ein Leben mit nichts in den Taschen als Reue?«)
    So redete er weiter, bis Mister Morris und der Kapitän zu Fetzen ängstlicher Feigheit zerrissen waren – »kleine Männer, kleine Männer in der Zunft … nur wenig zünftig … zu wenig, um auf den goldenen Traum, der so nahe segelt, einen Schatten zu werfen …«
    Mister Taplow sog das verderbliche Gift mit jedem Atemzug ein, den er tat.
    »Und sie ist bestimmt unbewaffnet, das schwörst du?«
    »Nicht genug Pulver, um die Nase unserer Molly zu pudern.«
    »Und alles andere –?«
    »– ist, wie ich’s gesagt habe.«
    »Dann tue ich’s!«
    Die Worte fielen wie Hammerschläge und schienen das Schiff von Bug bis Heck zu erschüttern. Ich dachte, sie seien fertig. Ich dachte, selbst Trumpet sei erschreckt von der Leidenschaft des Ungeheuers, das er geschaffen zu haben glaubte. Und vielleicht war er’s. Denn jetzt offenbarte sich eine andere, unheimlichere Seite von Mr. Trumpets Wesen. Mister Taplow hatte sich verpflichtet, aber sein Versucher schlängelte sich davon. Er überlegte sich die darin liegende Gefahr. Er fürchtete, sein »alter Freund« könnte verraten werden, bevor etwas erreicht war. Er bat den ertappten Mister Taplow, es sich noch einmal zu überlegen, bevor er den unheilvollen Schritt tue. Hätte ich nicht gehört, was vorangegangen war, dann hätte ich geschworen, daß er gegen den Walliser war und versuchte, ihn mit Vernunftgründen aufzuhalten. Aber irgendwie entfachten seine Worte die Flammen noch wilder als zuvor – und Mister Taplow keuchte förmlich in ihrer Glut. Der Widerspruch hatte ihn bestärkt, seine Schwächen waren ausgebrannt und versiegelt vom inneren Feuer.
    »Bis morgen dann?«
    »Zwölf Uhr Mittag. Sei am Achterdeck.«
    »Das Signal?«
    »Habe ich dir gesagt.«
    »Bin ich nicht mit einverstanden.«
    »Ist mir egal.«
    »Ändere es!«
    Ja – ändere es, guter Mister Taplow. Sprich es aus, damit Jack es hören kann. Ändere es, um meiner lieben Person willen. Denn ich kann nicht viel länger aushalten. Ich hatte einen starken Reiz zu niesen, verbunden mit einem plötzlichen heftigen Jucken, das gekratzt werden wollte – und die Leitersprosse schnitt mir in die Hände, daß ich dachte, mir würden die Finger abgetrennt. Aber Mister Taplow wollte das Signal nicht ändern. Dringend beschwor ihn Mister Trumpet, aber wie vorher machte ihn der Widerspruch nur noch unnachgiebiger. Ich glaubte, daß Mister Trumpet das Signal ehrlich nicht mochte – und jetzt den Lohn für seine eigene Verschlagenheit erntete. Er konnte nichts erreichen. Auf alle seine Beschwörungen kam Mister Taplows wütendes, knarrendes »Nein!«
    »Ich bitte dich, solange noch Zeit ist –«
    Aber es war keine Zeit mehr. Sie war abgelaufen. An Deck hatte Mister Morris angefangen zu fluchen und zu schreien und die fehlenden Männer aufzustöbern. Die Sturmsegel sollten aufgezogen werden.
    »Suckling! Clarke! Taplow! Jack! An Deck! Alle Mann an Deck! Ich schlage alle Hände ab, die faul sind. Taplow! Taplow, sage ich!«
    Ich floh hinauf in das Durcheinander an Deck. Gott weiß, ob

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