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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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durchwachten Nacht. Wenn es außerhalb unseres kleinen Daseins eine Welt gab, dann ging sie sehr still und verstohlen ihren Gang und gab uns keinen Grund, ihre Existenz zu vermuten.
    Auf Mister Trumpets Augen niederzublicken, war nicht erfreulich, denn sie zeigten so wenig Leben und Besinnung. Gegen den Schüttelfrost konnten wir nichts unternehmen, und es war sehr betrüblich, ihm zuzusehen. Sein Herz schlug jetzt furchtbar schnell und schwach, sein Atem kam in langen Abständen und war so flach, daß er kaum seine gutgeformte, runde Brust hob. Jeder Atemzug schien nun der letzte zu sein, und es wurde unheimlich spannend, auf den Atemzug zu warten, dem kein anderer mehr folgte.
    Obwohl unsere Worte ihn nicht mehr stören konnten, redeten wir nur leise und im Flüsterton. Dann ging Mister Morris fort und machte mir ein Zeichen, ihm zu einer Stelle zu folgen, die etwa zwei oder drei Yards unter dem Rand des sanft abfallenden Abhangs lag. Die Entfernung war klug gewählt, denn wir waren dicht genug, um die anderen zu beobachten – wenn auch nur verschwommen – und weit genug weg, so daß Mister Trumpet, sollte er noch kurz zu sich kommen, sich nicht grämte, daß wir sein Grab aushoben.
    Wenn sich von Zeit zu Zeit eine schwache Bewegung hören ließ, sah Mister Morris zu dem stillen Paar über uns empor. Er blickte dann sehr forschend, rührte sich nicht, das Messer vielleicht halbwegs in den Boden gesteckt, bis sein alter Gefährte – der weiland Kapitän – den Blick fühlte und erwiderte.
    Was für Gedanken zwischen ihnen ausgetauscht wurden, weiß nur Gott, aber es waren sehr wenig tröstliche. Mister Morris nahm seine Arbeit wieder auf, und was man von seinem Gesicht und dessen Ausdruck sehen konnte, war bitter und feindselig.
    Nichts, was der große Richter tun mochte, konnte daran etwas ändern, nicht all seine Sorge für den Kranken – seine unablässige Pflege –, der Versuch, seine Leiden zu lindern, so daß er sogar den Schweiß abwischte, der in Mister Trumpets wehrlose Augen sickerte, und ihm den Speichel vom schäumenden Mund abtrocknete, damit er nicht daran erstickte – nichts erweichte die langen, harten Blicke, die Mister Morris ihm zuwarf.
    Seine Blicke waren erschreckend durch ihre Plötzlichkeit und Lautlosigkeit; er selbst verriet nichts. Eine schaurige Bitterkeit lag darin, als verstünde er, daß der Kapitän in all ihren zusammen verbrachten Tagen ihn – Mister Morris – auf einen Weg gestoßen hatte und heimlich einen anderen gegangen war, daß der Kapitän dem Wind die Zähne gezeigt hatte, während Mister Morris allein vor dem Wind gesegelt war auf dem Weg zur Verdammnis.
    Denn ich glaube nicht, daß es eine einzelne Handlung von Lord Sheringham gewesen war, die Mister Morris so gegen den Kapitän aufgebracht hatte. Er war ein zu gesetzter Mann, um durch ein einziges Geschehnis umgeworfen zu werden. Nur die Zeit konnte ihn angefressen haben: verbrachte und verfehlte Zeit.
    Nach etwa einer Stunde harter, blinder Arbeit zwischen Wurzeln und Steinen, die sich mit großer Gewalt an ihren Ankergrund klammerten, verloren ein paar Gespenster, die auf Mister Trumpets Tod gewartet hatten, die Geduld und schlüpften ihm in den Kopf.
    Unter diesen Gespenstern gab es besonders eines, das ihm zusetzte: Der Geist eines virginischen Herrn.
    Die Weiße Lady war auch da, bei diesem Virginier. Irgendwie hatte er sie in die Hand bekommen und spannte Mister Trumpet damit auf die Folter.
    »Nein! Nein! Nein!« stöhnte Mister Trumpet, als er sich an irgendeinen unglücklichen Umstand erinnerte. Und dann suchte er einen Mann namens Evans zu erweichen, der anscheinend dazugekommen war: Evans und ein paar Freunde von ihm.
    »Um Gottes willen! Um Gottes willen! Bringt ihn doch nicht um!«
    Aber anscheinend taten sie das. Ob er, Trumpet, an diesem Plan beteiligt oder nur ein hilfloser Zeuge war, ließ sich schwer sagen. Aber ich glaube, er hatte von jeher die Absicht, den Stein zu stehlen und wollte ihn selbst in dieser äußersten Zwangslage nicht fahrenlassen.
    Nach dem Mord muß in dem Raum eine Panik ausgebrochen sein, denn Mister Trumpet begann sich zu winden, als wolle er wieder einmal flüchten.
    »Die Kinder!« schrie er auf. »Seht! Seht! Die Kinder! Sie haben uns gesehen. O Gott! Wir sind verloren!«
    Zuerst glaubte ich, es seien Kinder des ermordeten Mannes, die plötzlich ins Zimmer getreten seien. Aber sie waren etwas anderes: und die Sache muß tatsächlich unheimlich und schrecklich gewesen

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