Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
Vom Netzwerk:
Mein Kopf war mit Blut gefärbt, das – wie sich später herausstellte –, von Mister Taplows Ferse stammte, die ich »sehr giftig gebissen hatte und der davon hätte sterben können«. Aber zuerst glaubte er, es sei mein Blut und ich sei tot.
    Ja, er hatte zu Suckling gesagt: »Mister Suckling, lassen Sie diese traurige Molly ihn jetzt begraben, anständig und schnell. Denn er ist tot wie Hammelfleisch.« Inzwischen war Mister Morris in flammender Wut aus seiner Betäubung aufgewacht und trat, während ihm das Blut (sein eigenes) übers Gesicht strömte, den armen Mister Taplow sehr zornig, als wollte er ihm auf Kosten eines Stiefels die Rippen eindrücken. Aber Mister Taplow, friedlich wie ein Engel, fühlte nichts davon. »Worin eine Moral liegt, lieber Junge: verschwende niemals dein Gift an einen bewußtlosen Mann, denn es ist vergebliche Arbeit.«
    Jetzt kam der Teil, der unheimlich war, der Teil, der Mister Pobjoy verfolgte, ihm den Frieden und den Schlaf raubte und ihm sogar den Gin versauerte …
    »Niemand sah die Tür des Kapitäns sich öffnen, aber eine Minute war da nichts, und in der nächsten stand er auf dem Achterdeck, als sei er aus der Luft gekommen. Sehr weiß im Gesicht war er, ganz ausgetrocknet, auf den Stock gestützt, mit den Augen in das Licht blinzelnd, dem sie fremd geworden waren: ein Gespenst des Mannes, der er gewesen war.
    Er stand und starrte, und Mister Morris hört auf, Mister
     

    Taplow zu treten, und der Holländer hält deine arme Person hoch, als wolle er sich entschuldigen, daß du so klein bist …«
    Hier zwinkerte Mister Pobjoy mehrere Male, als sei er jetzt zum kritischen Punkt gekommen: »Er wollte gerade Mister Morris etwas sagen, als er still stand wie ein Stein, während der große Wind alles peitschte, was an ihm beweglich war. Er sah Mister Solomon Trumpet an. Und Mister Solomon Trumpet sah ihn an. Auf die Stelle gebannt, öffnete und schloß den Mund, als sei alle Luft der Welt nicht genug, ihm den Atem wiederzugeben. Weiß wie ein gebleichter Knochen. Und der Kapitän? Rot wie Feuer! Kein Wort gesprochen – außer mit ihren Augen. Und keiner wußte, was sie sprachen. Aber sie sprachen Bände, wenn nur einer sie hätte lesen können!
    Dann senkte der Kapitän den Blick und hinkte schnell dorthin zurück, wo er hergekommen war. Aber Mister Trumpet rührte sich nicht, atmete vielleicht nicht, etwa eine Viertelstunde lang. Nichts konnte ihn davon abbringen, auf die Stelle zu stieren, wo der Kapitän gestanden hatte: Weder daß man dich selbst fast unter seiner Nase davontrug, noch den armen Taplow von drei lieben Freunden davonschleppen ließ, um ihn unten im Laderaum an den Hauptmast zu ketten. Er starrte und starrte, als ob der Kapitän die leere Luft bevölkere – und war ein so unvermittelter und schauriger Anblick, wie ihn jemals Menschenaugen erlebt haben.«
    Seine Stimme erstarb, und auch er kauerte sich nieder und starrte in die leere Luft, als sei die Szene noch vor seinen Augen. »Grauslich …«, nuschelte er, aber es war mehr eine Frage als eine Erinnerung. Dann, als das Geräusch von Wind und Meer die Kajüte füllte, murmelte er wieder: »Wie ein wildes Tier …« Aber ich glaube, er muß ein anderes Geräusch gemeint haben, das anschwoll, um den Sturm zu übertönen, ein Geräusch wie ein Hauptsegel, das langsam durchrissen wurde: ein heiseres, würgendes, heulendes Geräusch.
    »Taplow«, sagte er, »armer, irrer Taplow, der gegen die Ketten im Laderaum ankämpft. Still, und du hörst sie klirren …!«
    Also hörte ich, und meine Brühe wurde eiskalt.
    Als er wieder zur Kombüse zurückschwankte, ließ er mich völlig verstört zurück.
    »Er kennt ihn, Jack!« Aber in welcher Weise? Es muß eine außergewöhnliche Bekanntschaft gewesen sein, die sie deshalb so erschütterte. Keine Worte: nichts als Erstaunen. Wie waren sie sich früher begegnet? Was lag zwischen ihnen? »Ein so unvermittelter und schauriger Anblick, wie ihn jemals Menschenaugen erlebt haben.«
     
    »Ein Schuft! Ein Scheusal!« Ein anderer Besucher, der gekommen war, mich aufzuheitern. »Das Schlimmste in der ganzen Welt. Hüte dich, alter Freund. Hüte dich vor ihm!«
    Mister Trumpet. Kam hereingeschlichen, als ich grübelte, und seine biegsame Stimme brach in meine Gedanken ein.
    »Mache dich frei und wechsle die Seite, bevor es zu spät ist.«
    Er beugte sich nahe zu mir nieder und drängte und drängte, bis mein Kopf stärker schmerzte als vorher, weil ich mich erinnern

Weitere Kostenlose Bücher