Jack Holborn
in Ketten. Ein Mann wie Mister Taplow verdiente, daß er sein Ende kommen sah, und imstande war, sich darauf vorzubereiten … nicht im Dunkel und in den Rücken …
Das, muß ich sagen, war nicht meine Meinung, aber die Meinung, die um mich herrschte. Was mich betrifft, so wußte ich nicht, was ich denken sollte. Es war so viel Böses auf dem Schiff, daß es unmöglich war, es auszuwiegen und auseinanderzuteilen: es blieb immer noch etwas übrig …
»Er hat ’s getan«, hatte Mister Pobjoy gesagt, ohne zu zweifeln oder überrascht zu sein. Und Mister Pobjoy war ein Mann, der sich meines Wissens nie geirrt hatte. Aber trotzdem war es schwer zu glauben … Er war noch zu unsicher auf den Beinen, um in den Laderaum hinunterzuklettern. Es war nicht möglich. Aber wenn er nun Mister Morris befohlen hatte, es zu tun? Mister Morris hätte ihm gehorcht, bis zu den Pforten der Hölle. »Töte den Burschen, der so schreit, Morris. Stoße ihm einen Marlspieker für mich in den Rücken, wie? Recht so, Morris.«
Als er zur Bestattung an Deck kam, war er kalt und ernst und entrückt, und ich fühlte, daß Mord oder Erlösung ihm nicht mehr bedeuteten, als das Zwinkern eines geistigen Auges.
Eine der Backbordkanonen war weggerückt worden, und Mister Taplows Leiche lag auf einem durch das Schießloch geschobenen Brett, um in das dunkle Meer versandt zu werden. Mr. Pobjoy hatte ihn mit ein paar gewichtigen Töpfen beschwert, die in der Kombüse nicht gebraucht wurden, auf daß er auf dem Meeresgrund in Frieden ruhen könnte.
Alle Mann waren auf Deck, denn es war eine außergewöhnliche Gelegenheit, diese feierliche Zurruhelegung. (Viel wurde später davon hergemacht und viele Dinge vorgebracht.)
Sich vorsichtig vorwärtstastend, Mister Morris an seiner Seite, kam der Kapitän zu der Leiche. Er stellte den Stock vor sich und legte beide Hände darauf; dann mit gespitztem Mund und blinzelnden Augen sprach er von Mister Taplows Chancen für den Himmel. Sie waren nicht sehr groß. »Gleichviel«, sagte er, »die schwärzeste Seele kann dorthin emporsteigen und, wenn sie vor dem Tode bereute, eingelassen werden. Auch so eine wie diese.«
Er sah hinauf und dann hinunter, als wolle er die Entfernung messen. Ich glaubte, er lächelte, aber Mister Pobjoy schwor, daß sein Ausdruck während der ganzen Sache starr der gleiche blieb.
»Und so überantworte ich dich der Tiefe«, sagte er, »und möge Gott deiner Seele –«
Bevor er aussprechen konnte, machte das Deck einen plötzlichen Satz, als ob die Charming Molly die Schultern gezuckt hätte, und Mr. Taplows Leiche rutschte von der Planke und in ein Wellental. Ich sah ihn fallen, denn der Sack zerriß und sein rotes Haar leuchtete einen Augenblick, bevor es im Wasser verlöschte wie ein Licht im Wasser.
»– deiner Seele gnädig sein.« Aber der Kapitän kam zu spät. Mister Taplow war ungesegnet davongegangen. Ein sehr unheilschweres Schweigen folgte diesem Unglücksschlag. Dann ganz plötzlich ertönte die Stimme des Holländers von oben: »Der Segel! Wieder der Segel! Sehr niedrig in Wasser. Der Segel!«
Die Esperance. Noch mit uns in dem eisernen Wind. Mister Trumpet sah mit schnellem, ungläubigem Lächeln von Taplows Grab hoch, und der Geist des Schiffes erhellte sich auch, denn die Sicht eines anderen Schiffes vertrieb ein wenig die Einsamkeit … Aber das dauerte nicht sehr lange. Das Wetter verschlechterte sich schon, als wir da standen, und bald rief der Holländer herunter: »Nein! Nix! Nil!«
Als wir vor dem mächtigen Wind dahinflogen, dachte ich an die gespenstisch auftauchende Esperance – wenn sie es gewesen war – und daß sie sehr bald, vielleicht jetzt schon, über Mister Taplows Grab sein und er einen Augenblick dem näher sein würde, wofür er gestorben war.
In der Nacht des fünften Tages nach seiner Bestattung, als sich der Sturm gedreht hatte, um uns einen Punkt weiter nach Süden zu verschlagen, kam Taplow zurück. Nachher wurde behauptet, es hätte an jenem Tag, bevor das Licht verdämmerte, seltsame Schauspiele am Himmel gegeben: gehörnte Untiere, sich klammernde Hände und ein Schiff unter vollen Segeln.
Dann sah der Holländer wieder die Esperance ein paar Minuten nach Mittag. Sie lag niedriger im Wasser als zuvor und ihre Marssegelrahen schienen den Wellen preisgegeben. Aber trotzdem schien sie mit uns mitzuhalten, als sei ihr Geschick dasselbe wie unseres, wohin uns auch unser endloser, südwestlicher Kurs bringen mochte. Später
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